Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)
Schimmer, wie die sind, wenn sie richtig Blut lecken? Jedes Käseblatt, jeder Schmierfink will einen Bissen von diesem fetten Braten. Mehr Notizblöcke und Blitzlichter und Mikrophone, als Sie je gesehen haben. Einem dämlichen Cop und einem dämlichen Reporter entwischt ein Mörder: keine Titelseite, keine Hauptnachrichtensendung in diesem Land, die nicht nach dieser Story schreit.«
»Und Ferguson?«
Cowart sah ihn düster an. »Für ihn sieht es richtig gut aus. Er lächelt in die Kameras und sagt: ›Nein, Sir, ich habe nichts getan. Die müssen mir diese Indizien absichtlich untergeschoben haben.‹ Eine Falle, wird er sagen, der lahme Versuch eines frustrierten Polizisten. Er wird behaupten, Sie hätten Sachen in dem Klo deponiert, die Sie woanders gefunden haben – genau wie das Messer an dem Ort, den Blair Sullivan mir genannt hat, damit ich die Sachen ebendort finde. Ob Sie mich beschwatzt haben, mitzuspielen, oder mich ausgetrickst haben, spielt dabei keine Rolle. Ich bin das Mittel zum Zweck – der Zweck besteht darin, Ihre Fehler zu kaschieren. Und wissen Sie was? Viele werden ihm glauben. Immerhin haben Sie schon einmal ein Geständnis aus ihm rausgeprügelt. Wieso sollten Sie es nicht noch mal mit einem miesen Spiel versuchen?«
Brown wollte etwas sagen, doch Cowart war noch nicht fertig. »Und jetzt nehmen wir mal an, er reicht eine Verleumdungsklage gegen Sie ein. Erinnern Sie sich noch an den Film Ich bin kein Mörder? Der Kerl strengt einen irren Prozess an, und schon hat jeder vergessen, dass er rechtskräftig schuldig gesprochen war, seine Frau und seine Kinder ermordet zu haben, auf einmal interessieren sich alle nur noch dafür, was dieser Schreiberling getan oder nicht getan hat. Und dreimal dürfen Sie raten: Wer kommt in den Medien wohl besser rüber? Überzeugender? Sympathischer? Und was machen Sie, wenn sich Barbara Walters oder der reizende Mike Wallace zu Ihnen über den Tisch lehnt und Sie vor laufender Kamera fragt: ›Also, mal unter uns, Sie haben schon Ihren Untergebenen aufgefordert, Mr. Ferguson zu schlagen, stimmt’s? Obwohl Sie wussten, dass das gesetzwidrig ist? Obwohl Sie wussten, dass er auf freien Fuß kommen würde, sobald jemand das spitzkriegt?‹ Und würde es Ihnen irgendetwas bringen, Detective, auf diese Fragen nicht zu antworten? Wie wollen Sie überzeugend klarstellen, dass Sie eben nicht heimlich Beweise auf Fergusons Farm versteckt haben, dass Sie so etwas niemals machen würden? Sagen Sie’s mir, Detective, würde mich nämlich brennend interessieren.«
Brown sah Cowart wütend an. »Und Sie? Was würde mit Ihnen passieren?«
»Na ja, mich würden sie genauso in der Luft zerfetzen wie Sie. Amerika ist Mörder gewohnt, mit der Spezies vertraut. Aber Versager? Tja, wenn jemand versagt, also, das fällt aus dem Rahmen. Patzer und Fehlentscheidungen sind so unamerikanisch. Wir tolerieren Mord, aber keine Niederlagen. Ich seh’s vor mir: ›Mr. Cowart, dafür, dass Sie so eloquent für die Unschuld dieses Mannes eingetreten sind, haben Sie den Pulitzer-Preis bekommen. Was versprechen Sie sich davon, wenn Sie jetzt auf einmal das Gegenteil behaupten?‹ Und dann kommen sie richtig zur Sache: ›Schuldig? Unschuldig? Was denn nun, Mr. Cowart? Sie müssen sich schon entscheiden. Wieso haben Sie uns nicht früher davon erzählt? Wieso rücken Sie erst jetzt damit raus? Was wollten Sie vertuschen? Hat es bei Ihnen vielleicht früher schon mal solche Patzer gegeben? Kennen Sie den Unterschied zwischen Wahrheit und Lüge, Mr. Cowart?‹«
Er holte tief Luft. »Eins müssen Sie wissen, Detective.«
»Das wäre?«
»Wenn das alles vorbei ist, gibt es für die Leute da draußen nur zwei Schuldige. Sie. Und mich.«
»Und Ferguson?«
»Freier Mann, die Geschichte ist ein bisschen lästig für ihn, aber mehr nicht. In den einschlägigen Kreisen wird er vielleicht sogar als Held gefeiert. Noch mehr als ohnehin schon.«
»Und er kann …«
»… tun und lassen, was er will.«
Cowart öffnete die Wagentür und stieg aus. Auf dem Bürgersteig blieb er einen Moment stehen, um seine Emotionen in der Brise abzukühlen. Er stand vor einem Friseurladen mit dem traditionellen rotierenden Mast und starrte auf das endlose Kreisen der Trikolore. Nur am Rande war er sich bewusst, dass auch Brown ausgestiegen und hinter ihn getreten war.
»Und wenn er nun«, sagte der Detective kalt, »und wenn er nun schon wieder dabei ist zu tun, was er will?«
Noch ein kleines Mädchen.
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