Der Täter / Psychothriller
Psychopath. Ich denke, es wäre das Beste, wenn Sie bei Verwandten unterkommen und es mir überlassen, ihn anhand der Informationen, die ich schon habe, zu finden. Dann sind Sie sicher, und ich muss mir keine Sorgen darum machen, wie ich Sie beschützen soll. Wir können Sie aus der Stadt schleusen und ihn trotzdem schnappen, wenn er sich dieser Wohnung nähert oder Ihrer, Mrs.Kroner. Das Entscheidende ist doch, dass es nicht noch mehr Tote gibt.«
Als der Rabbi das hörte, zog er erstaunt die Augenbrauen hoch. Simon Winter wollte etwas sagen, hielt sich aber zurück. Frieda Kroner schnaubte.
»Nein«, fuhr Robinson fort und hielt die Hand hoch, um sie gar nicht erst zu Wort kommen zu lassen. »Ich denke, Ihrer beider Sicherheit hat erste Priorität.«
Der Rabbi musterte den jungen Detective und erwiderte: »Mr.Robinson, ich habe schon wieder das Gefühl, dass Sie uns etwas verschweigen. Weggehen? Sofort? Woher kommt Ihr plötzlicher Sinneswandel?«
»Ich will nur, dass Ihnen nichts passiert.«
Der Rabbi schüttelte den Kopf. »Das ist es nicht«, sagte er geradeheraus.
Frieda Kroner hatte Robinson genau beobachtet, während er sprach. Plötzlich lächelte sie.
»Ich weiß es«, verkündete sie wie ein Kind, das erraten hat, in welcher Hand sich die Süßigkeit befindet. »Ich weiß, weshalb der Detective das will.«
Robinson wandte sich ihr zu. »Mrs.Kroner, ich möchte einfach nur sicherstellen …«
Sie schüttelte den Kopf, als wollte sie ihr Lächeln loswerden und durch eine eiserne Miene ersetzen.
»Sie haben etwas gesehen, stimmt’s? Sie haben etwas in Verbindung mit dem Schattenmann gesehen, und Sie wollen es uns nicht sagen, um uns keine Angst einzujagen. Als ob die Schrecken, die wir schon erfahren haben, noch zu überbieten wären! Ich habe mehr Sterbende zu Gesicht bekommen, als Sie es in Ihrer ganzen Laufbahn werden, und wenn Sie hundert Jahre alt würden. Sie verstehen uns immer noch nicht, Detective, stimmt’s?«
Walter Robinson war um eine Antwort verlegen.
In ruhigem Ton meldete sich der Rabbi. »Ich glaube«, sagte er langsam, »das macht mir zuweilen mehr Angst als irgendetwas sonst.«
Frieda Kroner nickte. »Sie schauen uns an, und Sie sehen eine alte Dame und einen alten Herrn, weil Sie jung sind und somit voller Vorurteile, wie sie junge Menschen nun mal gegenüber alten hegen …« Als Robinson protestieren wollte, hob sie die Hand. »Unterbrechen Sie mich nicht, Detective.«
Er schwieg.
»Gut«, meinte sie streng. »Raus damit. Was haben Sie gesehen?«
Robinson zuckte mit den Achseln, bevor er antwortete. Ihm wurde bewusst, dass es vielleicht genauso verhängnisvoll war, diese beiden Leute zu unterschätzen wie den Schattenmann.
»Ich kann es letztlich nicht beweisen …«, fing er an.
»Und jetzt kommt ein Aber, stimmt’s?«, unterbrach ihn der Rabbi mit einem leicht sarkastischen Lächeln. »Es scheint immer ein Aber zu geben.«
»Ja. Sie erinnern sich an den Einbrecher, der den Schattenmann in Sophies Wohnung gesehen hat?«
»Der Drogenabhängige? Mr.Jefferson?«, fragte Frieda Kroner.
»Er wurde heute früh in seiner Wohnung in Liberty City ermordet aufgefunden.«
»Ermordet? Wie?«
»An seinen Rollstuhl gefesselt und mit einem Messer gefoltert.«
Frieda Kroner und der Rabbi ließen die Nachricht schweigend auf sich wirken.
»Die städtische Polizei geht davon aus, dass er wahrscheinlich Drogendealern aus der Gegend zum Opfer gefallen ist. In dem Teil der Stadt sind Racheakte an der Tagesordnung, und es kann übel zugehen; vieles spricht dafür, dass er bei einigen Leuten, die des Mordes fähig wären, auf der schwarzen Liste stand …«
»Aber Sie glauben das nicht?«, fragte der Rabbi.
»Nein. Ich glaube, wir alle hier wissen, wessen Handschrift das war.«
»Mr.Jefferson, er war …«, begann Frieda Kroner, doch wieder wurde sie von dem jungen Polizisten unterbrochen.
»Jefferson hatte einen schweren Tod, Mrs.Kroner. Er ist einen so qualvollen, langsamen Tod gestorben, wie man ihn seinem schlimmsten Feind nicht wünschen kann. Er wurde gefoltert, weil jemand aus ihm herausbekommen wollte, was er wusste. Und danach wurde er verstümmelt. Ich will Sie und den Rabbi nicht der gleichen Gefahr aussetzen. Sehen Sie’s mal mit meinen Augen: Meine berufliche Laufbahn steht auf dem Spiel, wenn etwas schiefgeht und dieser Mann einem von Ihnen etwas antut. Und ich würde mir das nie verzeihen. Kurz gesagt, ich will Sie beide in Sicherheit wissen.«
Simon
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