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Der Täter / Psychothriller

Der Täter / Psychothriller

Titel: Der Täter / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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und einer seiner Männer sich über einen großen, kräftigen Mann auf dem Boden des bescheidenen Hauses beugten.
    Robinson hielt ihm den Pistolenlauf ans Ohr und brüllte Befehle. Etwas abseits davon hielten zwei andere Leute des Teams eine zierliche, ältere Frau in Schach. Ihr aufgestecktes weißes Haar hatte sich gelöst und fiel ihr ins Gesicht. Sie weinte zum Herzerbarmen. »Was haben wir denn getan? Was haben wir denn getan?«
    Der Leiter des SWAT -Team sah zu, wie Robinson dem auf den Bauch geworfenen Mann die Handschellen anlegte und sich halb aufrichtete.
    »Das war’s«, meinte der Captain zufrieden. Er drehte sich zu Robinson um. »Sag ich doch, Spaziergang. Das ist also der gefährliche alte Killer, den Sie jagen?« In einer Zimmerecke plärrte der Fernseher laut, und im Takt zu den Witzen des Moderators einer Late-Night-Show ertönte schallendes Gelächter. Der Captain wies mit einer Geste einen seiner Männer an, den Apparat auszuschalten.
    Walter Robinson schob den Mann mit einem Ruck in einen Sessel und erklärte in hohem Tempo: »David Isaacson, ich verhafte Sie wegen dringenden Mordverdachts.«
    Zum ersten Mal sah Simon Winter das Gesicht des Mannes. Ein Lichtstreifen fiel wie eine Narbe über sein Gesicht und offenbarte die Angst in seinen Augen.
    »Was soll ich denn getan haben?«, fragte der Verhaftete.
    »Schattenmann!« Robinson fauchte das Wort, während er ihn hochzog. Der Detective schüttelte den Verhafteten und zog sein Gesicht ganz dicht an das eigene heran. Dann warf er ihn zurück in den Sessel. »Du gehst für immer in den Knast, ich besuch dich im Todestrakt.«
    In diesem Moment trat Simon Winter vor und starrte den älteren Mann an.
    »Oh, mein Gott«, sagte er langsam und leise. Er packte Walter Robinson am Arm. Der junge Detective fuhr herum, über die Störung verärgert, zögerte jedoch, als er Winters Augen sah.
    »Was ist?«, fragte er barsch.
    Winter merkte, wie sein Mund trocken wurde, und die Worte kamen ihm wie die Splitter der Haustür über die Lippen. »Walter, sehen Sie ihn sich an, verdammt!«
    »Was?«
    »Sehen Sie sich das Gesicht an! Das verdammte Bild! Er hat nicht die leiseste Ähnlichkeit mit dem Phantombild!«
    Walter Robinson drehte sich wieder um und musterte zum ersten Mal die Züge des Mannes, den er verhaftet hatte. »Nein«, widersprach er langsam. »Simon, Sie irren sich. Genau die Kopfform, das Haar …«
    »Sehen Sie ihn sich doch an! Das ist nicht der Mann, den Esther Weiss anhand der Zeichnung identifiziert hat!«
    Walter Robinson, der sich zuweilen etwas arrogant zugute hielt, auch in den schwierigsten Situationen ruhig zu bleiben, merkte eine Woge der Panik, die ihm im denkbar falschen Moment durch die Eingeweide rollte und nur schwer unter Kontrolle zu bringen war. Er riss die Augen auf, als könnte er so den Widerspruch zwischen dem Bild und dem Mann im Sessel besser erkennen.
    »Wer sind Sie?«, herrschte er den Verhafteten an.
    »David Isaacson«, stammelte der Mann. »Was soll ich denn getan haben?«
    »Woher kommen Sie?«
    Der Mann sah ihn verständnislos an, und so trat Simon Winter vor.
    »Wie lange wohnen Sie schon hier?«
    »In Miami Beach? Ungefähr seit zwanzig Jahren.«
    »Und davor?«
    »Habe ich in New York gelebt. Ich war Kürschner.«
    »Und davor?«
    »In Polen, als ich jung war, vor vielen Jahren.«
    Der Frau des Mannes gelang es in diesem Moment, sich von den Männern des Verhaftungsteams loszureißen und sich auf ihren Mann zu stürzen. »David, was wollen die? Was wollen die?,« schluchzte sie hysterisch und klammerte sich an seinen Arm.
    Dann drehte sie sich zu den Polizisten um und brüllte in bitterer Wut: »Gestapo! Nazis!«
    Außer dem Schluchzen der Frau wurde es still im Raum.
    »Sind Sie ein Überlebender?«, fragte Simon Winter ohne Überleitung.
    Der Mann nickte. »Was soll das?«, fragte er wie unter Schock.
    Robinson war mit zwei Schritten bei David Isaacson, packte seinen Unterarm und drehte ihn ein wenig. Er riss dem Mann so kräftig den Ärmel hoch, dass er ihm das Hemd ruinierte. Gleichzeitig zog er den Zettel mit der Nummer heraus, die Espy Martinez ihm durchgegeben hatte. Er hielt das Papier neben die blassviolette Tätowierung auf dem faltigen Arm des Mannes und sah mit einem Blick, dass sie nicht identisch waren.
    »Oh, mein Gott«, sagte er langsam.
    »Gestapo!«, schrie die Frau erneut.
    Simon Winter hatte Robinson über die Schulter gesehen, sich umgedreht und durch die zertrümmerte Tür in die Nacht

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