Der Symmetrielehrer
anschaut
mit soviel Liebe …
schlechter geht es mir dort nicht.
----
[ 34 ] Eine Übersetzung nach dem Prinzip der Falschen Freunde. Was hat das russische »plotnost« (»Dichte«, »Robustheit«, vgl. S. 129) schon mit dem englischen »plot« zu tun! Allerdings unterteilt Übersetzerkollege Bitow das Wort hier durch einen bedeutungsschweren Bindestrich: »plot-nost«. (Anm. d. ÜÜ .)
[ 35 ] Belles-lettres = schöne Literatur (frz.). Interessant, dass die Franzosen zwar in anderen Sprachen das Wort »Belletristik« hervorgebracht haben, es selbst aber nur in Bezug auf die klassische Literatur verwenden, nicht die zeitgenössische. Wir hingegen verwenden es gänzlich in Bezug auf die zeitgenössische, als eine Literatur nun doch zweiten Ranges. (Anm. d. Ü.)
[ 36 ] Vielleicht sollte sich der Leser hier noch einmal an Bitows »Sujet«-Definition erinnern, vgl. S. 126 (Anm. d. ÜÜ .)
[ 37 ] Typischer Fall einer Überübersetzung. Auf Englisch stand da sicher der Vorname »Rhys«, und von diesem führen keine Assoziationen in die japanische Küche. Anders als beim Russischen: рис = Reis. (Anm. d. Ü.+ ÜÜ .)
[ 38 ] Für die Übersetzung wurden Gedichte von Inga Kusnezowa herangezogen. (Anm. d. Ü.)
[ 39 ] Hier hat sich der Übersetzer an unübersetzbaren englischen Alliterationen ausgetobt; dort reimt sich »sunny« auf »funny« und »I« auf »bansai«.
[ 40 ] Dem Übersetzer gefiel dieses Gedicht mehr als die anderen, darum gab er sich bei der Übersetzung besondere Mühe. Sie wurde viel länger, von der Poesie ganz zu schweigen. (Die Übersetzung aus dem Russischen ist hingegen kunstlos wortwörtlich, andernfalls landeten wir vollends bei Stiller Post. Anm. d. ÜÜ . )
Es gab Wind und Vögel.
Kinder blühten in Anoraks.
Und gestrige Angesichte
Konnten uns nicht erkennen.
Es blieb nur noch wenig
Von dir und von mir,
Und es tat sich ein Weg auf
Aus dem gestrigen Tag.
Damit zurückbleibt
Der berückende Geschmack,
Trink aus und erfahre,
Wie du voll bist und leer.
Die Übersetzung verhilft allerdings zu einer genauen Datierung der Arbeit an dieser Stelle: es war der 28. Januar 1997. An diesem Tag erreichte mich in Princeton die Nachricht vom Tod des Dichters Wladimir Sokolow (von ihm auch die »Angesichte«). Ein Opfer seines Geschmacks, schrieb er sein Leben lang an einem Poem unter dem für einen Russen nicht leichten Titel »Das Sujet«. Ohne es zu vollenden. Auf den Punkt gebracht wurde sein Sujet durch ein zufälliges Zusammentreffen: Es war dies der erste Jahrestag des Todes von Joseph Brodsky.
Oh, dieser 28. Januar! Puschkin, Dostojewski, Blok (da zählte er seine »Zwölf« durch) – in keine schlechte Schublade sind die beiden da hineingeraten! Wie das? Die Sterne? oder »der Himmel spottet hier der Erde«?
Diese Anmerkung führt mich simultan zu einer anderen Memoire, die für noch eine Datierung wichtig ist, und die wiederum hat mit dem Beginn der Arbeit an dieser gesamten »Übersetzung« zu tun, mit den ersten Versuchen.
»Der Geist verzagten Müßiggangs …« – ein Russe ist immer drauf erpicht, mit dem zu beginnen, was am einfachsten ist. Ich begann mit den Gedichten. Im eigenen Namen welche zu schreiben riskierte ich noch nicht, aber im Namen meines Helden … zumal bei einer »Übersetzung aus dem Ausländischen«. »Donnerstag«, das mochte gehen. Nun in Schwung, skizzierte ich »Tod der Braut«. Und da traf ich am Newski zufällig Joseph (also war er noch nicht für immer abgereist). Weil ich wusste, dass er sich nebenbei mit Übersetzen was verdiente und mit der »Großen Elegie für John Donne« zu Ruhm gekommen war, schilderte ich ihm mein Projekt und bat um professionellen Rat. Tja, warum nicht? – wir gingen hoch zu mir, auf eine Tasse Kaffee. Ich erklärte ihm, dass meine Interlinearversionen eben aus Kaffeesatz verfasst würden. Er sah den »Tod der Braut« durch und lobte die letzte Zeile »Mein Gott! Wie rasch«.
»Nein, das ist noch nicht ganz das Rechte«, war sein Resümee, »übrigens, was ich zu diesem Thema …« Und mit der Geste eines Magiers zog er aus der Brusttasche ein vierfach gefaltetes, schludriges Blatt. »Hab ich gestern geschrieben. Kanntest du Bobo? Nein? Seltsam. Tja, sie ist gestorben.«
Und mit seiner fuchsroten Stimme trug er vor:
Weitere Kostenlose Bücher