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Der Täter / Psychothriller

Der Täter / Psychothriller

Titel: Der Täter / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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noch einen Mann. Irving Silver.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Nein. Irving Silver war hier. Erst vor zwei Wochen. Er hat vor der Kamera gesprochen und seine Erinnerungen aufgezeichnet.«
    Sie griff nach dem Telefon, als müsste sie irgendetwas in Händen halten.
    »Er wird vermisst.«
    »Haben Sie mit der Polizei gesprochen?«
    »Ich nicht, andere schon.«
    »Was sagen die?«
    Er zuckte mit den Achseln. »Solange es keinen Hinweis auf ein Verbrechen gibt …«
    »Aber der Schattenmann? Hier? Jemand sollte …«
    »Was, Miss Weiss? Sie meinen, jemand sollte ermitteln? Das sehe ich genauso. Die Polizei? Die Justizbehörden? Der verfluchte Oberste Gerichtshof?«
    »Ja. Ja. Im Justizministerium führen sie spezielle Ermittlungen durch. Sie haben Nazis aufgespürt …«
    »Ist dieser Mann ein Kriegsverbrecher, Miss Weiss? In dem Fall wäre die Sache leichter.«
    Sie schwieg. »Selbstverständlich ist er das«, erwiderte sie dann schroff.
    »Sind Sie sicher?«
    »Er war Kollaborateur, er hat ihnen geholfen. Ohne ihn …« Sie sah Simon Winter eindringlich an. »Wenn das kein Kriegsverbrechen ist.«
    »Da wäre ich nicht so sicher.«
    Esther Weiss atmete langsam aus. »Ich glaube, ich verstehe, was Sie meinen. Und wo sind die Beweise?«
    »Ich fürchte, die meisten Beweise sind tot.«
    Sie nickte. »Verstehe«, sagte sie. Ratlos sackte sie an die Lehne und legte die Hand an die Stirn. Für einen Moment drehte sie sich mit ihrem Schreibtischsessel zum Fenster, dann sah sie ihr Gegenüber mit einem durchdringenden Blick an.
    »Was geht hier vor, Mr.Winter? Bitte sagen Sie mir, was hier im Gange ist.«
    Doch die Antwort blieb er ihr zu diesem Zeitpunkt schuldig.
     
    Simon Winter verließ das Holocaust Center mit ihrem Versprechen, ihm zu helfen, sowie mit einer Namensliste von etwa zwei Dutzend Gelehrten, deren Spezialgebiet die Holocaust-Überlebenden waren. Es handelte sich dabei in erster Linie um Soziologen und andere Wissenschaftler, meist Angehörige von Universitäten. Einige waren für bedeutende jüdische Organisationen tätig. Ein paar andere arbeiteten freiberuflich als Autoren über verschiedene Aspekte des Holocaust.
    Das Problem war nur, dachte Simon Winter beim Anblick der Liste neben dem Telefon in seiner Wohnung, das Problem war nur, dass sie ihm viel über die Vergangenheit erzählen konnten, während er versuchte, die Gegenwart zu entschlüsseln und die Zukunft zu erahnen. Er starrte auf die Namen und strich die drei mit einer Adresse in Süd-Florida an.
    Eine Sekretärin des Instituts für Europastudien an der University of Miami notierte seinen Namen und seine Telefonnummer, schien jedoch äußerst skeptisch, dass irgendein Professor einen pensionierten Detective zurückrufen würde, der sich in Bezug auf den Grund seines Anruf ziemlich bedeckt hielt. Die zweite Nummer gehörte einem in Plantation ansässigen Autor, der an einem Buch über die Kollaboration der Vichy-Regierung arbeitete, die für die Verschleppung Tausender französischer Juden in die deutschen Vernichtungslager verantwortlich war.
    »Ich kann Ihnen mit Südfrankreich dienen«, erklärte der Professor zu seinem Bedauern, »aber Berlin, da muss ich passen.«
    Der Mann schwieg einen Moment, dann fügte er hinzu: »Natürlich kann ich Ihnen wie jeder, der über den Holocaust forscht, eine Menge über den Tod erzählen. Den hundertfachen, tausendfachen Mord, der so selbstverständlich war wie der Sonnenaufgang am Morgen und der Einbruch der Dunkelheit am Abend. Mord als Eisenbahnfahrplan, pünktliche Alltagsroutine. Sind Sie daran interessiert, Mr.Winter?«
    Als Simon Winter auflegte, war ihm klar, dass er etwas anderes, etwas Einmaliges brauchte, eine Beobachtung oder eine Verbindungslinie, etwas, das ihn aus dem Bereich düsterer, diffuser Erinnerungen herauskatapultierte und ihm handfeste Hinweise auf den Schattenmann lieferte. Es muss doch, dachte er, eine greifbare Verbindung zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart geben. Etwas Handfestes, das die Lücke schloss.
    Er sah aber keine und schlug mit der Faust auf den Tisch.
    Sein Geduldsfaden war kurz davor, zu reißen.
    Er holte einmal tief Luft, dann wählte er die dritte Nummer. Als ihn die automatische Ansage wissen ließ, die Nummer habe sich geändert, warf er den Hörer auf die Gabel. Er notierte sich die neue Nummer und unternahm den nächsten Versuch. Beim fünften Klingelzeichen war er kurz davor, die Segel zu streichen, doch beim siebten hörte er ein mürrisches

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