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Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Wellen hilflos hin und her geworfen wurde.
    Tanny Brown zog es den Magen zusammen. Er hatte einen sauren Geschmack auf der Zunge. Er starrte auf die alte Frau, sah ihre gebrechliche Gestalt und ihren eisernen Willen.
    Erschieße sie!, befahl er sich.
    Und dann: Wie bringst du das fertig?
    Es war ein Tauziehen in seinem Kopf, mit ebenbürtigen Gegnern.
    Robert Earl Ferguson trat wieder in den Raum. Er war jetzt vollständig angezogen mit einem grauen Sweatshirt und Sneakers. Außerdem hatte er eine kleine Reisetasche dabei.
    Er unternahm einen letzten Versuch. »Erschieße sie, Grandma«, sagte er, doch inzwischen schien er selbst nicht mehr daran zu glauben, dass sie auf ihn hören würde.
    »Geh«, sagte sie eisig. »Geh weg und komm nie wieder her.«
    »Grandma«, sagte er, doch es schwang weder Zuneigung noch Trauer mit, nur Unmut und Enttäuschung.
    »Nicht nach Pachoula, nicht in mein Haus. Niemals. Da ist etwas Böses, das ich nicht verstehe, und du bist voll davon. Geh und tu es woanders. Ich hab’s versucht«, sagte sie bitter. »Ich hab nicht viel ausrichten können, aber ich hab alles versucht. Du wärst besser gestorben, als du klein warst, dann hättest du nicht all das Unheil über uns gebracht. Nimm es mit und bring es nie wieder her. Das ist alles, was ich dir noch geben kann. Und jetzt geh. Was passiert, wenn du zu meiner Tür raus bist, das ist deine Sache, das geht mich nix mehr an. Verstanden?«
    »Grandma …«
    »Kein Blut mehr, nie wieder Blut«, sagte sie in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
    Ferguson lachte. Er legte den heimischen Singsang wie ein altes Hemd ab und erwiderte kurz und bündig: »Bitte schön, wenn du es so haben willst, soll’s mir recht sein.«
    Der Mörder wandte sich Cowart und Brown zu. Er lächelte und sagte: »Ich dachte, wir bringen das heute ein für alle Male zu Ende. Doch offenbar nicht. Dann wohl ein andermal.«
    »Er geht hier nicht weg«, sagte Brown.
    »Oh doch, das tut er«, sagte die alte Frau. »Wenn ihr ihn haben wollt, dann müsst ihr woanders suchen als hier in meinem Haus. Meinem Haus, Tanny Brown. Ist nicht viel, aber es gehört mir, und all diese schlimmen Sachen nimmst du wieder mit und bringst sie woandershin, hast du verstanden? Nicht in meinem Haus. Das ist ein Haus, in dem Jesus wohnt, und ich will, dass es so bleibt.«
    Tanny Brown nickte. Er richtete sich auf, ein stummes Signal, dass er sich fügte. Der Polizist richtete weiter die Waffe auf die Großmutter, während sich der Mörder beinah in Griffweite langsam, aber sicher in Richtung Haustür schob. Brown blickte ihm hinterher. Die Pistole in seiner Hand schwenkte unwillkürlich in dieselbe Richtung, als wollte er dem Mörder folgen.
    »Geh schon«, sagte die alte Frau. Tiefe Trauer schwang in ihren Worten mit, und ihre glasigen, geröteten Augen quollen von Tränen über. Sie hat er auch auf dem Gewissen, musste Cowart plötzlich denken.
    Ferguson war an der aufgebrochenen Haustür angelangt und wand sich vorsichtig am zersplitterten Rahmen vorbei. Zum letztes Mal sah er sich um.
    Mit der Wut des Verlierers rief Brown: »So oder so, ich finde dich.«
    Und Ferguson erwiderte: »Wenn schon! Es macht keinen Unterschied, weil ihr mir wieder nichts nachweisen könnt und mich wieder freilassen müsst. Daran wird sich nichts ändern, Tanny Brown, daran wird sich nie etwas ändern.«
    Ob die kühne Behauptung stimmte, zählte nicht. Die schiere Möglichkeit, dass es so kommen würde, hallte zwischen den beiden Männern durch den Flur.
    Cowart hatte das Gefühl, die Welt stünde Kopf. Der Mörder zog als freier Mann des Weges, der Polizist wurde von einer alten Frau mit der Waffe in Schach gehalten. Tu was!, brüllte Brown sich innerlich an, doch auch er war wie gelähmt. Wie in einem Alptraum wollte er dem Schrecken ein Ende setzen und konnte es nicht.
    Jetzt bin ich dran, dachte er. Er wäre fast damit herausgeplatzt, als er zusammenzuckte und im selben Moment das fassungslose Gesicht des Mörders sah. Dann hörte er jemanden rufen: »Keine Bewegung! Alle bleiben, wo sie sind!«
    Schrill und angespannt drangen die Worte ins Haus.
    Andrea Shaeffer stand schussbereit mit ausgestreckten Armen, die Neunmillimeter-Pistole entsichert, drei Meter hinter Fergusons Großmutter im Flur zur Küchentür an der Rückseite des Hauses. Niemand hatte sie kommen sehen oder irgendetwas gehört.
    »Lassen Sie das Gewehr fallen!«, schrie sie, um die Angst mit Lautstärke zu kaschieren.
    Doch die alte Frau

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