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Der Tag, an dem du stirbst

Der Tag, an dem du stirbst

Titel: Der Tag, an dem du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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nicht zu verschrecken. Als Kolleginnen sollten wir uns unterstützen und nicht gegenseitig sabotieren.»
    «Aber es hat doch funktioniert», entgegnete Detective O kühl. «Sie verliert die Nerven. Und Sie haben es gehört, sie hat kein Alibi für letzte Nacht. Zum Teufel, ja, sie fühlt sich hilflos, will andere Kinder retten, und der Polizei sind die Hände gebunden. Bla, bla, bla. Das wollte sie uns mitteilen. Für uns kommt es jetzt darauf an, ihr begreiflich zu machen, dass es besser für sie ist zu gestehen.»
    «Vielleicht», murmelte D.D., aber überzeugt davon war sie nicht. Sie griff nach einem Stift und tippte mit dem Radiergummiende auf die Tischplatte aus poliertem Ahorn. «Wenn Charlie aufgrund ihrer Vergangenheit zur Mörderin wurde», überlegte sie laut, «was könnte sie dann selbst zum Ziel eines Mordanschlags machen?»
    «Wie meinen Sie das?»
    «Wir haben zwei Ermittlungsverfahren, die uns auf ein Thema hinführen: Charlene Rosalind Carter Grant. Um die Sache noch ein bisschen zu verkomplizieren, taucht sie zum einen als Hauptverdächtige einer Mordserie auf, zum anderen als mögliches Opfer einer anderen Mordserie. Sie erschießt Päderasten und zählt die Tage bis zu dem befürchteten Mord an ihr selbst. Dahinter steckt irgendeine verrückte Logik, die sich mir einfach nicht erschließen will.»
    «Dass ihre Freundinnen getötet wurden, hat mit Charlenes Vergangenheit womöglich gar nichts zu tun.»
    D.D. zog eine Braue in die Stirn. «Glauben Sie etwa, sie zieht Psychopathen einfach so magnetisch an? Zuerst ihre Mutter, dann irgendeinen Fremden, der beschlossen hat zu töten, was ihr am Herzen liegt?»
    O zuckte mit den Achseln. «Ist die Mutter wirklich tot?»
    «Die beiden eintätowierten Namen Rosalind und Carter und der ananasförmige Leberfleck identifizieren ihre Leiche ziemlich eindeutig, oder?»
    «Na schön, die Mutter ist also tot. Sie war psychisch schwer gestört, und Charlene behauptet, der Rest ihrer Familie sei völlig normal. Nur, durch Boston zu rennen und Päderasten abzuknallen kann beim besten Willen nicht als normal angesehen werden.»
    «Sie meinen, vielleicht ist auch die Tante gestört?», fragte D.D.
    «Bei zwei eindeutig Verrückten in der Familie liegt die Vermutung nahe, dass auch noch ein drittes Mitglied nicht sauber ticken könnte.»
    «Ich erinnere mich an eine Familie, in der zwei Brüder zu Serienmördern wurden. Übrigens begingen sie ihre Verbrechen völlig unabhängig voneinander.»
    «Und es soll auch Fälle gegeben haben, in denen Familienangehörige im Team töteten.»
    «Würden Sie sich die Tante vorknöpfen?», fragte D.D. und rückte vom Tisch ab.
    «Kann ich machen. Da sie in der Stadt ist, ließe sich ein Vieraugengespräch arrangieren. Was machen Sie währenddessen?»
    «Nach Hause gehen und Schlaf nachholen.» An dem Gespräch mit der Tante hätte D.D. gern teilgenommen, aber sie konnte ihre Augen kaum offen halten und war so angeschlagen, dass ein sinnvoller Beitrag kaum möglich sein würde. Außerdem hatte sie ihr Team darauf hingewiesen, dass ihnen in diesem Fall ein Marathon bevorstünde, kein Sprint. Vielleicht war es an der Zeit, dass sie ihren eigenen Rat befolgte.
    Ganz zu schweigen davon, dass morgen der Einundzwanzigste war. Endspieltag. Dafür musste sie frisch und ausgeruht sein.
    «Ja, ich werde versuchen, ein paar Stunden zu schlafen, und dann Jack von der Tagesmutter abholen», beschloss D.D.
    «Kommen Sie danach zurück ins Büro?», fragte O.
    «Eventuell nach dem Abendessen. Vielleicht hat sich bis dahin unser Handschriftenexperte gemeldet. Und von Neil und Phil müsste der Bericht über ihren Besuch bei der Familie des dritten Opfers vorliegen. Oh, fast hätte ich’s vergessen. Die Kollegen in der Leitstelle von Grovesnor sind anzuhalten, dass sie Charlenes Waffe sicherstellen. Eines ist gewiss …» D.D. stand auf und schaute auf die Uhr. «… für Charlene Grant läuft die Zeit ab.»

[zur Inhaltsübersicht]
    31. Kapitel
    Neun Uhr Freitagabend. Noch dreiundzwanzig Stunden.
    Sonne längst untergegangen. Temperaturen im Keller. Schwarzer Himmel.
    Meine Tante hatte sich ein Hotelzimmer genommen. Tulip, der Hund, der nicht meiner war, streunte, wer weiß wo, herum. Ich lud meine Waffe und entlud sie wieder.
    Ich dachte an meine Mom. Versuchte krampfhaft, mich an die zwei kleinen Geschwister zu erinnern, die Schwester und den Bruder, die nie eine Chance gehabt hatten. Das Gedächtnis ist ein Muskel, und in meinem Fall war

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