Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)
sogar im Todestrakt. Deren Geschichten hat er einfach nur findig in die eigene Geschichte eingewoben, verstehst du? So wie bei diesem Verbrechen im Miccosukee-Reservat, von dem ich dir erzählt habe. Und dann hat er dir gegenüber doch diese Frau erwähnt, die er in der Nähe von Tampa ermordet haben will. Eine Frau, die er in einer Bar aufgegabelt hat und die sich einen netten Abend mit ihm versprach, der dann nur leider tödlich für sie ausging, du erinnerst dich?«
»Ach ja, sicher, ich weiß noch, dass er darüber nicht viele Worte verloren hat, außer darüber, wie viel Spaß es ihm gemacht hätte, sie zu töten.«
»Genau, den Fall meine ich. Na ja, er hat all die Einzelheiten richtig wiedergegeben, außer einer Kleinigkeit. Der Typ, der den Mord tatsächlich begangen hat, der sitzt wegen dieser und noch zwei anderer Frauen aus derselben Gegend in einer Zelle keine zehn Meter von Blair Sullivans altem Heim im Todestrakt entfernt. Die Geschichte hat er einfach zwischen zwei andere eingestreut, die offenbar stimmen. Erst als ich mir die unter die Lupe genommen habe, hat’s bei mir klick gemacht. Siehst du, was er getan hat? Hat sich einfach die Morde von dem ehrenwerten Nachbarn geklaut – bei dem lag der Fall nun sonnenklar – und großzügig zu seinem Gesamtbetrag dazugerechnet. Auf diese Weise hat er sich auch noch mit anderen Federn geschmückt, von Burschen, die dafür im Todestrakt sitzen – wie ein Quarterback, der bei einem Spiel, das er und seine Jungs sowieso haushoch gewonnen haben, noch jede Menge Kurzpässe wirft. Er hat, wie soll ich sagen, seine Bilanz aufpoliert.« Edna lachte.
»Aber wozu?«
Cowart spürte Ednas Achselzucken durch die Leitung. »Wer weiß? Vielleicht waren die vom FBI deshalb scharf drauf, mit Sully zu reden, bevor er seinen Abgang machte.«
»Aber …«
»Also, ich hätte da eine Theorie, nenn sie meinetwegen das McGee-Axiom, damit es schön wissenschaftlich klingt. Aber ich hab mich ein bisschen umgehört, und weißt du was? Ted Bundy wurde immer mit achtunddreißig Morden in Verbindung gebracht. Können auch mehr gewesen sein, aber die Zahl ist verbürgt, und die hat er selbst genannt, bevor er zur Hölle gefahren ist. Ich hab den Verdacht, dass der alte Sully ihn ausstechen wollte. In Sullys persönlicher Habe fanden sich mindestens drei Bücher über Bundy. Gleich nach Bundy kommt als Zweitplazierter Okrent, dieser Pole aus Lauderdale, erinnerst du dich? Der auch im Todestrakt sitzt. Der hatte dieses kleine Problem mit Prostituierten, konnte sie einfach nicht am Leben lassen. Offiziell ist er nur für ungefähr elf gut, aber inoffiziell wird er für siebzehn oder achtzehn gehandelt. Und auch der war im selben Block wie Sully. Siehst du, worauf ich hinauswill, Matty? Der alte Sully wollte in die Geschichte eingehen – deshalb hat er es mit der Wahrheit nicht ganz so genau genommen.«
»Ja, verstehe. Kannst du jemanden dazu interviewen und in deinem Artikel zitieren?«
»Kinderspiel. Diese Jungs vom FBI werden sagen, was ich ihnen in den Mund lege. Und dann haben wir noch diese Soziologen in Boston, die sich mit Serienmördern beschäftigen. Mit denen hab ich mich schon unterhalten. Die lieben das McGee-Axiom. Also, sieht so aus, als könnte das Ganze morgen erscheinen, wenn ich heute ein paar Überstunden einlege. Spätestens übermorgen.«
»Großartig«, sagte Cowart.
»Aber es würde sich wesentlich besser verkaufen, Matty, wenn du parallel auch was bringen könntest, zum Beispiel, auf wessen Konto die beiden Alten in den Keys gehen.«
»Ich arbeite dran.«
»Bis der Schweiß in Strömen fließt, Matty. Das ist die einzige offene Frage, und alle wollen die Lösung wissen.«
»Verstehe.«
»In der Lokalredaktion werden sie allmählich ein bisschen hibbelig. Die wollen, dass unser unschlagbares, geniales und nur selten irrendes investigatives Team diese Nuss knackt. Legen sich unheimlich ins Zeug, hab ich mir sagen lassen.«
»Die können unmöglich …«
»Schon klar, Matty, aber der eine oder andere hier sagt, du wärst ein bisschen überfordert.«
»Das stimmt nicht.«
»Ist ja auch nur, damit du Bescheid weißt, was da alles hinter deinem Rücken läuft. Und dieser Artikel in der St. Pete Times war nicht eben hilfreich, genauso wenig wie die Tatsache, dass die meiste Zeit kein Mensch hier weiß, wo du dich rumtreibst. Mensch, Matty, der Lokalredakteur musste gestern oder vorgestern Morgen diese Polizistin aus Monroe abwimmeln, als sie hier
Weitere Kostenlose Bücher