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Der Symmetrielehrer

Der Symmetrielehrer

Titel: Der Symmetrielehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Bitow
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unmöglich. Das Bewusstsein ist dem nicht gewachsen – nur Gott.
    Die Wahrnehmung Gottes ist unmöglich. Deshalb türmen wir ja auch Gesetze auf, als Stufen zu Ihm. Klettern die Leiter hoch, dabei gibt es einen WEG . Der viel gangbarer ist als die Stufenleiter – eine andere Flugbahn oder Geschwindigkeit. Und wenn wir ein Punkt sind auf dieser Flugbahn, sind wir eins mit der Geschwindigkeit und heben die Zeit auf. 
    Dieser verfluchte Rhythmus! Es gibt ihn.
    Wie komme ich darauf? Ah ja, die Weißblonde oder die Schwarzhaarige? Die Blauäugige oder die Grauäugige?
    Scheint bloß, als wäre das einfach. Eine Wahl – ist das Rhythmus?
    Hab mich verheddert. Die Fortsetzung vergessen. Oder den Anfang?
    So ist es. Mrs. Down war mir verfallen. Was weiß ich, woher mein Ruhm kam, aber berühmt war ich bereits. Womöglich, weil ich mit dem Boot gekentert war. Ich werde auf eine Party eingeladen, und alle erwarten etwas. Dass ich ihnen irgendwas biete. Alkohol liegt mir nicht, überhaupt bin ich das alles leid. Sie hatten dort ein luxuriöses Tischtuch, fast gar aus Windsor Castle. Bringen Sie eine Schere, sag ich. Sie freuen sich, eilen geschäftig, bringen eine. Eine silberne, auf silbernem Tablett.
    Ich fange an zu schneiden, alle schauen begeistert zu. Ich schneide, schneide, gelange bis zur Tischmitte. Und bin es wieder leid. Doch alle schauen, warten. Hab die Fortsetzung vergessen, sage ich.
    Lege die Schere auf den Tisch und gehe.
    Irgendwie dumm, wie das gelaufen ist. Auch die Zunge hab ich ihnen noch rausgestreckt.
    Und was glaubt ihr? Alle waren zufrieden, und mein Ruhm ist nur gewachsen.
    Dummheit, die ist nicht relativ. Weil sie viel zu rational ist.
    Sie wollten sich amüsieren und amüsierten sich auch – nichts von Verrücktheit!
    Alles statisch, nichts von Geschwindigkeit, nichts von Zeit … Man sollte die allerdümmste Lösung finden! Man sollte nicht nach Lösungen suchen, sondern entschlossen sein, damit es, kommt man zu Ruhm, für immer ist und man nie mehr etwas zu tun braucht! So aber – alle schuften, bloß ich bin faul. »Bei Ihrer Begabung«, sagen sie zu mir. »An Ihrer Stelle wären wir doch längst …« Wie ich diese Unfaulen hasse!
    Wer sind sie eigentlich? all diese Rektoren, Prorektoren, Institutsleiter, Abteilungsleiter, Chefredakteure … – Dirigenten und Regisseure fremder Begabungen, Politiker und Geschäftsleute.
    Nein, letztere sind was anderes, ernstzunehmende Kerle, Banditen, sagen den Unfaulen, wo's langgeht.
    Wenigstens gut, dass sie mich für einen Juden halten. Werd ich nicht abstreiten.
    Ja, das ist gut. Aber wozu entschließe ich mich bloß? für was Verrücktes und Wunderschönes …
    Das Allerdümmste ist das Allereinfachste. Die Einfachsten … vermehren sich durch schlichte Teilung. Die Amöbe ist ein lebendiges Modell des Atoms. Eine Zelle, riesig wie ein Molekül. Was davon teilt sich? Alles teilt sich. Endlos, in die eine wie die andere Richtung.
    Und was, wenn alles, was existiert, gleichzeitig existiert? Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, Raum, Geschwindigkeit, Zeit, Leere, Gedanke?
    Ein Pulsschlag, eine Explosion! Stille.
    Furchtlosigkeit, das ist etwas Furchtbares. Das ist das Leben.
    Das Leben ist furchtbarer als der Tod, denn im Tod existierst du nicht …
    »O Gott! Nach dem Tod wird es keine Erinnerung geben an Dich …« Eine schöne Zeile.
    Bloß bin ich nicht einverstanden. Bloß die Erinnerung an Gott, die wird bleiben.
    Das heißt, die Gleichzeitigkeit von allem ist immer gegeben.
    O Gott! wann habe ich mich nur verheddert in diesen grauen Fasern?
     
    Noch als Kind. Lustlos jagte ich die Fuge auf der Geige hin und her, stellte sie mir als Brechreiz erzeugende Unendlichkeit vor, da riss eine Saite. Ringelte sich erfreut zur Locke dank der erlangten Freiheit. Da ging auch ich spazieren, damit es nichts setzte vom Vater.
    Wenn ich spazierengehe, denke ich nun schon gar nichts mehr. Vor allem, so gar nichts denken kann ich stundenlang. Irgendwann wundere ich mich, dass ich Hunger habe oder friere oder dass es zu regnen anfängt … und erst da denke ich zum ersten Mal: was habe ich nur die ganze Zeit gemacht? gedacht oder gemacht? Na ja, ich lese gern Aushängeschilder – eine eigentümliche Inventarisierung der Welt!
    An der Schule steht: Schule, am Krankenhaus: Krankenhaus, am Geschäft: Geschäft. Als wäre es sonst nicht klar. An einem Baum steht ja nicht: Baum. Wie auch an einer Wolke nicht.
    Auf meinen nächtlichen Streifzügen habe

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