Der Tag, an dem du stirbst
Fahrertür, und die Hündin, die heraussprang, war definitiv meine, denn sie strich mir sichtlich beglückt um die zitternden Beine. Ich hob sie auf und drückte sie an mich. Es tat mir alles so schrecklich leid. Tom und meine kleine Schwester, die ich so sehr geliebt hatte und trotzdem nicht retten konnte. Aber das Unverzeihlichste war, dass meine Tante nun für meine Sünden büßen musste, obwohl sie es immer nur gut gemeint hatte.
Ich verriegelte den Streifenwagen wieder. Er war mir zu auffällig.
Stattdessen nahm ich Toms dunkelgrünen Ram Truck. Ich öffnete beide Türen. Tulip nahm auf dem Beifahrersitz Platz.
Wir machten uns auf den Weg durch die Nacht.
Zwanzig Jahre später. Einst Opfer, jetzt Vorhut.
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40. Kapitel
D.D. rief Neil und Phil zu einer außerordentlichen Lagebesprechung in ihr Büro. In spätestens einer halben Stunde würde sie ihren direkten Vorgesetzten, den stellvertretenden Leiter des Morddezernats, über die jüngsten Entwicklungen und ihren Verdacht gegen die Kollegin Detective O unterrichten müssen. Aber vorher wollte D.D. ihre Hausaufgaben erledigt haben.
Sie kam gleich zur Sache. «Wo steckt Detective O, was hat sie getan, und warum sind wir ihr nicht schon früher auf die Schliche gekommen?»
Phil antwortete als Erster. Da sie ihr Handy anscheinend ausgeschaltet habe, auf Pager-Rufe nicht reagiere geschweige denn von sich aus Kontakt mit der Leitstelle halte, sei wohl davon auszugehen, dass sie auf eigene Faust handele. Offiziell werde noch nicht nach ihr gesucht, aber die Kollegen auf Streife seien angewiesen, Ausschau nach ihr und ihrem Vic Crown zu halten.
In der Zwischenzeit hatte sich Phil ihre Personalakte vorgenommen, die schnell gelesen war, weil Detective O erst ein paar Dienstjahre auf dem Buckel hatte. Angefangen hatte sie in einem kleinen Vorstadtrevier und war erst vor zwei Jahren in die Bostoner Polizeizentrale versetzt worden. Man kannte sie als fleißige und gewissenhafte Kraft, ein bisschen rigoristisch vielleicht und nicht besonders einfühlsam im Umgang mit anderen, aber durchaus erfolgreich auf ihrem Gebiet, das alles andere als leicht zu bearbeiten war.
Ihre jährlichen Bewertungen ließen an keiner Stelle erkennen, dass sie eine tickende Zeitbombe sein könnte.
«Andererseits hat sie insgesamt acht Jahre in Colorado gewohnt, übrigens zur selben Zeit, als Charlene in Arvada Notrufe entgegennahm und Christine Grant spurlos verschwand.»
«Oh, Mann. Das passt alles zusammen. Ich wette, Kollegin O alias Abigail hat ihre eigene Mutter umgebracht, und zwar genau so, wie diese nach Os Beschreibung ihre Kinder getötet hat, nämlich indem sie ihr ein Kissen auf das Gesicht drückte.»
«Warum?», fragte Neil.
«Das wird sie uns beantworten müssen.» D.D. kaute auf ihrer Unterlippe. «Wir brauchen Charlene. Wir brauchen weitere Informationen über die Zeit vor zwanzig Jahren. Damals muss etwas passiert sein. Kann sein, dass die Mutter ihre Tochter Charlene nicht nur missbraucht, sondern tatsächlich zu töten versucht hat, dann in Panik geraten und zusammen mit dem jüngeren Kind getürmt ist.»
«Eins verstehe ich nicht», sagte Neil. «Wie konnte Charlene ihre jüngere Schwester vergessen? Und wie ist es möglich, dass der Polizei, die diesen letzten Vorfall untersucht hat, nicht aufgefallen ist, dass es noch ein weiteres Kind gibt?»
D.D. zuckte die Schultern. «Wir wissen inzwischen, dass Christine Grant zwei Babys hatte, für die nie eine Geburtsurkunde ausgestellt wurde. Charlenes jüngere Schwester Abigail scheint ebenfalls heimlich zur Welt gebracht worden zu sein. Was mich an den Polizeiberichten am meisten verwundert hat, ist, dass die Bleibe aussah, als habe nie eine Familie darin gewohnt. Keine Spielsachen, keine Kleider, kein … Plunder. Es scheint, Mommy Grant war nicht nur psychisch krank, sondern total verrückt, also nicht in der Lage, für sich oder andere zu sorgen. Ich frage mich, wie viel Verantwortung auf den Schultern der achtjährigen Charlene lastete. Und zum Lohn dafür wurde sie niedergestochen und halbtot zurückgelassen. Dass sie an diese Zeit nicht gern erinnert wird, erscheint mir nur allzu verständlich.»
«Christine Grant war also dermaßen durch den Wind, dass sie zwei Babys tötete, scheint sich aber immerhin doch noch aufgerafft zu haben, zwei weitere Kinder großzuziehen», fasste Neil zusammen, verriet aber unmissverständlich Skepsis.
D.D. dachte nach. «O wollte von Charlene wissen, ob
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