Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
Vom Netzwerk:
erzählt? Sie kommen mir wie ein Mann vor, der ein Gespenst gesehen hat.«
    Habe ich auch, dachte Cowart. Doch er antwortete nur: »Er hat vom Sterben gesprochen.«
    Der Sergeant schnaubte verächtlich. »Damit kennt er sich ja auch aus. Und gleich macht er seine eigene Bekanntschaft damit. Sie müssen jetzt wirklich auf Ihren Platz. Der Tod wartet auf keinen.«
    Cowart wusste, wovon er sprach, und schüttelte den Kopf. »Oh doch, das tut er«, antwortete er. »Er wartet den richtigen Augenblick ab.«
    Sergeant Rogers sah den Reporter forschend an. »Klingt ja, als würden Sie selbst Ihren letzten Gang antreten. Sind Sie sicher, dass Ihnen nichts fehlt? Ich möchte nicht, dass jemand da drinnen ohnmächtig wird oder eine Szene macht. Wir sorgen für gesittetes Benehmen, wenn wir jemanden grillen.«
    Der Wachmann versuchte, über seine Ironie zu schmunzeln.
    Cowart wankte auf unsicheren Beinen zur Hinrichtungskammer und drehte sich noch einmal zu Rogers um. »Ich schaff das schon.«
    Er hätte sich schütteln können, als er diese Lüge über die Lippen brachte. Ich schaff das, sagte er sich. Ich schaff das. Es war, als redete ihm eine fremde Stimme gut zu. Aber klar, kein Problem. Keine große Sache.
    Ich hab doch nur mal eben aus Versehen einen Mörder auf freien Fuß gesetzt.
    Plötzlich hatte er vor Augen, wie Robert Earl Ferguson vor dem kleinen Haus in den Keys stand und ihn auslachte, bevor er hineinging und seinen Teil der Abmachung erfüllte. Die Stimme des Mörders hallte ihm durch den Kopf. Dann erinnerte er sich an die Hochglanzfotos, die am Leichenfundort im Sumpf von Joanie Shriver aufgenommen worden waren. Er erinnerte sich, wie glatt sie sich in seiner Hand angefühlt hatten, wie blutverschmiert.
    Ich bin tot, dachte er wieder.
    Doch er zwang seine Füße voran. Zwei Minuten vor zwölf trat er durch die Tür.
    Das erste Augenpaar, das er entdeckte, gehörte Bruce Wilcox. Der kleine, aufgeblasene Detective saß in der ersten Reihe und trug zur Feier des Tages ein Sportsakko mit leuchtend bunten Karos, ein irrsinniger Widerspruch zu dem schmutzigen Anlass, der bevorstand. Er rang sich ein kurzes Lächeln ab und deutete mit dem Kopf auf den leeren Platz neben sich. Cowart ließ den Blick über die anderen etwa zwanzig Zeugen schweifen, die reglos wie Wachsfiguren in zwei Reihen auf Klappstühlen saßen und gebannt nach vorn starrten, um nichts zu verpassen.
    Eine Glaswand trennte sie von der Hinrichtungskammer, so dass es aussah, als verfolgten sie das Geschehen auf einer Bühne oder in einer Art dreidimensionalem Fernsehapparat. In dieser Kammer befanden sich vier Männer: zwei Vollstreckungsbeamte in Uniform; ein dritter Mann, der Arzt mit einer kleinen schwarzen Tasche; ein weiterer Mann im Anzug – irgendwo flüsterte jemand »Vertreter des Generalstaatsanwalts« – wartete unter einer großen elektrischen Uhr.
    Cowart starrte auf den Sekundenzeiger, der sich in seinem Kopf in eine Sense verwandelte.
    »Setzen Sie sich endlich, Cowart«, zischte der Detective. »Die Show kann jeden Moment losgehen.«
    Cowart entdeckte zwei Kollegen, einen von der Tampa Tribune und einen von der St. Petersburg Times. Mit stummen Gesten forderten auch sie ihn auf, Platz zu nehmen, bevor sie sich mit ernster Miene wieder über ihre kleinen Notizblöcke beugten. Hinter ihnen saß eine Frau von einem Fernsehsender in Miami. Sie hatte nur Augen für den immer noch leeren Stuhl in der Hinrichtungskammer. Er sah, wie sie sich ein einfaches, weißes Taschentuch fest um die geballte Faust wickelte.
    Er stolperte zu dem Stuhl, der auf ihn wartete. Die harte Metalllehne drückte ihm in den Rücken.
    »Ganz schön hart, Cowart, was?«, flüsterte der Detective.
    Er antwortete nicht.
    Der Detective schob einen Seufzer hinterher. »Wenn auch nicht ganz so hart wie für jemand anders.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher«, erwiderte Cowart leise. »Wie sind Sie denn hier reingekommen?«
    »Tanny hat Freunde. Er wollte wissen, ob der alte Sully es wirklich durchzieht. Ich kaufe Ihnen diesen Quatsch, den Sie da verzapft haben, dass Sullivan die kleine Joanie auf dem Gewissen hat, jedenfalls nicht ab. Tanny meinte, wenn Sullivan tatsächlich nicht noch im letzten Moment kneift, könnte er mir auch nicht sagen, welchen Reim ich mir darauf machen soll. Aber falls er Ernst macht und ich es mit eigenen Augen sehe, könnte es mir nur Respekt vor dem Justizsystem einflößen. Tanny versucht immer, mir Dinge beizubringen. Meint, es wäre

Weitere Kostenlose Bücher