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Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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als Polizist konnte ich sie nicht beschützen.
    Im Krieg riefen sie nur Sanitäter!, und er kam gerannt. Habe ich auch nur einen von ihnen gerettet? Er erinnerte sich an einen weißen Jungen, der erst seit einer Woche zu ihrem Zug gehörte, einen Cowboy aus Wyoming, der eine Salve in die Brust abbekommen hatte. Es pfiff aus einer klaffenden Wunde, die all seinen Versuchen, den Jungen zu retten, Hohn spottete. Unter dem Nebelschleier der Schmerzen und der Angst hatte der todgeweihte Soldat Tanny Brown mit seinem Blick durchbohrt, als hoffte er, ihm vom Gesicht ablesen zu können, ob er leben oder sterben würde. Noch während des letzten röchelnden Atemzugs hatte er ihn angestarrt. Genau so wie George und Betty Shriver, als er mit der entsetzlichen Nachricht an ihrer Haustür stand.
    Brown schüttelte den Kopf. Wie lange kenne ich George Shriver schon? Seit ich mir im Laden seines Vaters etwas dazuverdient habe und er sich einen Wischmopp schnappte und neben mir schrubbte.
    Ihm zitterte die Hand. Ich habe zu viele zu Grabe getragen. Er warf einen letzten Blick auf das Foto und stellte es auf die Kommode zurück. Es ist noch nicht vorbei, dachte er trotzig. Ich verdanke dir zu viel.
    Er verließ das Zimmer seiner Tochter und ging ins Schlafzimmer hinüber. Die Erschöpfung war wie weggeblasen. Empörung und Schuldgefühle verscheuchten jeden Gedanken an Schlaf; er packte eine Garnitur Wäsche und Kleider in eine Reisetasche und dachte nur noch an den nächsten Flieger nach Miami.

13
    Eine löchrige Geschichte
    E r hatte keinen Plan.
    Matthew Cowart sah dem Tag nach der Exekution Blair Sullivans mit dem Enthusiasmus eines Mannes entgegen, dem man eröffnet hatte, er sei als Nächster dran. Er brauste mit seinem Leihwagen durch die Nacht und legte in den wenigen Stunden mehr als die Hälfte des Bundesstaates zurück. Südlich von Saint Augustine stieß er auf die Interstate 95, fuhr über dreihundert Meilen in wechselndem Tempo, zuweilen mit neunzig Meilen pro Stunde, und wunderte sich, dass ihn die Verkehrspolizei unbehelligt ließ, obwohl ihn in entgegengesetzter Richtung drei Streifenwagen passierten. Getrieben von Zorn und Scham über seine verzwickte Lage, mit all den Widersprüchen, in die er sich verwickelt hatte, raste er durch die Dunkelheit. Als im Osten die ersten Sonnenstrahlen am Horizont erschienen, ohne Licht in seine verworrenen Gedanken zu bringen, kam er an Palm Beach vorbei. Lange nach Tagesanbruch gab er den Wagen endlich bei der Hertz-Filiale am Internationalen Flughafen ab; der mürrische Angestellte konnte nicht verstehen, warum Cowart den Wagen nicht zum Ort der Anmietung in Nordflorida zurückbrachte. Ein kubanischer Taxifahrer, der über Politik und Baseball plapperte, ohne zwischen beidem einen Unterschied zu machen, kämpfte sich mit ihm durch den morgendlichen Rushhour-Verkehr bis zu Cowarts Wohnung durch, wo er ihn in der flirrenden Hitze seinem Schicksal überließ.
    Rastlos lief der Journalist in seinen vier Wänden hin und her und fragte sich, was zu tun war. Er sagte sich, dass er auf dem schnellsten Wege in die Redaktion fahren sollte, doch im Moment fehlte ihm dazu die nötige Energie. Die Zeitung erschien ihm nicht länger als Zufluchtsort, sondern eher als ein Minenfeld. Er starrte auf seine Hände, zählte die Falten und Adern und dachte an die Ironie, dass er sich noch vor wenigen Stunden nichts sehnlicher gewünscht hatte, als allein zu sein, und jetzt, wo er es war, nicht weiterwusste.
    Er kramte in seinem Gedächtnis, wie andere in einer ähnlichen Zwickmühle gehandelt hatten, als wären die eigenen Fehler weniger schlimm, wenn sie auch anderen unterliefen. Ihm fielen William F. Buckleys Bemühungen in den frühen sechziger Jahren ein, Edgar Smith aus dem Todestrakt in New Jersey zu holen, und Norman Mailers Einsatz für Jack Abbott. Er sah den Kolumnisten vor sich, wie er vor einer Reihe von Mikrophonen stand und wütend einräumte, dass ihn der Mörder hereingelegt hatte. Er stellte sich vor, wie es dem Schriftsteller im erbarmungslosen Blitzlichthagel ergangen sein musste, als er es ablehnte, über seinen mörderischen Schützling zu sprechen.
    Ich bin nicht der erste Reporter, dem ein solcher Irrtum unterläuft, dachte er. Kein Journalist ist gegen ein sorgfältig eingefädeltes Täuschungsmanöver gefeit.
    Doch ihm war nur noch elender zumute.
    Er richtete sich im Sessel auf und sagte, als säße ihm jemand gegenüber: »Was hätte ich denn machen sollen?«
    Er stand auf

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