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Der Symmetrielehrer

Der Symmetrielehrer

Titel: Der Symmetrielehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Bitow
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Klubmitglied sein konnte, brachte ich als gewichtiges Gegenargument vor, dass mir an meinem Textchen besonders gefalle, was ich NICHT geschrieben hatte, nämlich gerade die Schlacht. Dass ich, was mir zunächst als das größte Versäumnis der Geschichte erschienen war, jetzt für ihren größten Vorzug hielte, nämlich dass das Sujet der Rache darin gar nicht realisiert wurde. Und das sei eher das Verdienst meines Helden als mein eigenes, denn er habe sich auf königliche Weise über die Beleidigung hinweggesetzt und genauso über seinen höchst sorgfältig ausgearbeiteten Vergeltungsplan, der darin bestand, seinen Antagonisten (Adams, den Wesir, und diesen –
wie heißt er dort? – Herrn Poluschan) der Lächerlichkeit preiszugeben, dieweil dieser seine eigene Hypothese für die Eruierung von Shakespeares Persönlichkeit aufgestellt hatte und zugleich sich als Peer zur Wahl stellte. Da mochte mein hochsinniger Bartholomäus nicht seine Liebe zu Shakespeare opfern, um mit dessen Hilfe es irgendwelchen Nullen heimzuzahlen, unter dem Anschein, dass er keine Zeit habe, dass er ja nicht an Weihnachten … Kurzum, es sei mir eben gelungen, diesen Text NICHT zu schreiben. Meine Rede machte einen guten … und ich durfte bleiben, wurde nur herabgestuft zum Korrespondierenden Mitglied, so lange, bis ich wieder etwas NICHT schreiben würde. John trat mir dafür seinen ungeschriebenen Roman »Ein Doktor für Freud« ab, an ihm bossele ich jetzt ein wenig herum unter dem Titel »O – Zahl oder Buchstabe?«. Was rauskommt, ist irgendwie kürzer und noch trauriger.
     
    Alle zusammen wiedersehen konnte ich bei der Premiere von »Ein Bund Kräuter«, einer Oper für Trio und einen schweigenden Sänger, wie das Plakat verkündete. Das war vielleicht was!
    Programmhefte gab es keine, und niemand hatte eine Ahnung, was bevorstand. Erstaunlich war die Menge an Feuerwehrleuten, die über ihre glänzenden Helme Kochmützen gestülpt hatten. Die Ouvertüre war aus sehr appetitlichen Düften von Speisen während der Zubereitung komponiert.
    Auf dem Vorhang war vor italienischem Hintergrund eine Villa mit einem einzigen erleuchteten Fenster dargestellt, hinter dem eine große Küche zu erkennen war. Der Vorhang hob sich, und nun erstreckte sich die Küche über die ganze Bühnenbreite und beeindruckte durch ihre reiche Ausstattung. Ein aufgedunsener, schmuddeliger Mann mit Schürze wanderte über die Bühne, offenkundig verärgert über die Bediensteten, die nicht da waren. Wer war das? Sein Gesicht kam mir irgendwie bekannt vor, aber ich bin alles andere als ein Theatergänger und kenne keinen Schauspieler von Angesicht. Der Unbekannte ärgerte sich nicht nur, er schimpfte auch sehr aus
drucksvoll mit musikalischen Begriffen, so etwas wie »ostinato-prestissimo-sforzato-furioso! Ta-ta-ta!!«. Mitten auf der Bühne stand ein Herd, in dem er ein echtes Feuer entfachte (darum also die Feuerwehrleute!), und nun begann er, mit Pfannen, Brettchen und allerlei anderem Küchengerät zu hantieren, um irgendwas kleinzuschneiden, weich zu klopfen, zu sieden und zu braten. All die zufälligen Töne von Messern, Schöpflöffeln, Hämmerchen, Pfannen und Töpfen, das Pfeifen des Dampfs und das Zischen des Öls bewogen den komischen Koch, mal zu schnuppern, wie wenn er lauschte, und mal zu lauschen, wie wenn er schnupperte, und das nicht von ungefähr, denn plötzlich setzte sich das Geklapper zu gar nicht mehr zufälligen Rhythmen oder zum Beginn eines musikalischen Themas zusammen, das mal aus der einen, mal aus der anderen Kulisse tönte, so dass mal ein Schlagzeug, mal etwas Streicher- oder Bläserartiges zu erkennen war. Sobald die Musik eindeutiger wurde, geriet unser Koch besonders in Zorn, und er veränderte seinen kulinarischen Arbeitsablauf, aber das half nichts – die Kakophonie, die er schuf, nahm jedesmal wieder Gestalt an.
    Das eben war die Oper, und kurz war sie nicht. Was sich darin entwickelte, waren die Düfte der unbekannten Speise, die von dem über die Musik verärgerten Mann geschaffen wurde. Er rührte, kostete und würzte, aber irgendwas fehlte immer, bis klar wurde, dass es nur EINES war. Der Koch zupfte an den Kräuterbunden, die malerisch von den Wänden hingen (Streichersolo), fand aber nicht, was er brauchte. Schließlich winkte er ab, gab die Suche auf, er griff nach etwas, ohne hinzusehen, und warf es unter Gefluche (Schlagzeugsolo) in den Kessel. Erneut rührte und schnupperte er (Bläsersolo), schließlich

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