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Der Symmetrielehrer

Der Symmetrielehrer

Titel: Der Symmetrielehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Bitow
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Oder hier, ein hübsches Rätsel, hatte ich nie vorher gehört: Alle, die kommen und gehen, hat sie im Griff  …«
    »Kenne ich nicht, die Dame. Eine Salonlöwin? Eine vielbegehrte Braut?«
    »Du bist mir weibstoll! Die Tür natürlich.«
    Schließlich fand sie ein noch völlig unausgefülltes Kreuzworträtsel, und sie machten sich gemeinsam an die Arbeit.
    Erscheinung, die zu Erstaunen Anlass gibt  – es passte Phänomen (Lili hatte es erraten, während Urbino an der Qualität der Formulierung herummäkelte, sich in Erörterungen über die Natur des Ph. verlor und sogar dazu verstieg, in unserer verrückten Zeit sei gerade die Norm ein Phänomen).
    Dafür erriet er im Handumdrehn die Fortsetzung der Politik mit blutigen Mitteln: Terror. Das interessierte Lili nicht.
    Das Kreuzworträtsel war eines von den »anmachenden«. Presse, die die Zeit vorantreibt. Sie gingen alle Arten der Zeitmessung durch, die sie kannten, aber nichts von den Kalendern, Stunden, Zeitmessern … all das maß zwar, durchaus, aber trieb nicht voran. Doch auch Geschichte passte nicht, und Alter passte nicht. Regelrecht ärgerlich – es waren andere
Buchstaben. Obgleich schon eine ganze Reihe dastand: G und H und N, das sogar zweimal …
    Noch ein anderer Buchstabe wäre zu erraten gewesen, aber auch da kamen sie nicht weiter. Planet des Sonnensystems  … Den Trabanten des Uranus konnte Urbino sich noch verzeihen (den ließen sie ungelöst), aber einen Planeten des eigenen Systems – also wirklich! Er ging im Kopf seine ganze Schule bis zum Abitur durch, aber kein Uranus, Saturn oder Pluto taugte etwas.
    »Vielleicht ist vor kurzem noch einer entdeckt worden?« schlug Lili vor.
    »Vielleicht«, stimmte Urbino mürrisch zu. »Wir kommen nicht weiter, genausowenig, wie ich mit einem meiner unvollendeten Romane. ›Back from the Earth‹ heißt er, über einen russischen Pechvogel, einen Forscher, der mit seinen bahnbrechenden Erkenntnissen immer zu spät dran ist. Astrologe ist er auch. Jedenfalls, er ist überzeugt, dass sich auf der anderen Seite der Sonne genauso ein Planetensystem befindet wie unseres. Wir sehen es nie, weil es genau die gleiche Umlaufzeit um die Sonne hat wie wir. Damit ist es stets außerhalb des Blickfelds der Astronomen, doch gibt es da genauso einen Planeten wie die Erde, in genau der gleichen Entfernung von der Sonne, stets aber auf der entgegengesetzten Seite. Ob es dort Leben gibt, wissen wir nicht, aber aus astrologischer Sicht stehen wir damit in Verbindung und sind davon abhängig. Sämtliche Kataklysmen, unsere gesamte Geschichte könnte von der Situation auf diesem unsichtbaren Planeten abhängen.«
    »Glaub ich nicht«, erklärte Lili erschöpft.
    »Auf Russisch klingt das wie eine Anspielung: Der Planet heißt Ne-Wera. Bei uns wäre das dis-belief, bei ihnen ist es no-belief.«
    »Wie, du kannst auch Russisch?«
    »Nein, mir hilft ein befreundeter Slawist.«
    »Na schön. Zwei haben wir uns erlassen, zwei ausgelassen. Ein letztes ist noch übrig.«
    »Welches?«
    »Immer noch dieser Planet.«
    »Blöder Kerl, dein Erfinder!«
    Schließlich interessierte sie der Erfinder des Kreuzworträtsels. Nun spielten sie das Spiel, sich die Persönlichkeit des Kreuzworträtselverfassers vorzustellen. Er war dermaßen ambitioniert, dass er sogar mit einem ungewöhnlichen Namen unterzeichnete: Goreslaw K.
    Urbino vermutete dahinter sofort einen Polen.
    Schließlich hatten sie folgendes Porträt modelliert: rundlich, mit Glatze, trägt eine Art Tirolerhut, dazu karierte Breeches, und statt eines Spazierstocks hat er einen Skistock – ein halber Schotte plus halber Bayer, aus Kakanien. Witwer. Lebt mit seinem Kanarienvogel. Auf jeden Fall ein großer Bierfreund. Allmählich gefiel er ihnen.
    »Ich könnte ein Gedicht auf ihn und sein Kreuzworträtsel schreiben.«
    »Tu das! Meinst du nicht, dass er ebenfalls heimlich reimt?«
    »Nicht ausgeschlossen.« Urbino blickte verdrossen.
    So ging er nach oben in seine Kajüte, quasi um zu dichten, in Wirklichkeit sank er auf die gestrige Matratze, die noch zart nach Lili duftete, und weg war er, schon nach der ersten Zeile » Ja, dichtet nur, versucht es nur …«
     
    Lili weckte ihn.
    »Ich habe dir einen neuen Planeten entdeckt!«
    »Und ich habe trotz allem Hunger!«
    »Und ich habe schon alles fertig: hier, Spaghetti auf diesem Planeten.«
    »Das reimt sich fast! Und was für einen Planeten?« fragte Urbino und verschlang bereits Spaghetti mit Muscheln.
    »Die ERDE

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