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Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel

Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel

Titel: Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Halperin
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welche Knöpfe ich gedrückt habe. Zu meiner Erleichterung – oder vielleicht auch zu meiner Enttäuschung – fuhr ich nicht
abwärts, abwärts, abwärts. Der Fahrstuhl erzitterte und blieb stehen. Ich dachte schon, ich würde zwischen zwei Stockwerken feststecken. Dann kam er wieder in Bewegung und hielt im Erdgeschoss. Drei junge Männer, die wie Studenten aussahen, stiegen ein. Ich drückte noch mal auf die »2«.
     
    Ich war noch nie im Archiv Seltener Bücher gewesen und war neugierig und ein bisschen aufgeregt, was ich dort finden würde. Am Eingang war ein Drehkreuz. Kurz hinter dem Drehkreuz, links, befand sich ein Schreibtisch mit einem Schild, auf dem J. MARGULIES stand, und hinter dem Schreibtisch waren mehrere große Aktenschränke. Niemand saß an diesem Tisch und auch nicht am großen Lesetisch in der Mitte des Raumes. Reihenweise Bücher waren durch einen dicken Maschendraht gesichert, vom Boden bis zur Decke. Keine Fenster, keine Spur von Leben.
    Ich sollte gehen, dachte ich, und später wiederkommen.
    Doch das Drehkreuz wollte sich nur in eine Richtung drehen. Mir war nicht danach zumute, einfach darüber hinwegzuklettern. Am besten wartete ich einfach, bis dieser »J. Margulies« auftauchte.
    Gerahmte Ausstellungsstücke hingen an den Wänden, Blätter aus alten Manuskripten und Büchern. Eines davon fiel mir besonders ins Auge. Die Seite im Rahmen war etwa dreißig mal fünfundvierzig Zentimeter groß. Das hübsch kolorierte Bild in der Mitte war von dichten Linien einer zarten, wogenden Schrift eingefasst, die ich für Arabisch hielt. Im Zentrum des Bildes war etwas, das wie ein geflügeltes Pferd mit menschlichem Gesicht aussah und durch den Nachthimmel flog. Der Reiter trug einen Turban und eine reich verzierte, flatternde Robe. Über Pferd und Reiter funkelten enorm große Sterne am tiefblauen Himmel.

    Das Ausstellungsstück rechts davon war nicht minder interessant. Auch hier war das Bild in der Mitte von der geheimnisvollen, zarten Handschrift eingefasst. Eine üppige Frau mit riesigen dunklen Augen und wallend schwarzem Haar griff nach der Kleidung eines kleineren, jüngeren Mannes. Der Maler hatte beide kunstvoll ausstaffiert und es doch geschafft, einen Großteil der weiblichen Brust unbedeckt zu lassen.
    Ich sah mir das Bild genauer an. Dann las ich die Erläuterungen. Unter der geflügelten Kreatur, die mir zuerst aufgefallen war, stand: Miraj Nameh, Persien, 14. Jahrhundert. Unter dem anderen Bild stand: Josef und Suleika, Mogul-Indien, 16. Jahrhundert.
    »Kann ich dir helfen?«
    Erschrocken fuhr ich herum und sah einen Mann über mir aufragen. Das zumindest war mein erster Eindruck. Ich brauchte einen Moment, bis ich merkte, dass er ein Junge war, nur ein paar Jahre älter als ich. Er war groß, weit über eins achtzig, und außergewöhnlich dünn. Er hatte braunes Haar und leicht vorstehende Zähne, war ordentlich gekleidet, mit blauem Blazer, dunkler Krawatte und weißem Hemd, das kräftig gestärkt aussah. Wie er mir so nah kommen konnte, ohne dass ich ihn gehört hatte, war mir ein Rätsel.
    »Kann ich dir helfen?«, fragte er noch einmal.
    »Ja, sicher.« Mehr brachte ich nicht heraus. Um nichts in der Welt wollte mir einfallen, weshalb ich hierhergekommen war. Doch plötzlich wusste ich es wieder. »Man hat mir gesagt, ich könnte hier jüdische Kalender finden.«
    »Jüdische Kalender? Du meinst diese Dinger, die Bestattungsunternehmen herausgeben? Was willst du denn damit?«
    Mit dieser Frage hatte ich nicht gerechnet. Durfte ich ihm erzählen, dass ich einen Mondkalender brauchte, um »die Tage rückwärtszuzählen«, in Mondzyklen, im 29-Tage-Rhythmus?
Der Einbruch … die UFO-Begegnung … und immer so weiter, rückwärts durch die Zyklen, durch die Jahre, bis irgendwelche unerklärlichen Ereignisse in ein Muster passten? Unmöglich. Die würden mich sofort in eine Zwangsjacke stecken.
    »Vergiss es. Geht mich gar nichts an, oder?« Er warf sich auf den Drehstuhl hinterm Schreibtisch mit dem Schild J. MARGULIES, kreiselte damit herum und fing an, eine der Schubladen zu durchwühlen. »Welche Jahre suchst du?«
    »Oh …« Alle bis zum Jahr 1947, wollte ich gerade sagen. Damals wurden die ersten UFOs gesichtet, zweieinhalb Jahre vor meiner Geburt. Aber er blickte zu mir auf und runzelte misstrauisch, wie ich fand, die Stirn, sodass es mir klüger schien, nicht allzu viel zu verlangen. »Versuchen wir es mal mit den letzten paar Jahren. Angefangen mit

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