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Der Tag, an dem du stirbst

Der Tag, an dem du stirbst

Titel: Der Tag, an dem du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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ich zehn war, hatte ich den ersten Mann im Bett. Es tat schrecklich weh. Ich weinte und flehte darum, von dir gerettet zu werden. Aber du kamst nie. Du hast mich nicht gerettet. Ich wurde vierzehn und verkaufte mich an einen Perversling, nur um rauszukommen. Aber die Rechnung ging nicht auf, also musste ich ihn töten. Und auch damit war es nicht getan, also musste ich unsere Mutter ausfindig machen und auch sie töten. Ich hatte gehofft, danach ginge es mir besser. Aber es stellte sich heraus, dass auch das nicht reichte.»
    Ich starrte meine Schwester an. «Du hast unsere Mutter getötet?»
    «Natürlich.» Sie lächelte. «Rate, wann.»
    «Am 21. Januar. Du hast sie am 21. Januar umgebracht.»
    «Endlich hast du’s begriffen. Mit ihrem eigenen Kissen, wie sie es mir beigebracht hatte.»
    Ich fragte mich, ob ich entsetzt oder meiner Schwester dankbar sein sollte. «Aber … dann hätte es doch gut sein können. Es hätte doch reichen müssen.»
    «Nein, denn schließlich warst da noch du. Diejenige, die nicht zurückgekommen ist, die mich nicht gerettet hat.»
    «Aber ich wusste doch nicht einmal, dass du noch lebst.»
    «Doch, das wusstest du.»
    «Nein, ich wusste es nicht. Wie hätte ich das wissen sollen?»
    «Weil sie es dir gesagt haben müsste.»
    Abigail drehte sich um und zeigte mit dem Finger auf Tante Nancy, die jetzt hellwach war und uns anstarrte.
    «Tut mir leid», platzte es aus ihr heraus. «Charlie, es tut mir so leid.»
    In diesem Augenblick sprang Frances aus ihrem Ohrensessel und fiel mit markerschütterndem Gebrüll über Abigail her.
    Die Pistole krachte.
    Ich ging zu Boden.
    Alle schrien. Frances, Tante Nancy, Abigail.
    «SisSis.» Die Stimme meiner Schwester.
    «SisSis!»
    Ich schnappte mir die Sprühdose, die über den Boden rollte, und verkroch mich.

[zur Inhaltsübersicht]
    42. Kapitel
    D.D. wusste nicht mehr, wo ihr der Kopf stand.
    17:02 Uhr, Samstag, der 21. Januar.
    Von Charlene Rosalind Carter Grant oder Detective O keine Spur.
    Vor einer Stunde waren mehrere Kollegen von der Streife vor Charlies Mietwohnung in Cambridge auf und ab gefahren und hatten gemeldet, dass im ganzen Haus kein Licht brenne und niemand die Tür öffne. Die Polizei von Grovesnor klapperte währenddessen sämtliche Personen ab, die mit Charlies Job in Verbindung standen. Nichts.
    Blieb nur die Tante, die eine Pension in New Hampshire betrieb und zurzeit vielleicht irgendwo in Cambridge in einem Hotel wohnte. D.D. hatte die State Police von New Hampshire gebeten, in deren Bed && Breakfast vorbeizuschauen, doch Nancy Grant war nicht da, und die junge Aushilfskraft, die sie vertrat, hatte die Auskunft gegeben, dass sie ihre Chefin frühestens morgen zurückerwarte und heute noch nichts von ihr gehört habe.
    D.D. erkundigte sich bei der zentralen Kreditkartenüberwachung und erfuhr, dass die Tante vor kurzem für die Übernachtung in einem billigen Motel in Cambridge bezahlt hatte.
    Sie war jetzt auf dem Weg dorthin, nicht etwa, weil sie hoffte, Charlene unter dem Bett ihrer Tante aufzustöbern, sondern einzig und allein aus dem Bedürfnis heraus, irgendetwas zu unternehmen.
    Es war inzwischen dunkel und noch um einige Grad kälter geworden. D.D. würde es sich nicht verzeihen, wenn in dieser Nacht in ihrer Stadt ein weiterer Mord passierte. Sie war vorgewarnt und wollte alles daransetzen, Charlie zu retten.
    Das Motel fand sie problemlos. Es war eines jener in den späten Siebzigern gebauten Hässlichkeiten: ein zweigeschossiger Hufeisenkomplex mit einem Parkplatz in der Mitte, auf dem auch, wie sich schnell herausstellte, Nancy Grants Fahrzeug abgestellt war.
    Drei Minuten später stand D.D. in der offenen Tür des gesuchten Zimmers. Der Angestellte, der sie hereingelassen hatte, war ebenso ratlos wie sie.
    «Vielleicht ist sie schon abgereist», meinte der kleine, kahlköpfige Asiat.
    «Vielleicht.»
    D.D. sah sich in dem Zimmer um, ohne irgendetwas zu berühren. Gepäckstücke oder Toilettenartikel waren nirgends zu entdecken. Sogar das Bett schien ungenutzt zu sein. Es sah nicht danach aus, dass Tante Nancy hier geschlafen hatte; wenn doch, hatte sie danach gründlich aufgeräumt.
    D.D. fuhr ein kalter Schauer über den Rücken.
    Abigail. Eine andere Erklärung gab es nicht. Die zwanghafte Ordnungsfanatikerin, die ihre Opfer erdrosselte und anschließend die Kissen aufschüttelte.
    Allerdings lag hier keine Leiche. Statt zu töten, hatte sie Nancy Grant offenbar entführt. Warum? Dass sie in diesem

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