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Der Tag, an dem du stirbst

Der Tag, an dem du stirbst

Titel: Der Tag, an dem du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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sie ein gutes Kind gewesen sei. Sie meinte, Rosalind und Carter könnten die Mutter womöglich dermaßen strapaziert haben, dass ihr die Nerven durchgegangen sind.» Sie schaute ihre Partner an. «Es sieht alles danach aus, dass die Mutter ihr genau diese Geschichte erzählt hat. Die Moral: Sei brav, und ich lass dich leben. Fällst du mir jedoch auf den Wecker …»
    «Irgendwann aber hat sich Abigail anscheinend gegen ihre Mutter gewandt», spekulierte Phil. «Wie du schon sagtest: Wahrscheinlich hat sie sie getötet.»
    «Ja. Man stelle sich vor, acht Jahre lang war Charlene das Hauptangriffsziel ihrer Mutter, die sie nach Belieben geschunden hat und von den Ärzten wieder zusammenflicken ließ. Haltet ihr für möglich, dass Mommy Grant nach dem Verlust ihrer ältesten Tochter ihr Münchhausen-Syndrom überwunden hat? Wohl eher nicht. Ich glaube, sie hat auf Tochter Nummer zwei herumgehackt. Soll heißen, von da an musste Abigail Glasscherben schlucken und Rohrreiniger trinken. Sie musste am eigenen Leib erfahren, wie sehr die Liebe einer Mutter schmerzen kann.»
    D.D. seufzte und schlug einen nüchterneren Ton an. «Leidtragende von Münchhausen-Syndrom-Kranken sind in der Regel sehr kleine Kinder. Säuglinge, Krabbelkinder, die nicht in der Lage sind, sich zu verteidigen. Aber Abigail wurde älter; irgendwann hat sie es sich nicht mehr gefallen lassen, von der Mutter die Finger in der Tür eingequetscht zu bekommen. Sie kannte wahrscheinlich irgendwann selbst ein paar wirksame Tricks. Weiß Gott, sie hatte eine verteufelt gute Lehrerin.»
    D.D. wandte sich an Phil. «Bevor wir eine Kollegin des mehrfachen Mordes bezichtigen, sollten wir absolut wasserdichte Beweise vorlegen können. Zuerst einmal müssen wir klären, wie aus Abigail Grant Ellen O wurde.»
    «Ja, ja, aber zaubern kann ich auch nicht. Ich hatte …» Phil blickte auf seine Uhr. «… zwanzig Minuten, um dieser Frage nachzugehen. Erschöpfend beantworten kann ich sie nicht. Vermutlich ist Ellen O ein angenommener Name und als solcher bereits längere Zeit amtlich. Ich habe eine Sozialversicherungsnummer ausgegraben, einen Führerschein, Kontoauszüge und Studienbelege von der University of Denver. Nach der Länge der Papierspur zu urteilen, war Abigail noch ein Teenager, als sie den Namen Ellen O angenommen hat. Das heißt, sie wurde entweder adoptiert oder frühzeitig für voll geschäftsfähig erklärt, womit sie freie Namenswahl hatte. Ich bin noch dabei, Unterlagen verschiedener Familiengerichte zu sichten, hatte aber bislang wenig Glück.»
    «Gibt es keine Angehörigen, Freunde oder Bekannten, die mehr über sie wissen?», fragte Neil.
    «Davon steht hier nichts drin», antwortete Phil und hob Os Personalakte in die Höhe. «Unter der Rubrik ‹Im Notfall zu informieren› steht die Telefonnummer einer Holding, die unter anderem als Eigentümerin des Apartmentblocks firmiert, in dem sie wohnt. Ich glaube, man kann behaupten, dass Abigail oder O offiziell sehr allein ist auf der Welt.»
    «Aber warum erschießt sie Päderasten?», fragte Neil stirnrunzelnd. «Nach ihrer Familiengeschichte könnte man ja noch irgendwie nachvollziehen, dass sie sich an der älteren Schwester rächen will und, nun ja, vielleicht auch an deren besten Freundinnen. Aber wieso an Päderasten?»
    D.D. versuchte sich an einer Erklärung. «Vielleicht folgt sie zwei unterschiedlichen Agenden. Was sie den Freundinnen angetan hat und für Charlene in petto hält, ist für sie eine sehr intime, gewissermaßen ritualisierte Form von Vergeltung. Sie will ihre ältere Schwester bestrafen, die sie ihrem Verständnis nach im Stich gelassen hat. Darüber hinaus versucht sie, eine von Missbrauch geprägte Jugend zu bewältigen, indem sie von der Opfer- in die Täterrolle schlüpft. Dass sie auf Päderasten Jagd macht, ist vielleicht ein Ergebnis ihrer Vorstellung von Stressmanagement. Sie will nicht länger tatenlos mit ansehen müssen, wie sich vorbestrafte Sexualstraftäter ein ums andere Mal an Kindern vergreifen. In dem Zusammenhang fällt mir ein, O unterstellte Charlene, sie identifiziere sich allzu sehr mit den Opfern und hasse es, sich machtlos zu fühlen. Im Rückblick glaube ich, dass sie tatsächlich von sich gesprochen hat. Auch sie identifiziert sich allzu sehr mit den Opfern und ist es leid, sich hilflos zu fühlen.»
    «Was hat es mit diesen anonymen Nachrichten auf sich? Irgendwann muss jeder sterben  …»
    «Nach Auskunft von Charlene Grant war das ein

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