Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)
Sullivan habe das Verbrechen gestanden. Doch das waren Fergusons Worte, von Cowart gewissenhaft und eindeutig als Zitat gekennzeichnet.
Und doch war alles eine Lüge, das abgekartete Spiel von zwei Männern, die alles taten, um die Wahrheit vollkommen zu verschleiern.
Das ist die Hölle, dachte Cowart. Wie er es auch drehen und wenden mochte, kam er nicht an der Tatsache vorbei, dass aus den richtigen Gründen das Falsche geschehen war.
Das Telefon klingelte. Das erste und das zweite Mal ignorierte er es. Beim dritten Mal rappelte er sich auf und griff unwillig zum Hörer.
»Ja?«
»Na endlich. Matt?«
Es war Will Martin von der Redaktion.
»Will?«
»Mann, Matt, wo hast du nur gesteckt? Hier flippen alle bald aus auf der Suche nach dir.«
»Ich bin mit dem Auto nach Hause gefahren. Gerade erst zur Tür reingekommen.«
»Von Starke? Das sind acht Stunden.«
»Keine sechs, ehrlich gesagt. Ich hab Gas gegeben.«
»Also, dann kann ich nur hoffen, dass du genauso schnell schreibst, wie du fährst. Die Lokalredaktion schreit nach deinem Manuskript, die Deadline für die Morgenausgabe ist in ein paar Stunden. Beweg deinen Hintern, Junge, aber mit Vollgas.« Der Redakteur klang aufgekratzt.
»Klar, schon unterwegs …« Seine eigene Stimme klang ihm fremd, als wäre jemand anders am Telefon. »Ach, Will, was melden die Agenturen?«
»Wilde Gerüchte. Sie schreiben immer neue Artikel über deine kleine Pressekonferenz. Was war da oben eigentlich los, Junge? Sie reden von nichts anderem, dabei hat keiner einen blassen Schimmer. Du solltest mal deine Telefonmitteilungen sehen. Die großen Sender, die Times und die Post, die Nachrichtenmagazine, um nur ein paar zu nennen. Sämtliche Reporter vor Ort belagern die Eingangstür, wir müssen uns also was einfallen lassen, wie wir dich ohne viel Aufsehens hier reinschleusen können. Dann wären da noch ein halbes Dutzend Anrufe von Cops. Die interessieren sich für alte Mordfälle, die auf Sullivans Route liegen. Alle wollen wissen, was der Killer dir erzählt hat, bevor sie ihn gegrillt haben, also lass sie nicht schmoren, wenn der Kalauer gestattet ist.«
»Sullivan hat einen Haufen Verbrechen gestanden.«
»Das ist mir nicht neu, das haben die Nachrichtenagenturen schon verbreitet. Das hast du allen da oben erzählt. Aber wir brauchen hier und jetzt die Insider-Story, mein Freund. Hieb- und stichfest. Namen, Daten, Details. Und zwar pronto. Hast du alles auf Band? Das muss sofort zu einer Schreibkraft, was sag ich, wenn nötig, zu einem halben Dutzend Stenotypisten. Komm schon, Matty, ich weiß, du musst erschöpft sein, Kumpel, aber du musst dich zusammenreißen. Hau dir ein paar Wachmacherpillen rein, literweise Kaffee. Hauptsache, du stehst hier gleich auf der Matte. Mach dich auf die Socken, Matt, hier ist es jetzt schon wie im Irrenhaus. Schlafen kannst du später. Schlaf wird sowieso überschätzt. Eine richtig gute Story ist hundertmal besser. Glaub mir.«
»Okay«, sagte Cowart hilflos. Jeder Gedanke daran, zu erklären, was passiert war, ging in der Woge der Begeisterung, die Cowart am Telefon entgegenströmte, unter. Wenn Will – ein bedächtiger Mann, der alles, was über seinen Redaktionstisch ging, sorgsam überprüfte – derart aus dem Häuschen war, dann konnte Cowart sich denken, was bei den anderen Kollegen los war. Eine große Story, ein Knüller hat ausnahmslos dieselbe elektrisierende Wirkung auf die Mitarbeiter einer Zeitung. Sie steckt alle an, schlägt sie in Bann, gibt ihnen das Gefühl, an den Ereignissen teilzuhaben. Er holte einmal tief Luft. »Dann fahr ich mal los«, sagte er ruhig. »Aber wie komme ich an den Kamera-Crews vorbei?«
»Nichts leichter als das. Du weißt, wo das Hotel Marriott praktisch hinter der Omni Mall verschwindet? An dieser kleinen Nebenstraße an der Bucht?«
»Klar.«
»Also, genau an dieser Ecke holt dich ein Lieferwagen ab, in zwanzig Minuten. Steig ein und komm zum Lieferanteneingang rein.«
»Nacht und Nebel, was?« Cowart musste unwillkürlich grinsen.
»Wir leben in gefährlichen Zeiten, mein Freund, da muss man sich was einfallen lassen. Was Besseres ist uns auf die Schnelle nicht eingefallen. Die CIA oder der KGB hätten vermutlich eine elegantere Lösung gefunden, aber so schwer sollte es ja wohl nicht sein, eine Meute Fernsehreporter auszutricksen, nicht wahr?«
»Ich zieh dann mal los.« Doch im selben Moment dachte er an die Kassetten in seiner Aktentasche, jene mit dem Geständnis und der
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