Der Tag, an dem du stirbst
beweist, dass sie Insiderkenntnisse hatte, nämlich durch ihren Job in der Leitstelle eines Polizeireviers.»
«Es könnte aber auch sein, dass unsere Täterin online Köder ausgelegt hat», gab Phil zu bedenken. «Auf dieser Spiele-Website etwa. Sie hat sich an registrierte Nutzer gewandt, und der erste, der ihr einen Porno zukommen ließ, wurde ihr nächstes Ziel.»
«Deshalb brauchen wir alle elektronischen Geräte», sagte D.D. zu Neil und Phil. «Barry unterscheidet sich in mancher Hinsicht von unseren ersten beiden Opfern. Er war jung, ein unbeschriebenes Blatt und so weiter. Wenn es uns gelingt, eine Beziehung zu den ersten beiden Opfern herzustellen, beantworten sich manche Fragen von selbst.»
«Wir sollten uns sein Smartphone genauer anschauen», meinte O. «Mich würde zum Beispiel interessieren, ob er schon einmal die 911 gewählt hat, und wenn ja, wann.»
D.D. verdrehte wieder die Augen, denn die Kollegin von der Sitte dachte immer nur an eines. «Das bringt mich auf unser eigentliches Thema. Wie könnten wir Charlene Grant überführen und den Fall zum Abschluss bringen?»
«Endlich!»
«Ich schlage Folgendes vor», sagte D.D. und schaute dabei Neil und O an. «Zugegeben, wir haben es mit einer Verdächtigen zu tun, der zuzutrauen ist, dass sie die Flucht ergreift, sobald wir ihr auf den Pelz rücken. Darum ist Vorsicht geboten. Wir könnten ihr einen Beschluss vorlegen und die 22er konfiszieren mit der Begründung, dass sie der Personenbeschreibung der Täterin entspricht. Wir hätten dann zwar vielleicht die Tatwaffe, aber Charlene Grant würde uns wahrscheinlich durch die Lappen gehen. Oder wir warten, bis sie um 23:00 Uhr ihre Nachtschicht in der Leitstelle von Grovesnor antritt, und holen uns die Waffe einfach ohne Beschluss.»
Detective O versuchte, dieser Logik zu folgen. «Es scheint, dass sie ihre Waffe immer bei sich trägt», meinte sie. «Wie gestern, als sie direkt von der Arbeit zu uns kam. Das bedeutet …»
«Sie verstößt damit gegen die Regeln einer jeden Polizeidienststelle», führte D.D. aus. «Die Kollegen von Grovesnor hätten allen Grund, ihr die Waffe abzunehmen und ein paar Tests daran vorzunehmen. Die Ballistik könnte feststellen, ob die sechs Geschosse, die wir an drei verschiedenen Tatorten sichergestellt haben, aus Charlenes Taurus stammen.»
«Das wird sie nicht zulassen», warnte O. «Sie ist überzeugt davon, sich am Einundzwanzigsten, also morgen, mit ihrer Waffe schützen zu müssen.»
D.D. zuckte mit den Achseln. «Dann sollte sie noch einmal nachlesen, was ihr Arbeitgeber dazu sagt. Ihr Fehler, unsere Chance.»
O nickte. «Clever», kommentierte sie, was D.D. als Kompliment hätte auffassen können, wenn die schöne junge Kollegin nicht so überrascht geklungen hätte.
«Naja.» D.D. sammelte ihre Unterlagen ein, stauchte sie hochkant zu einem ordentlichen Stapel und stand auf. «Wenn wir heute Nachmittag mit ihr sprechen, bleibt das, was wir vorhaben, unser kleines Geheimnis.»
«Wir sprechen mit ihr heute Nachmittag? Warum?», fragte O. «Wir haben nicht einmal eine Rückmeldung von der Facebook-Seite. Die spricht sich gerade erst herum. So schnell das in der Regel auch geht, glaube ich trotzdem kaum, dass die Zeit reicht. Morgen um 20:00 Uhr ist es schließlich schon so weit.»
«Es geht nicht um die Facebook-Seite. Ich habe Neuigkeiten für Charlene, und die wird sie sich nicht entgehen lassen wollen.»
Neil war ebenfalls aufgestanden. «Weißt du etwa, wer ihre Freundinnen umgebracht hat?», fragte er.
«Nein. Aber ich habe ihre Mutter ausfindig gemacht.»
Fürchteten alle Töchter ihre Mütter? Diese Frage beschäftigte D.D. nicht erst seit dem Frühstück mit ihren Eltern. Jetzt, drei Stunden später, konnte sie kaum noch entscheiden, welche Demütigung für sie die schlimmste gewesen war. Vielleicht war es der Moment, als sie im Foyer des Weston Hotels in Waltham aufgetaucht war und ihre Mutter sie gefragt hatte: «Ist das nicht dasselbe Outfit, das du schon gestern anhattest, Liebes?»
D.D. hatte gar nicht daran gedacht, die Garderobe zu wechseln. In ihrem Job musste sie so häufig die Nacht zum Tag machen, dass sie sich um solche Dinge nicht weiter kümmerte. Ihr Vater hatte immerhin Verständnis anklingen lassen, als sie das erklärte. Bei Tisch hatte sie dann ihrer Mutter mitteilen müssen, dass sich Alex entschuldigen lasse, weil er unterrichten müsse, und Jack bei der Tagesmutter sei.
Ihre Mutter hatte daraufhin wieder diese
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