Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)
überquert. Hat ziemlich lange gedauert, bis wir begriffen, dass uns mehr verband als trennte.«
Brown füllte sein Glas auf und merkte schon jetzt, wie der Alkohol seine gereizten Nerven beruhigte. Er ließ den nächsten Schluck die Kehle hinunterfließen und starrte Cowart an. »Es liegt einem Ermittler im Blut, allem zu misstrauen, was er nicht unter Kontrolle hat. Vor allem Informationen.«
Cowart grinste. »Genau das macht die Sache ja so interessant, Lieutenant. Ich weiß etwas, das Sie erfahren möchten. Für mich ist das eine höchst ungewöhnliche Situation. Normalerweise versuche ich, aus Leuten wie Ihnen etwas herauszubekommen.«
Brown lächelte ebenfalls, doch nicht, weil er etwas amüsant fand. Bei diesem Lächeln fasste Cowart sein Glas ein wenig fester und wechselte die Sitzposition.
»Zwischen uns gibt es, und gab es von Anfang an, nur eine einzige Angelegenheit, über die wir zu sprechen haben. Ich habe nicht genug getrunken, um diese eine Angelegenheit zu vergessen, meinen Sie nicht auch, Mr. Cowart? Ich glaube, Sie haben in Ihrer ganzen Wohnung nicht genug zu trinken, damit ich das vergessen kann. Nicht mal auf der ganzen Welt.«
Der Reporter schwieg. Dann beugte er sich vor. »Wissen Sie was, Detective? Sie wollen was wissen, ich will was wissen. Was halten Sie von einem Tauschgeschäft? Mein Wissen gegen Ihres.«
Der Detective stellte langsam das Glas ab. »Was genau?«
»Fergusons Geständnis. Damit fängt es an, nicht wahr?«
»Ja.«
»Sagen Sie mir die Wahrheit über Fergusons Geständnis, und ich sage Ihnen die Wahrheit über Ferguson.«
Brown saß plötzlich stocksteif da, als sei er von der Erinnerung erstarrt.
»Mr. Cowart«, fing er langsam an. »Wissen Sie, wie es ist, wenn Sie in einem kleinen Ort aufwachsen und leben? Man kennt seine Umgebung so gut, dass man Recht und Unrecht förmlich riecht. Es ist, als läge etwas in der Luft, als spürte man es durch die Haut, man spürt es wie die Mittagshitze, die sich aufstaut. Ich will keineswegs sagen, dass die Kleinstadt eine Idylle ist, in der keine schrecklichen Dinge passieren. Pachoula ist nicht Miami, aber das heißt noch lange nicht, dass wir keine Ehemänner hätten, die ihre Frauen schlagen, oder jugendliche Drogendealer, Nutten, Kredithaie, Erpresser, Mörder. Das alles haben wir auch, nur nicht so, dass es ins Auge springt.«
»Und Bobby Earl?«
»Mit dem stimmte vom ersten Tag an etwas nicht. Ich wusste, dass er nur auf eine Gelegenheit wartete, jemanden umzubringen. Vielleicht hab ich es daran erkannt, wie er ging oder wie er redete oder an diesem kurzen Lachen, wenn ich ihn mit seinem Wagen heranwinkte. Er stammte aus schlechtem Hause. Nicht viel anders als ein Hund, der als Kampfhund gezüchtet und erzogen wird. Das Leben in der Stadt hat alles nur noch schlimmer gemacht. Er war voller Hass – auf mich, auf Sie, einfach auf alles. War nur eine Frage der Zeit, bis dieser Hass von ihm vollkommen Besitz ergreifen würde. Dabei wusste er die ganze Zeit, dass ich ihn im Visier hatte. Dass ich auf der Lauer lag. So wie er wusste, dass ich wusste, dass er auf der Lauer lag.«
Als Cowart die zusammengekniffenen Augen des Detectives sah, stellte er fest, dass Ferguson nicht der einzige Mensch voller Hass war. »Geht es etwas genauer?«
»Ich wünschte, ja. Ein Mädchen beklagt sich, er sei ihr nach Hause gefolgt. Ein anderes meldet, er habe versucht, sie in sein Auto zu locken. Hat ihr angeboten, sie ein Stück mitzunehmen, behauptete er. Wollte nur freundlich sein. Doch dann erwischt ihn eine Bürgerwehrstreife dabei, wie er um Mitternacht ohne Licht durch die Straßen in ihrem Viertel fährt. In den angrenzenden Countys gibt es eine ganze Reihe Vergewaltigungen und Überfälle, doch die Forensik findet keine Übereinstimmungen. Eine Woche vor der Entführung und dem Mord scheucht ihn eine Streife vor der Mittelschule auf, und er hat keine Erklärung parat, was er da zu suchen hatte. Ich hab seinen Namen sogar durch die landesweite Verbrecherdatei gejagt, hab die Staatspolizei in Jersey angerufen, um zu sehen, ob in Newark irgendwas gegen ihn vorlag. Ohne Erfolg.«
»Nur dass eines Tages Joanie Shriver tot aufgefunden wird.«
Brown seufzte. Ein wenig wurde sein Zorn vom Alkohol gedämpft. »Richtig. Eines Tages wird Joanie Shrivers Leiche gefunden.«
Cowart starrte den Lieutenant an. »Bisher haben Sie mir noch nichts Neues verraten.«
Brown nickte. »Sie war die beste Freundin meiner Tochter. Sie war auch für mich
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