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Der Täter / Psychothriller

Der Täter / Psychothriller

Titel: Der Täter / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Beutel zu seinen Füßen hoch, in dem er mehrere wichtige Gegenstände mitgebracht hatte. Dann warf er zum letzten Mal von seinem Beobachtungsposten aus einen Blick auf das Gebäude.
    »Judenfrei«, dachte er. Das hatte der Reichsführer einmal der ganzen Welt versprochen. Und genau dieses Versprechen habe ich mir selbst gegenüber wiederholt. Vielleicht bin ich heute Nacht endlich judenfrei.
    Er stellte sich die alte Frau und den alten Rabbi vor.
    Er merkte, wie sich seine Gesichtsmuskeln verspannten und zur Maske erstarrten, als ihn Pflichtgefühl und Entschlossenheit zum Handeln trieben. Er machte einen Schritt nach vorn. Vom Rande der schmalen Gasse aus suchte er sorgfältig die leere Straße ab. Wenige Häuserblocks entfernt gab es ein wenig Verkehr, jedoch nichts, was ihn allzu sehr beunruhigen musste. Und so schlich er sich von Dunkelheit zu Dunkelheit zielstrebig an seine Opfer an.
    Sie wissen es noch nicht, rief er sich ins Gedächtnis. Keiner von ihnen hat es je vorher gewusst. Aber sie sind bereits seit Tagen tot.
     
    Simon Winter sah wortlos zu, wie Walter Robinson sich bemühte, die Verwirrung, die er mit der Verhaftung von David Isaacson ausgelöst hatte, in den Griff zu bekommen. Der ältere Mann und seine Frau saßen auf einer Bank in einer Ecke des Morddezernats, von wo aus sie abwechselnd finster in die Runde blickten und drohten, ihren Anwalt anzurufen – obwohl sie offensichtlich keinen hatten, geschweige denn einen, der mitten in der Nacht aufstehen würde, um ihnen zu helfen –, und sich die eine oder andere Information aus der Nase ziehen ließen. Erst nachdem Walter Robinson ihnen versichert hatte, die Behörden kämen für die Reparatur ihrer Haustür sowie für jeden anderen Schaden auf, den ihre Festnahme verursacht hatte, gaben sie etwas bereitwilliger Auskunft. Dieses Hin und Her zwischen dem Detective und dem wütenden Ehepaar schien sich ewig hinzuziehen und frustrierte Simon Winter gewaltig.
    Erst in den frühen Morgenstunden löste sich Robinson von den Isaacsons und gesellte sich zu dem pensionierten Detective, während ein überaus dienstbeflissener, Süßholz raspelnder Beamter in Uniform den Geschädigten auf die Beine half, um sie aus dem Büro zu einem Streifenwagen zu geleiten und nach Hause zu kutschieren.
    »Und nun?«, fragte Winter.
    »Und nun Mist«, erwiderte Robinson, während er sich auf einen Stuhl neben dem alten Mann fallen ließ. »Sind Sie nicht müde, Simon? Sehnen Sie sich nicht danach, ins Bett zu gehen und, wenn Sie morgen aufstehen, zu hören, dass dieser ganze Spuk einfach vorbei ist?«
    »Klingt eher unwahrscheinlich«, antwortete Winter, auch wenn er müde lächelte.
    »Nein, im Ernst«, sagte Robinson. Er lachte selbstironisch. »Mann, hab ich hier einen Haufen Mist gebaut. Wird mich runde vier Wochen kosten, die ganze Sache auszubügeln …«
    »Vier Wochen in dreifacher Ausfertigung«, frotzelte Winter. Der junge Detective prustete los.
    »Da haben Sie schon wieder recht, Mann. Simon, Sie ahnen ja nicht, wie viele Formulare ich in den nächsten Tagen auszufüllen habe. Und dann darf ich vor jedem Kotzbrocken von Vorgesetzten zu Kreuze kriechen, der nur auf mich gewartet hat, seinen Frust an mir auszulassen. Danach sind die Anwälte des Dezernats an der Reihe. Die wollen auch noch ihren Senf dazugeben …«
    »Das gehört zu seinem Plan, wissen Sie«, erklärte Winter leise. »Er wusste, dass jemand die Spur so weit zurückverfolgen könnte, also hat er sich nicht einfach einen Namen und eine Anschrift aus den Fingern gesogen, sondern eine reale Person benutzt. Er hatte die Wahl, eine Figur zu erfinden, die wir vielleicht in ihm wiedererkennen könnten, oder uns an der Nase herumzuführen und ein Chaos anzuzetteln, und ich denke, er hat klug gewählt. Er hat sogar jemanden ausgesucht, der ihm ein bisschen ähnlich sieht. Was meinen Sie? Hat er Isaacson bei irgendeiner Versammlung gesehen? Auf einem Video? Beim Strandspaziergang? In einer Synagoge? Im Lebensmittelladen? Im Restaurant? Ihn sich inmitten einer Menschenmenge herausgepickt, ohne dass der Kerl auch nur die geringste Ahnung hatte, wozu er einen Beitrag leistete?«
    »Irgendwo hat er ihn gesehen, da gebe ich Ihnen recht. Vielleicht kommt Isaacson drauf, wenn er sich erst mal beruhigt hat. Aber ich wage es zu bezweifeln. Bestimmt nicht heute Nacht.«
    Walter Robinson stieß einen langen Seufzer aus. »Der Schattenmann scheint ziemlich gut zu wissen, wie bürokratische Apparate

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