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Der Tag, an dem du stirbst

Der Tag, an dem du stirbst

Titel: Der Tag, an dem du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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Und was können Sie dagegen tun? Sie notieren sich Namen und Telefonnummern. He, meine Kleine, dein Leben ist die reinste Hölle. Aber lass dich nicht entmutigen, ich mache mir eine Aktennotiz. Ich wette, nach Dienstschluss sind Sie es leid, immer nur passiv zuzuhören, und brennen darauf, in Aktion zu treten. Im Unterschied zu den Cops sind Ihnen die Hände schließlich nicht gebunden. Sie können etwas tun.»
    Zu spät bemerkte ich, dass sie mich in eine Falle gelockt hatte. Verzweifelt versuchte ich, gedanklich zurückzurudern und mich an den Wortlaut ihrer Fragen und an meine Antworten zu erinnern. Aber mein Gedächtnis ließ mich auch jetzt im Stich, und es war ohnehin zu spät.
    Detective O stand anscheinend voll unter Dampf. «Wann haben Sie zum ersten Mal den Entschluss gefasst, dass wenigstens ein Miststück den Tod verdient hat? Wie haben Sie Ihr Ziel ausgesucht? Hat ein bestimmter Anruf das Fass zum Überlaufen gebracht? Oder hat Ihnen ein uniformierter Kollege von einem Vorfall berichtet, der ihm an die Nieren gegangen ist, weil wieder eines der Schweine davongekommen ist? Vielleicht wurden Sie durch einen solchen Vorfall an etwas erinnert, das Sie lieber ein für alle Mal vergessen hätten. Sie haben zwar Ihre Vergangenheit erfolgreich verdrängt, aber manches lässt sich offenbar wieder vergegenwärtigen … wie die Wohnung Ihrer Kindheit, die Behälter im Wandschrank und dass Ihnen niemand geholfen hat.»
    «Ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen.»
    «Wie hat es sich angefühlt, als Sie endlich ein Kind retten konnten? Das muss doch großartig gewesen sein, oder? Nur keine Scheu, erzählen Sie uns davon. Für so etwas haben wir vollstes Verständnis. Es gibt einfach Dinge, die getan werden müssen.»
    Ich rang um Beherrschung, hob das Kinn und straffte die Schultern. Detective O sondierte mich mit ihren Blicken. Ich zwang mich, ihr in die Augen zu schauen.
    «Sie kennen mich nicht.»
    «Ich glaube doch. Die Frage ist, wie gut kennen Sie sich selbst?»
    «Es reicht, ich gehe jetzt.» Ich griff nach meiner Umhängetasche.
    «Sie laufen wieder davon.»
    «Liegt ein Haftbefehl gegen mich vor?»
    «Ausweichen. Fliehen. Etwas Besseres fällt Ihnen nicht ein.»
    «Ich war noch ein Kind!»
    «Woher wissen Sie, dass die Kinder erstickt wurden?»
    Ich war aufgestanden, hielt den Gurt meiner Umhängetasche umklammert und bemerkte plötzlich, dass Detective O ihre Frage nicht an mich, sondern an D.D. gerichtet hatte.
    «Ich habe mich über das Münchhausen-Syndrom schlaugemacht. Fälle, in denen eine Mutter eines ihrer Kinder misshandelt und die anderen heimlich getötet hätte, sind mir nicht begegnet. Wohl aber solche, in denen eine Mutter, die, um Aufmerksamkeit zu erregen, einen Riesenwirbel um ihre Schwangerschaft gemacht hatte, das Neugeborene erstickte und dann behauptete, es sei den plötzlichen Kindstod gestorben. Anschließend großes Drama, eine Flut von Beileidsbekundungen, fürsorgliche Zuwendung aus der ganzen Nachbarschaft. Man kann in etwa nachvollziehen, wie so etwas auf eine Frau mit einer solchen Störung wirkt. Und dass sie sich ermutigt sieht, immer und immer wieder so zu handeln.
    Aber wie gesagt, dass eine Mutter mit diesem Syndrom heimlich ihre Kinder tötet, ist untypisch. Wäre auch unlogisch. Wo bliebe die öffentliche Unterstützung, die emotionale Genugtuung? In dem Zusammenhang frage ich mich, an welcher entscheidenden Stelle Charlene sonst noch von ihrem Gedächtnis im Stich gelassen wird. Mir scheint, da ist noch etwas, das wir wissen sollten.»
    «Ich hätte nie …»
    «Schauen Sie mich an, Charlene!» Detective O kam plötzlich um den Tisch herum und baute sich vor mir auf. «Schauen Sie mich an und sagen Sie mir, dass Sie kein Killer sind.»
    Ich öffnete den Mund. Ich schloss ihn, machte ihn wieder auf. Ein Wort ging mir über die Zunge, doch es war keines, das ich hätte aussprechen wollen.
    «Abigail», flüsterte ich.
    «Was ist mit ihr?»
    «Abigail», wiederholte ich betroffen. Ich hob meine Hand, als versuchte ich, nach jemandem zu greifen, der nicht da war.
    «Charlene …», setzte Detective Warren neu an.
    Aber ich hörte nicht mehr hin und sprang auf. Es lag kein Haftbefehl gegen mich vor. Sie konnten mich nicht festnehmen, mich nicht aufhalten.
    Mir schwante, dass ich nur noch diese einzige Chance hatte.
    Nach einem Jahr intensiven Trainings hatte ich leichtes Spiel mit meinen Gegnerinnen. Danach war ich auf und davon.

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