Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)
Lügen herum. Durchschauen mit einem Blick diese Verurteilung, als hätte es sie nie gegeben. Verdammt. Je mehr Sie recht hatten, desto mehr habe ich Sie gehasst. War ja wohl nicht anders zu erwarten, oder?« Er trank die letzten Tropfen aus und schenkte sich nach.
»Wieso haben Sie bei unserer ersten Unterredung zugegeben, dass Ferguson geohrfeigt worden war? Ich meine, das hat meine ersten Zweifel gesät …«
Der Detective zuckte mit den Schultern. »Nein, wie Bruce ausgerastet ist, das hat Ihre Zweifel gesät. Als Sie seine Frustration und seine Wut sahen, wusste ich, dass Sie davon ausgingen, er hätte Ferguson geschlagen, so wie Ferguson es behauptet hatte. Ich dachte, ich könnte die eigentliche Wahrheit unter dem Deckel halten, indem ich eine kleine Wahrheit sage. Ich habe gepokert. Und verloren. Aber beinahe hätte es geklappt.«
Cowart nickte. »Spitze des Eisbergs«, sagte er.
»Genau«, bestätigte Brown. »Man sieht nichts weiter als das schöne weiße Eis da oben. Die gefährlichen Abgründe sieht man nicht.«
Cowart stieß ein kurzes, freudloses Lachen aus, es war ein Ventil für die Anspannung und die Nervosität. »Nur noch eine Kleinigkeit.«
Auch der Polizist lächelte. Hastig fiel er Cowart ins Wort. »Sehen Sie, ich weiß, was Blair Sullivan Ihnen erzählt hat. Ich meine, ich weiß es nicht, aber ich kann es mir umso leichter denken. Das ist Ihre Kleinigkeit, nicht wahr?«
Der Reporter nickte. »Was, sagten Sie eben noch gleich, wussten Sie von Anfang an über Bobby Earl?«
»Dass er ein Mörder ist.«
»Nun ja, ich glaube, da könnten Sie richtigliegen. Natürlich könnten Sie sich auch irren. Ich weiß es nicht. Mögen Sie Musik, Detective?«
»Sicher.«
»Was für Musik?«
»Vor allem Pop. Ein bisschen Soul aus den Sixties und Rock, nostalgische Erinnerungen an meine Jugend. Meine Kinder lachen mich dafür immer aus. Sie finden, ich sei aus der Steinzeit.«
»Hören Sie schon mal Miles Davis?«
»Sicher.«
»Das hier ist eins meiner Lieblingsalben.«
Cowart trat an die Stereoanlage. Er legte die Kassette ein und drehte sich zu dem Detective um. »Was dagegen, wenn wir uns nur das Ende anhören?«
Er drückte eine Taste, und schwermütige Jazzklänge erfüllten den Raum.
Brown starrte den Reporter an. »Cowart, was soll das? Ich bin nicht hergekommen, um Musik zu hören.«
Cowart warf sich wieder aufs Sofa. » Sketches of Spain. Ist berühmt. Fragen Sie einen beliebigen Kenner, und er wird Ihnen sagen, dass dies ein bahnbrechendes Album amerikanischer Musikgeschichte ist. Man hat das Gefühl, als glitten die Rhythmen durch einen hindurch, sanft und schroff zugleich. Wenn Sie jetzt denken, das Stück klingt harmonisch aus, dann haben Sie sich getäuscht.«
Die Hörner verebbten allmählich, und unvermittelt ertönte Blair Sullivans ätzende Stimme. Bei den ersten Worten setzte sich Brown ruckartig auf und reckte den Hals zu den Stereolautsprechern, um sich keine Silbe entgehen zu lassen.
»Und jetzt erzähle ich Ihnen die Wahrheit über Joanie Shriver … die makellose kleine Joanie Shriver …« Die Stimme des inzwischen hingerichteten Mannes mit dem spöttischen Unterton hallte klar und deutlich aus der Lautsprecheranlage.
»Nummer vierzig«, sagte Cowart auf dem Band.
Und das Lachen des Toten drang schrill ins nächtliche Zimmer.
Der Reporter und der Detective saßen reglos da. Als das Band mit einem schleifenden Geräusch zum Ende kam, starrten die beiden Männer sich an.
»Verdammt«, sagte Brown. »Ich hab’s gewusst. Der Hurensohn.«
»Ja«, erwiderte Cowart lakonisch.
Brown stand auf und schlug sich mit der Faust in die offene Hand. Es war, als hätten ihn die Worte des Mörders unter Strom gesetzt. Mit zusammengebissenen Zähnen sagte er: »Ich hab dich, Bastard, ich hab dich.«
Cowart beobachtete den Polizisten und blieb ungerührt sitzen. »Niemand hat irgendwen«, sagte er ruhig und resigniert.
»Wie soll ich das verstehen?« Brown deutete auf das Abspielgerät. »Wer weiß sonst noch davon?«
»Nur Sie und ich.«
»Sie haben es den Kollegen, die an dem Doppelmord arbeiten, nicht gesagt?«
»Noch nicht.«
»Ihnen ist klar, dass es strafbar ist, wichtiges Beweismaterial bei einer Mordsache vorzuenthalten?«
»Was für Beweismaterial? Ein durchgeknallter Killer, der lügt, wenn er nur den Mund aufmacht, erzählt mir eine Geschichte. Hängt alles Mögliche jemand anders an. Was heißt das schon? Reporter hören sich so einiges an. Wir nehmen es zur
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