Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Täuscher

Der Täuscher

Titel: Der Täuscher
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
nach asiatischen Blumen geduftet.
    Mein ursprünglicher Plan hatte nur zum Teil mit dem Harvey-Prescott-Gemälde zu tun, das sie mit viel Glück erwerben konnte (letzten Endes war es wohl doch eher Pech für sie). Sobald ich sicher war, dass sie die Lieferung erhalten hatte, wollte ich sie mit Isolierband fesseln und die nächsten paar Stunden mit ihr im Schlafzimmer verbringen. Aber sie hat alles verdorben. Gerade als ich sie von hinten packen wollte, hat sie sich umgedreht und diesen abartigen Schrei ausgestoßen. Mir blieb keine andere Wahl, als ihr kurzerhand die Kehle durchzuschneiden, mir meinen herrlichen Prescott zu schnappen und mich davonzuschleichen - gewissermaßen durchs Fenster.
    Nein, ich muss immerzu an die wirklich attraktive Alice 3895 in dem engen rosafarbenen Kleid denken, deren Haut wie ein Teehaus nach Blumen geduftet hat.
    Kurzum, ich brauche eine Frau.
    Ich schlendere den Bürgersteig entlang und beobachte die Sechzehner durch die Gläser meiner Sonnenbrille. Die Leute hingegen nehmen mich gar nicht richtig wahr. So soll es auch sein; ich möchte möglichst unsichtbar bleiben, und zu diesem Zweck gibt es keinen besseren Ort als Manhattan.
    Ich biege um Ecken, husche durch eine Gasse, kaufe etwas ein -gegen Barzahlung, versteht sich - und erreiche in der Nähe von SoHo einen kaum bevölkerten Teil der Stadt, ein ehemaliges Industriegebiet, das derzeit zu einem Wohn- und Geschäftsviertel umgebaut wird. Ganz schön ruhig hier. Das ist gut. Es kommt meiner Transaktion mit Myra Weinburg, 9834-4452-6740-3418, sehr entgegen. Ich habe diese Sechzehnerin schon eine ganze Weile im Auge.
    Myra 9834, ich kenne dich sehr gut. Die Daten haben mir alles verraten. (Ich hoffe nur, dass ich mich bloß nie vertue und jemanden laut als »Sechzehner« bezeichne. Die Sprache ist wie ein Fluss; sie fließt, wohin sie will, und falls man gegen die Strömung 33
    schwimmt, fällt man auf. Und das ist natürlich das Letzte, was ich möchte.) Ach ja, die Daten zu Myra 9834: Sie wohnt an einer Straße namens Waverly Place, Greenwich Village, in einem Gebäude, dessen Besitzer alle Mieter loswerden und die Apartments in Eigentumswohnungen umwandeln will. (Ich weiß das, aber die armen Mieter haben noch keine Ahnung, und nach ihren Einkommens und Vermögensverhältnissen zu schließen, sind die meisten von ihnen total im Arsch.) Die wunderschöne exotische dunkelhaarige Myra 9834 ist Absolventin der New York University und arbeitet hier in der Stadt seit einigen Jahren für eine Werbeagentur.
    Ihre Mutter ist noch am Leben, aber ihr Vater ist schon vor vielen Jahren bei einem Unfall mit Fahrerflucht getötet worden; die Anzeige gegen Unbekannt besteht noch immer. Die Polizei reißt sich bei derartigen Delikten nicht gerade ein Bein aus.
    Myra 9834 hat gegenwärtig keinen festen Partner und scheint generell nicht viele enge Freunde zu haben, denn sie hat sich kürzlich an ihrem zweiunddreißigsten Geburtstag bei Hunan Dynasty an der Vierten Straße West (keine schlechte Wahl) eine einzelne Portion Schweinefleisch Mu Shu geholt und sich dazu einen weißen Caymus Conundrum gegönnt (achtundzwanzig Dollar beim überteuerten Village Wines).
    Offenbar als Nachfeier und zum Ausgleich für den einsamen Abend folgte am Samstag ein Ausflug nach Long Island, wohin am selben Tag auch einige ihrer Angehörigen und Bekannten gefahren waren. Dafür spricht auch die stattliche Rechnung, unter anderem für reichlich Brunello, aus einem Restaurant in Garden City, von dem Newsday in höchsten Tönen schwärmt.
    Myra 9834 schläft in einem T-Shirt von Victoria's Secret. Ich folgere das aus der Tatsache, dass sie fünf dieser Kleidungsstücke besitzt, aber alle in Übergröße, sodass sie sie nicht in der Öffentlichkeit tragen kann. Sie steht früh auf und beginnt den Tag mit Blätterteiggebäck von Entenmann's (niemals fettreduziert, ich bin richtig stolz auf sie) und einem frisch aufgebrühten Becher Kaffee. Obwohl sie dafür Bohnen der Marke Starbucks bevorzugt, trifft man Myra 9834 nur selten in den entsprechenden Cafes an.
    33
    Das ist schade, denn ich nehme die Antilopen, die ich mir ausgesucht habe, gern leibhaftig in Augenschein, und dafür eignet sich kaum ein Ort in der Savanne so gut wie Starbucks. Gegen acht Uhr zwanzig verlässt sie ihre Wohnung und fährt zur Arbeit nach Midtown - in die Agentur Maple, Reed & Summers, wo sie dem mittleren Management angehört.
    Munteren Schrittes setze ich meinen Weg fort und trage dabei eine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher