Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
Vom Netzwerk:
wollte protestieren. Er kämpfte mit einem Aufruhr an Gefühlen. Von einer Sekunde zur anderen sah er glasklar vor Augen, was er losgetreten hatte, und dachte nur: Ich kann nicht einfach aufhören, bevor es vorbei ist.
    Er hörte Shaeffer wimmern.
    Und er begriff, dass ihm nichts anderes übrig blieb.
    Er nickte.
    Als Matthew Cowart bei der Verwundeten zurückblieb, fühlte er sich so verloren wie noch nie.

    Der Lieutenant kehrte ihm den Rücken und drang entschlossen in das dornige Dickicht ein, das die Krallen nach seinen Kleidern ausstreckte und ihm die Haut zerkratzte. Er lief, so schnell er konnte. Wenn der Bursche verwundet ist, dachte er, läuft er geradeaus. Er musste die Zeit, die ihn die Versorgung von Shaeffers Wunde gekostet hatte, wettmachen.
    Beim Verlassen der Lichtung sah er den dicken Blutfleck, den Cowart entdeckt hatte, dann fünfzehn Meter weiter Richtung Sumpf den nächsten. Ein dritter Fleck markierte die Spur ganze drei, vier Meter dahinter. Er war klein, nur ein paar leuchtend rote Tropfen, die sich aber vom dunklen Grün des Urwalds abhoben.
    Brown rannte weiter Richtung Sumpf, der jeden Moment vor ihm auftauchen musste. Ungeduldig schlug er mit den Händen das Dickicht aus Schlingpflanzen und Farnen beiseite, das sich ihm widersetzte. Er war wie eine Walze, die jedes Hindernis überrollte.
    Er sah Ferguson erst, als er ihm fast in die Arme lief.
    Der Mörder hatte kehrtgemacht und stand jetzt, an den Stamm einer knorrigen Mangrove gelehnt, mit dem Rücken zum Sumpf, dessen tintenschwarzes Wasser sich hinter ihm in endlosen Windungen irgendwo im Dunkel verlor. Auf Fergusons verblassten Jeans führte eine dunkle Blutspur vom Oberschenkel zum Knöchel. Er hielt die Pistole auf Tanny Brown gerichtet, der ihm direkt in die Schusslinie lief.
    Brown hatte nur einen Gedanken: Ich bin tot.
    Alles andere, jede Erinnerung an seine Familie, an Freunde, gefror zu einem Tableau, aus dem alles Leben gewichen war. Es schien, als stünde die Erde still. Er wollte sich in den Schutz des Dickichts stürzen, umkehren und weglaufen oder sich irgendwie unsichtbar machen, doch stattdessen lief er wie in Zeitlupe auf Ferguson zu und hielt sich die Hand vors Gesicht, als könne er so die Kugel ablenken, die ihn jede Sekunde treffen würde.
    Sein Gehör und seine Sehkraft schienen schärfer als sonst zu sein. Quälend langsam wurde der Hahn gespannt, bevor er nach vorn schnellte.
    Brown öffnete den Mund zu einem stummen Schrei.
    Doch dann hörte er nichts weiter als das Klicken des Hammers, der zweimal hintereinander auf leere Kammern traf. Das Geräusch schien von den Bäumen widerzuhallen.
    Fassungslos starrte Ferguson auf den Revolver wie auf einen Priester, den er gerade bei einer Lüge ertappt hatte.
    Erst jetzt merkte Tanny Brown, dass er zu Boden gegangen war und im Morast lag. Er rappelte sich auf die Knie hoch und zielte mit seiner Pistole geradeaus.
    Ferguson verzog entsetzt das Gesicht. Dann schien er sich plötzlich in das Unvermeidliche zu fügen und ergab sich mit erhobenen Händen.
    Tanny Brown holte tief Luft, hörte hundert Stimmen im Kopf, die ihm widerstreitende Befehle entgegenschrien: pflichtbewusste, verantwortungsvolle Stimmen, andere, die Rache forderten. Er sah zu dem Mörder auf und erinnerte sich an seine Worte: … weil ihr mich wieder freilassen müsst. Daran wird sich nie etwas ändern. Die Erinnerung mischte sich wie fernes Donnern in den Tumult in seinem Kopf. Bei dem Getöse hörte er kaum die Schüsse aus seiner eigenen Waffe, sondern war sich nur vage bewusst, dass die Pistole in seiner Hand wie von selbst losgegangen war, vom Pulsschlag in seiner Faust.
    Als die Schüsse Robert Earl Ferguson trafen, schleuderten sie ihn in die Arme der dornigen Büsche. Für einen Moment krümmte sich sein Körper vor Schock und Schmerz. Er sah Brown ungläubig an und schien den Kopf zu schütteln, doch die Bewegung stockte, als sein staunender Gesichtsausdruck im Tod erstarrte.

    Endlose Minuten vergingen.
    Er kniete immer noch vor der Leiche, versuchte, sich zu fassen, kämpfte gegen heftige Schwindelgefühle und Brechreiz an. Schließlich atmete er, soweit er sich erinnern konnte, seit Beginn ihrer Verfolgungsjagd zum ersten Mal richtig durch.
    Er blickte in Fergusons blinde Augen.
    »Siehst du?«, sagte er. »Du hast dich geirrt.«
    Beim Anblick des Toten bestürmten ihn erneut die Gedanken und Bilder in seinem Kopf. Er entdeckte den kurzläufigen Revolver, der Ferguson nach den tödlichen

Weitere Kostenlose Bücher