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Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Wahrheit über den Mord an Joanie Shriver. Niemand durfte diese Worte hören. Jedenfalls nicht, bis einigermaßen Ruhe eingetreten war und er wusste, was er machen sollte. Deshalb fügte er hastig hinzu: »Das heißt, ich muss zuerst unter die Dusche. Der Transporter soll in, sagen wir, einer Dreiviertelstunde bereitstehen. Oder in einer Stunde.«
    »Kommt nicht in Frage. Du brauchst nicht frisch gewaschen zu sein, um zu schreiben.«
    »Ich muss meine Gedanken ordnen.«
    »Soll ich der Lokalredaktion vielleicht erklären, du müsstest denken? «
    »Nein, nein, sag ihnen einfach, ich wär unterwegs, ich muss nur noch meine Notizen ordnen. Eine halbe Stunde, Will. Versprochen.«
    »Keine Minute länger. Mach dich auf die Socken, Mann, wir haben keine Sekunde zu verlieren.« Will Martin unterstrich seine Botschaft, indem er bei jeder Silbe mit der flachen Hand auf seinen Schreibtisch schlug.
    »Halbe Stunde, keine Minute länger.«
    »Einverstanden. Ich sag’s dem Lokalredakteur. Ich sag dir, der kriegt einen Herzinfarkt, dabei ist es gerade mal zehn Uhr. Der Transporter steht dann für dich bereit. Beeil dich. Sieh zu, dass der Mann den Tag überlebt, okay?« Martin lachte und legte auf.
    Cowart schwirrte der Kopf. Er wusste, dass es eng für ihn wurde, dass die Detectives jeden Moment in seinem Büro auftauchen mussten. Es ging alles zu schnell, um den Lauf der Dinge noch ändern zu können. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sich in die Höhle des Löwen zu begeben und etwas zu schreiben. Er konnte sich den Erwartungen, die sich an ihn richteten, nicht entziehen.
    Doch statt sich sein Jackett zu schnappen, nahm er seine Aktentasche und zog die Aufnahmekassetten heraus. Da er sie numeriert hatte, fand er auf Anhieb die letzte aus dem Interview. Einen Moment lang hielt er die Kassette in der Hand und überlegte, ob er sie vernichten sollte, doch stattdessen ging er damit zu seiner Stereoanlage und schob sie in das Tapedeck. Er spulte die Kassette bis zum Ende, dann wieder ein Stück zurück und drückte auf die Abspieltaste.
    Blair Sullivans rauhe Stimme drang aus den Lautsprechern, und seine sarkastische Botschaft dröhnte durch die kleine Wohnung. Cowart wartete, bis er die Worte »Und jetzt erzähle ich Ihnen die Wahrheit über die kleine Joanie Shriver« hörte.
    Er hielt das Band an und spulte es bis zu der Stelle zurück, an der Blair Sullivan sagte: »Das sind alle neununddreißig. Irre Story, was?«, und er antwortete: »Mr. Sullivan, uns bleibt nicht mehr viel Zeit.« Daraufhin hatte der Mörder gebrüllt: »Haben Sie nicht zugehört, Junge?«, bis es mit »Und jetzt ist es Zeit für eine letzte Geschichte …« weiterging.
    Noch einmal spulte er zu »Irre Story, was?« zurück.
    Dann trat er an seine Kassettensammlung und fand ein Tape, das er vor ein paar Jahren aufgenommen hatte, Miles Davis’ Sketches of Spain. Es war eine alte Kassette, die er schon oft abgespielt hatte, mit einem verblassten Etikett. Er wusste, dass darauf am Ende der Aufnahme noch ein ganzes Stück leeres Band war, und so schob er die Kassette ins Gerät und fand das Ende der Musikaufzeichnung. Dann holte er die Kassette heraus, steckte sie in sein Aufnahmegerät, legte das Gerät direkt vor seine Stereo-Lautsprecher, drückte die Abspieltaste für das Sullivan-Interview und die Aufnahmetaste für das Band mit Miles Davis.
    Cowart versuchte, sich die Worte des Mörders nicht zu nahegehen zu lassen.
    Als das Band zu Ende war, schaltete er beide Geräte aus. Zuletzt spielte er zur Probe den Sullivan-Abschnitt am Ende des Davis-Bands ab. Die Stimme hatte etwas an Klarheit eingebüßt, war aber immer noch laut und deutlich zu verstehen. Er nahm die Kassette und sortierte sie an der gewohnten Stelle im Regal ein.
    Einen Moment lang starrte er auf das originale Sullivan-Band. Dann spulte er es bis zum Anfang der Stelle zurück, die er auf das Davis-Band überspielt hatte, drückte die Aufnahmetaste und ersetzte Sullivans Worte durch atemloses Schweigen.
    Das Ergebnis war natürlich ein abruptes Ende, doch mehr konnte er nicht tun. Er wusste auch nicht, ob das Band einer professionellen Untersuchung durch ein Kriminallabor standhalten würde. Im Moment verschaffte es ihm ein wenig Zeit, mehr konnte er nicht verlangen.

    Cowart blickte kurz von seinem Bildschirm auf und sah die beiden Detectives durch das Großraumbüro in seine Richtung kommen. Sie bahnten sich ihren Weg zwischen den Schreibtischen hindurch, ohne einen Blick auf die vielen

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