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Der Täuscher

Der Täuscher

Titel: Der Täuscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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- denn er ist eine meiner Rückversicherungen.
    Die ich jetzt unbedingt brauche.
    Ich habe ihn ein ganzes Jahr lang zu meinem Stellvertreter aufgebaut. Nach seinem Tod werden die fleißigen Polizisten anfangen, die Puzzleteile zusammenzusetzen.
    Nanu, wir haben den Killer/ Vergewaltiger/Kunst- und Münzendieb gefunden! In seinem Abschiedsbrief steht ein Geständnis - wie der Tod seiner Familie ihn in die Verzweiflung und zum Mord getrieben hat. Und in einer Schachtel in seiner Tasche liegt ein Fingernagel des Opfers Myra Weinburg.

    Und sieh an, was wir hier noch haben: Hohe Geldbeträge, die auf seinem Konto eingegangen und unerklärlicherweise wieder verschwunden sind. Miguel 5465 hat einen stattlichen Immobilienkredit beantragt, um ein Haus auf Long Island zu kaufen, und zwar
    207
    mit einer halben Million Eigenkapital, trotz seines jährlichen Gehalts von nur 46 000
    Dollar. Er hat die Internetseiten von Kunsthändlern besucht und sich nach Prescott-Gemälden erkundigt. Im Keller des Mietshauses finden sich Miller-Bier, Trojan-Kondome, Edge-Rasiercreme und ein Foto von Myra Wernburgs OurWorld-Bereich.
    Außerdem sind dort Bücher über das Hacken von Computern versteckt. Und USB-Sticks mit Programmen zum Knacken von Passwörtern. Er war depressiv und hat erst letzte Woche sogar bei einem Beratungsdienst für Selbstmordgefährdete angerufen und sich eine Broschüre schicken lassen.
    Und dann sind da noch seine erfassten Arbeitszeiten, die beweisen, dass er zum Zeitpunkt der Verbrechen nicht in der Firma gewesen ist.
    Volltreffer.
    Bei mir trage ich den Abschiedsbrief in seiner passabel gefälschten Handschrift - von den Kopien seiner stornierten Schecks und Darlehensanträge, die praktischerweise eingescannt wurden und online völlig ungeschützt einsehbar sind. Das Papier des Briefes entspricht der Sorte, die er vor einem Monat bei einem Laden in seiner Nachbarschaft gekauft hat, und die Tinte gehört zu einem Kugelschreibermodell, von dem er etwa ein Dutzend Exemplare besitzt.
    Und da die Polizei ganz sicher keinen Wert darauf legt, ihren wichtigsten Datendienstleister SSD mit ausgedehnten Ermittlungen zu behelligen, dürfte die Angelegenheit damit erledigt sein. Er stirbt. Fall abgeschlossen. Und ich kehre in mein Refugium zurück, prüfe die Fehler, die ich begangen habe, und arbeite daran, mich in Zukunft schlauer anzustellen.
    Aber ist das nicht eigentlich ein Grundsatz für unser aller Leben?
    Was die Durchführung des Selbstmords anbelangt, habe ich Google Earth aufgerufen und mir mit einem simplen Programm vorausberechnen lassen, welchen Weg Miguel 5465 wohl von der U-Bahn-Station aus einschlagen wird, um nach Hause zu kommen.
    Die wahrscheinlichste Strecke führt durch einen kleinen Park hier in Queens, gleich neben dem Expressway. Wegen des Verkehrslärms und des Gestanks der Dieselabgase ist dort meistens nichts los. Ich werde mich schnell von hinten nähern - er 207
    soll mich nicht erkennen und misstrauisch werden - und seinem Kopf ein halbes Dutzend Schläge mit einem mit Kugeln gefüllten Eisenrohr verpassen. Dann stecke ich ihm den Abschiedsbrief und die Schachtel mit dem Fingernagel in die Tasche, zerre ihn zum Geländer und werfe ihn auf den fünfzehn Meter tiefer gelegenen Highway.
    Miguel 5465 geht langsam und interessiert sich für die Schaufenster der Läden. Und ich bin zehn, zwölf Meter hinter ihm und lausche mit gesenktem Kopf ganz unauffällig meiner Musik, so wie unzählige andere Berufspendler auf dem Heimweg - aber mein iPod ist nicht eingeschaltet (Musik ist eines der Dinge, die ich nicht sammle).

    Der Park ist nur noch einen Block entfernt. Ich..
    Doch halt, da stimmt was nicht. Er geht nicht zum Park. Er kauft bei einem koreanischen Händler einige Blumen und biegt von der Geschäftsstraße in eine kaum bevölkerte Gegend ab.
    Ich verarbeite diese neue Information, lasse das Verhalten durch meine Wissensdatenbank laufen. Die Vorhersage erweist sich als falsch.
    Eine Freundin? Eine Verwandte?
    Wie, zum Teufel, kann es etwas in seinem Leben geben, von dem ich nichts weiß?
    Unsaubere Daten. Wie ich das hasse!
    Nein, nein, das ist nicht gut. Blumen für eine Freundin passen nicht in das Profil eines selbstmordgefährdeten Killers.
    Miguel 5465 geht den Bürgersteig entlang. Die Frühlingsluft duftet nach gemähtem Gras, Flieder und Hundepisse.
    Ah, jetzt ist alles klar. Ich atme erleichtert auf.
    Der Hausmeister geht durch das Tor eines Friedhofs.
    Na klar, seine Frau und sein Sohn.

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