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Der Täter / Psychothriller

Der Täter / Psychothriller

Titel: Der Täter / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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»Hallo?«.
    »Spreche ich mit Mr.Rosen? L. Rosen?«
    Nach einer kurzen Pause kam die Antwort: »Louis Rosen. Wer spricht da? Falls Sie Abos oder Versicherungen verkaufen oder Spenden haben wollen, vergessen Sie’s«, versetzte der Mann in schneidendem Ton.
    »Nein«, erwiderte Winter. Dann nannte er seinen Namen und erklärte: »Ich habe Ihre Nummer vom Holocaust Center.«
    »Diese Nummern sollten eigentlich vertraulich behandelt werden.«
    »Ich bin überzeugt, das werden sie auch, aber hier geht es um eine besondere Situation.«
    »Besondere Situation? Was könnte so besonders sein, dass die ihre Zusage der Vertraulichkeit brechen?« Der Ton des Mannes wurde nicht umgänglicher, sondern verriet allenfalls eine gewisse Neugier.
    »Ich habe Grund zu der Annahme, dass ein Mann, der in Berlin Greifer gewesen ist, heute in Süd-Florida lebt.«
    Rosen schwieg. Eine ganze Weile blieb es still in der Leitung, dann antwortete er in ungerührtem, kaltem, doch zugleich fesselndem Ton:
    »Das ist faszinierend. Ein Greifer? Es haben nur wenige überlebt. Dasselbe wie bei den Kapos in den KZ s. Wäre interessant, wenn Sie diesen Mann finden könnten. Es gibt so viele Fragen.«
    »Was für Fragen?«
    »Solche, die mit einem großen Warum beginnen, Mr.Winter.«
    »Und wie würde Ihrer Meinung nach die Antwort darauf lauten, Mr.Rosen?«
    »Ich müsste spekulieren. Mein Forschungsgebiet ist Polen. Das Warschauer Getto.«
    »Hatten Sie dort Familie?«
    »Natürlich. Ich war selbst dort.«
    »Verstehe.«
    »Aber das ist eine andere Geschichte, nicht wahr, Mr.Winter?«
    »Ja. Aber könnten Sie für mich spekulieren, nach was für einer Persönlichkeit ich suche?«
    Rosen schien seine Gedanken zu ordnen, bevor er antwortete. »Das ist eine überaus interessante Frage. Was für eine Persönlichkeit? Sind Sie sicher, dass Sie diese Tür aufstoßen wollen, Mr.Winter?«
    »Ich muss es wissen. Ich brauche etwas Konkretes, an das ich mich halten kann.«
    »Natürlich führt uns das auch zum großen Wie hinter all den Fragen zum Holocaust«, fuhr Rosen mit etwas tieferer Stimme fort. »Das liegt letztlich auch nur ein bisschen dichter an der Oberfläche als das Warum.«
    »Ich bin gerade erst dabei, die Zusammenhänge ansatzweise zu begreifen«, warf Winter ein.
    »Die wird niemand jemals begreifen«, entgegnete Rosen kalt. »Niemand, der nicht dort war. Die Zahlen waren einfach unfassbar. Die Grausamkeit so alltäglich. Das Böse so allumfassend.«
    Simon Winter sagte nichts. Er merkte, dass der Mann am anderen Ende überlegte.
    »Sie wollen also etwas über den Greifer erfahren? Kein Fanatiker. Kein Nazi. Geht eher in die Richtung dessen, was die Presse als kriminellen Psychopathen bezeichnet. Unerbittlich, erbarmungslos. Man erwartet natürlich, dass sie ihre Taten damit entschuldigen, sie hätten sich und ihre Familien retten wollten, nicht wahr?«
    »Das liegt nahe.«
    »Aber es stimmt natürlich nicht. Die meisten von ihnen haben überhaupt niemanden gerettet. Wohl nur die gerissensten unter ihnen, nehme ich an. Und die müssen eine Klasse für sich gewesen sein, meinen Sie nicht? Um zu überleben. Aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz.«
    »Ja.«
    »Folglich wissen Sie schon einmal von vornherein, dass Sie es mit einem systematischen Lügengebäude zu tun haben, nicht wahr, Mr.Winter? Mit einem Menschen, der sich selbst nichts vormachte, denn nur jemand, der klar sah, was vor sich ging, konnte die nötigen Schritte unternehmen und am Leben bleiben. Andererseits haben Sie es mit jemandem zu tun, dem es nichts ausmacht, die Dinge zu verfälschen. Der Täuschungsmanöver liebt. Aber das ist noch lange nicht alles, oder?«
    »Ich bin ganz Ohr.«
    »Es muss noch etwas gegeben haben, das über das bloße Kalkül hinausgeht. Ein grausamer Zug. Ein eiserner Überlebenswille. Der Greifer war zweifellos ein Mensch, dem das Leben eines anderen Menschen nicht einmal ansatzweise so wichtig war wie das eigene. Demnach suchen Sie möglicherweise auch nach einem Mann mit einem beträchtlichen Ego. Einem Mann, der glaubt, er hätte Großes vollbracht. Das ist kein dummer Mensch. Nicht so ein beschränkter, grober Klotz wie ein Lageraufseher. Die Buchhaltermentalität der SS -Bürokraten, die dafür sorgten, dass die Güterzüge fahrplanmäßig fuhren, die suchen Sie bei ihm auch vergeblich. Wollte ein Greifer überleben, musste er schon genial sein. Findig. Sehen Sie das nicht?«
    »Ja, aber wie komme ich diesem Menschen auf die Spur? Hier unter all den

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