Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)
auftauchte, um deine Witterung aufzunehmen.«
»Shaeffer?«
»Die Schöne, die immer so guckt, als wollte sie dich lieber am Spieß braten, als mit dir reden.«
»Ja, Shaeffer.«
»Wie gesagt, die war hier, und wir mussten sie mit Halbwahrheiten abspeisen, und das nimmt dir der eine oder andere ein bisschen krumm.«
»Die Botschaft ist angekommen.«
»Hör mal, knack die Nuss, find raus, wer die beiden Alten erledigt hat. Und, wer weiß, vielleicht hängt man dir noch einen Orden an.«
»Nein, wohl kaum.«
»Na ja, träumen ist ja nicht verboten, oder?«
»Nein, natürlich nicht.«
Er legte auf und murmelte Obszönitäten, auch wenn er nicht sagen konnte, was oder wen er verfluchte. Er wählte die Nummer des Lokalredakteurs, überlegte es sich dann aber anders. Was sollte er ihm sagen? In dem Moment hörte er ein Geräusch an der Tür, dann trat Bruce Wilcox ein. Der Detective wirkte blass.
»Wo ist Tanny?«, fragte er.
»Kann nicht weit weg sein. Ich soll hier auf ihn warten. Ich dachte, er ist auf der Suche nach Ihnen. Was haben Sie denn rausbekommen?«
Wilcox schüttelte den Kopf. »Ich kann’s immer noch nicht fassen, dass ich es vermasselt habe«, antwortete er.
»Haben die im Labor irgendwas rausgefunden?«
»Ist mir absolut schleierhaft, dass ich damals nicht in dem verdammten Scheißhaus nachgesehen habe.« Wilcox warf einen Stoß Papiere auf den Schreibtisch. »Brauchen Sie nicht zu lesen. Die haben eine blutähnliche Substanz an einem Hemd, an einer Jeans und an der Fußmatte gefunden. Blutähnlich, verflucht noch mal, sogar durchs Mikroskop. Drei Jahre Scheiße, Kalk und Dreck, da war nicht mehr allzu viel übrig. Ich hab zugesehen, wie dieser Labortechniker das T-Shirt ausgebreitet hat und wie es fast zerfiel, als er es mit der Pinzette anfasste. Jedenfalls kein einziges eindeutiges Indiz. Sie werden alles in ein moderneres Labor in Tallahassee weiterschicken, aber wer weiß, ob die fündig werden. Der Techniker war jedenfalls nicht besonders optimistisch.«
Wilcox hielt inne und holte einmal tief Luft. »Natürlich wissen Sie und ich, wieso diese Sachen da unten drin waren. Aber wenn es darum geht, sich vor einen Richter zu stellen und zu sagen, da hast du deine Beweise, also davon sind wir noch weit entfernt. Verfluchte Scheiße! Hätte ich das vor drei Jahren gefunden, als alles noch frisch war, hätten sie einfach nur die Scheiße runtergeholt und wären so an jede Menge Blut gekommen.« Er sah zu Cowart auf. »Joanie Shrivers Blut. Aber jetzt haben wir nur noch ein paar zerfetzte alte Klamotten.«
Der Detective lief im Büro auf und ab. »Wie konnte mir das nur passieren! Vermasselt, vermasselt, vermasselt! Mein erster gottverdammter großer Fall.«
Er ballte die Hände zur Faust, öffnete sie, ballte sie wieder. Auf, zu, auf, zu. Cowart sah, wie Wilcox’ Muskeln unter dessen Hemd arbeiteten: der Highschool-Ringer vor dem Kampf.
Tanny Brown saß in einem kürzlich geräumten Büro an einem leeren Schreibtisch und telefonierte. Er hatte die Tür hinter sich abgeschlossen, und vor ihm lag ein linierter Block für Notizen sowie sein persönliches Adressbuch. Bei den ersten drei Nummern, die er probierte, musste er Nachrichten auf dem Anrufbeantworter hinterlassen. Bei der vierten Nummer wartete er, während es am anderen Ende klingelte, dann nahm jemand ab.
»Polizei Eatonville.«
»Ich würde gerne mit Captain Lucious Harris sprechen. Hier ist Detective Lieutenant Theodore Brown.«
Er wartete geduldig, bis eine mächtige Stimme aus dem Hörer dröhnte. »Tanny? Bist du das?«
»Hallo, Luke.«
»Na so was! Lange nicht mehr voneinander gehört. Wie läuft’s denn so?«
»Mal so, mal so. Und bei dir?«
»Was soll ich sagen? Das Leben ist alles andere als perfekt, aber so schlimm nun auch wieder nicht, also eigentlich kein Grund zu klagen, schätz ich mal.«
Brown führte sich den riesigen Mann am anderen Ende der Leitung vor Augen: Er steckte vermutlich in einer Uniform, die an den kritischen Stellen, an denen die hundertvierzig Kilo nicht als Muskeln durchgingen, zum Zerreißen spannte und deren Kragen mit den Rangabzeichen ihm den Hals so einschnürte, dass der Kopf nur auf einer Speckwulst saß. Lucious Harris wurde mit seinem gutmütigen, bedächtigen Naturell der Behäbigkeit seiner Körperfülle gerecht. Dank seiner Wesensart war das Leben ein Fest, bei dem es reichlich zu essen gab. Brown hatte es immer genossen, den Dicken anzurufen, denn wie niederträchtig ihm die
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