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Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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erhaben, was typisch war für eine Generation, die ein Leben lang mit Eishaus, Holzofen, Außenklo und Brunnenwasser zurechtgekommen war. Sein Vater musste sich fühlen, als hätte man ihn als betagten Mann in ein Raumschiff verpflanzt, mit technischem Schnickschnack, den er amüsant, vor allem aber unnütz fand.
    »Jedenfalls kann ich nicht sehen, wozu das Ding gut sein soll, außer vielleicht zum Auftauen von Tiefkühlsachen.«
    Wo sein alter Herr recht hatte, da hatte er recht.
    Brown sah seinem Vater dabei zu, wie er mit den knorrigen Händen das Omelette in die Pfanne gab, es gekonnt in die Höhe warf und schließlich umgeklappt servierte. Bemerkenswert, dachte der Sohn. Unter der Arthritis hatte seine Beweglichkeit gelitten, unter dem Alter seine Sehkraft und sein Gehör; die Herzschwäche hatte seinen Körper, der einmal vor Muskeln nur so strotzte, ausgezehrt, bis ihm die Haut schlaff von den Armen hing. Doch seine Geschicklichkeit hatte sich der Gerber bewahrt. Nach wie vor konnte er einen Apfel in gleiche Stücke schneiden oder mit einem Bleistift eine vollkommen gerade Linie ziehen. Nur dass es ihm zu viele Schmerzen bereitete.
    »So. Denke, das wird dir schmecken.«
    »Isst du nicht mit?«
    »Nee. Ich mach nur noch was für die Mädels. Mir genügt eine Scheibe Brot und eine Tasse Kaffee.« Der alte Mann sah an seiner Brust herunter. »Brauch nicht mehr viel, um mich in Gang zu halten; auf Sparflamme, was soll’s.«
    Mühsam ließ er sich auf einen Stuhl nieder, und der Sohn tat so, als merkte er es nicht.
    »Die verdammten alten Knochen.«
    »Was?«
    »Ach, nichts.«
    Eine Weile saßen sie schweigend da.
    »Theodore«, fing sein Vater an. »Wieso heiratest du nicht wieder?«
    Der Sohn schüttelte den Kopf. »Eine Frau wie Lizzie gibt’s nur einmal«, sagte er.
    »Woher willst du das wissen, wenn du nicht suchst?«
    »Als Mama tot war, hast du auch nicht nach einer neuen Frau Ausschau gehalten.«
    »Ich war alt. Du bist noch jung.«
    Brown schüttelte den Kopf. »Ich hab alles, was ich brauche. Ich hab dich und die Mädchen, meinen Job und dieses Haus. Mir fehlt nichts.«
    Der alte Mann schnaubte, sagte aber nichts. Als sein Sohn aufgegessen hatte, nahm er den Teller und trug ihn mit steifen Gliedern zum Ausguss.
    »Ich geh hoch und wecke die Langschläferinnen«, sagte Brown. Sein Vater brummte etwas, das er nicht verstand. Der Sohn blieb stehen und betrachtete ihn. Ein tolles Paar, dachte er. Junger Witwer, alter Witwer, die, so gut sie können, zwei Mädchen großziehen. Sein Vater fing an, etwas vor sich hin zu summen, während er sich an den Abwasch machte. Brown unterdrückte ein mitfühlendes Lachen. Der alte Mann weigerte sich immer noch beharrlich, den Geschirrspüler zu benutzen, und untersagte auch dem Rest der Familie die Verwendung der Maschine. Es gibt nur eine Möglichkeit, sagte er, festzustellen, ob etwas wirklich sauber ist, nämlich, es mit eigenen Händen abzuwaschen. Irgendwie war die Logik nachvollziehbar. Als sich die Mädchen, kurz nachdem sein Vater eingezogen war, darüber beklagt hatten, hatte Brown ihnen nur erklärt, alten Leuten fiele es schwer, sich an Neues zu gewöhnen. Ein paar Tage lang hatte es deswegen dicke Luft gegeben. Schließlich hatte Tanny Brown seine Töchter zu einem Wochenendausflug in seinen Dienstwagen verfrachtet und war mit ihnen Richtung Norden fünfzig Meilen nach Bay Minette kurz hinter der Grenze nach Alabama aufgebrochen. Am anderen Ende der Kleinstadt, die mit ihren klotzigen Klinkerbauten wie ein Backofen in der Mittagshitze glühte, waren sie an einer langen Reihe Trauerweiden vorbei aufs Land hinaus zu einem alten Gehöft gefahren.
    In einem kleinen Tal, in dem sich die Hitze so staute, dass man glaubte, keine Luft zu bekommen, hatte er auf einen Weiler mit ein paar verfallenen Hütten gedeutet und ihnen erklärt, hier sei ihr Grandpa geboren und groß geworden. In der Schule für Schwarze, an der sie auf dem Rückweg nach Pachoula haltmachten, hatte er Lesen und Schreiben gelernt, auf der Farm, ihrer nächsten Station, hart gearbeitet, bis er zum Verwalter aufstieg und schließlich das Gerberhandwerk erlernte. Sie besuchten das Haus, das ihr Großvater in »Blacktown« erworben und in dem ihre Großmutter ihre Nähstube aufgemacht hatte, die schon bald einen so guten Ruf genoss, dass sie auch weiße Kundschaft anzog, was vor ihr in der Gemeinde noch niemandem gelungen war. Zu guter Letzt hatten sie sich die kleine weiße Schindelkirche

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