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Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel

Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel

Titel: Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Halperin
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der Luft hing. Sollte ich fallen, bliebe ich auf ewig liegen, zerschmettert auf dem Stein. Niemand würde helfen. Niemand würde es bemerken.
    Mit meinem pochenden Fuß tastete ich die Wand ab, fand Halt, verlor ihn wieder. Die Finger meiner Linken wurden schwach. Ich spürte, wie sie abrutschten. Ich ließ das Buch los.
    In den anderthalb Sekunden, in denen es fiel – meine freie Hand Halt suchend an einem Felsvorsprung, mein Leben, wenn auch in Gefahr, wieder ganz in meiner Gewalt –, fühlte ich alles, was mit ihm verloren ging. Die Geheimnisse, das Wissen, die Macht. Schlimmer noch waren der Schmerz und das Blut, das vergossen worden war, um alledem auf die Spur zu kommen. Das Blut von Morris Jessup, von Tom Dimitrios, möglicherweise von Julian und Rochelle – und jetzt mein eigenes. Alles vergebens, vergeudet, für immer verloren.
    Ich hörte das Platschen. Ich wusste, was ich sehen würde, wenn ich nach unten blickte: Die Seelen zerstreuten sich wie das Wasser, wenn etwas Schweres hineinfällt. Und würden gleich zurückkommen, genau wie Wasser, als sei nichts gewesen.
    Ich wollte nicht hinsehen. Ich schloss die Augen, presste meine Wange an den nassen Fels. Meine Benommenheit verflog. Nach einer Weile lockerte ich meinen Griff und fing wieder
an zu klettern. Ich hielt meinen Blick auf den Tunneleingang gerichtet, nur noch knapp zwei Meter über mir.
    Um mir Mut zu machen, rezitierte ich aus den Psalmen:
    Von David, ein Wallfahrtslied.
Ich freute mich über die, die mir sagten:
Lasset uns ziehen zum Haus des Herrn.
Nun stehen unsere Füße in deinen Toren,
Jerusalem …

KAPITEL 25
    Das Licht vom Quell der Seelen wurde schwächer und verging. Stundenlang kroch ich durch das Dunkel des Tunnels aufwärts. Dann kam ein Licht von oben, das heller wurde, je weiter ich kletterte.
    Die letzten drei Meter waren fast senkrecht. Ganz oben – ein stabiles Metallgitter, über der Öffnung verschraubt.
    Sinnlos, dachte ich. Hoffnungslos. Nie im Leben würde ich da rauskommen.
    Lass los. Lass dich wieder in die Quelle fallen. Trink ihr Wasser bis in alle Ewigkeit.
    Wer hatte diese Worte geflüstert?
    Meine letzte Nachricht von der Mondfrau?
    Egal, ich hörte besser gar nicht hin. Ich zog mich hoch, stützte mich mit den Knien an der einen Wand des Schachtes ab und mit den Schultern an der anderen. Mit beiden Händen schlug ich gegen die Unterseite des Gitters. Die Schrauben – größtenteils verrostet – lösten sich beim dritten Versuch. Ich schob das Gitter beiseite. Ich zog mich in eine kleine Felsenhöhle hinauf, deren Boden mit weißem Marmor gepflastert
war. Eine elektrische Lampe leuchtete schwach über meinem Kopf. Ein paar Stufen führten nach oben.
    Nackt stieg ich heraus.
     
    Wie ein Pilger umkreiste ich den Fels, dem ich entstiegen war. Die goldene Kuppel ragte über mir auf. Weicher Teppich umschmeichelte meine nackten Füße. Riesige goldene Buchstaben, in einer Schrift, die ich als Arabisch erkannte, umspannten den Fuß der Kuppel. Es war die falsche Stadt – das jordanische Jerusalem, nicht das israelische. Die Stadt und Welt meiner Feinde, in der ein Mensch meiner Herkunft nichts zu suchen hatte. Aber zumindest war es eine Stadt der Menschen, in der es Sprachen gab und Dinge Namen hatten.
    Ich dachte an das geflügelte Pferd und die Nachtreise. Ich dachte an das Bild, das im Archiv Seltener Bücher in der Bibliothek von Philadelphia hing, wo meine eigenen Nachtreisen begonnen hatten. Ich staunte darüber, dass ich tatsächlich hier war, dass ich geflogen war wie der Prophet auf seinem geflügelten Pferd. Ich stellte mir vor, wie ich über den verzierten, hölzernen Zaun sprang, der den Felsen schützte, wie ich über den rauen Stein kletterte, auf der Suche nach seinem Fußabdruck. Wenn ich ihn gefunden hatte, würde ich fünf Meter hoch springen und mir das Ende der goldenen Kette greifen, die von der Mitte der Kuppel herabhing. An dieser Kette hängend, würde ich Schwung nehmen und mich in den Himmel erheben. Ich war frei, wiedergeboren. Alles war möglich.
    Es muss spät gewesen sein. Das Gebäude war fast leer. Ein Wächter saß am Eingang auf einem Klappstuhl, ein großer Mann, der einen langen grauen Kaftan trug, mit einem Gürtel um den Bauch. Eine weiße Kufiya saß auf seinem Kopf, fiel auf seine Schultern. Seine Finger spielten mit einer Perlenkette auf dem Schoß. Er sah mich an.

    Eilig bedeckte ich meine Blöße mit den Händen und schrie auf. Glücklicherweise hörte er

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