Der Tag an dem ich cool wurde
seinen Eltern nach Bali fliegt.«
»Na, das werden sie sich dieses Jahr nicht haben leisten können«, sagte Papa und biss in sein Brot.
»Wieso das denn?«, fragte ich. »Lucas’ Vater hat doch so viel Geld.«
»Na ja«, sagte Papa und kaute. »Nicht mehr ... Sein Autohaus steht kurz vor der Insolvenz.«
»Insol was ?«, fragte ich.
Karli und ich sahen uns an.
»Insolvenz«, sagte Papa. »Das heißt, er ist pleite.«
»Pleite?«, fragten Karli und ich gleichzeitig.
»Ja«, sagte Papa. »Keine Ahnung, ob sie das Autohaus noch retten können. Die Bergers werden sich im Moment keine Extras leisten können.«
Karli und ich sahen uns wieder an. Das erklärte einiges.
»Ist aber noch nicht offiziell«, sagte Papa. Ich weiß es nur von einem Arbeitskollegen. Der ist im selben Tennisklub wie die Bergers. Da hat er was läuten hören.«
Kein Wunder, dass Lucas’ Eltern nicht sehr glücklich aussahen.
Nach dem Frühstück wollte Papa gleich mit mir in die Stadt fahren.
»Wir müssen zwar eine neue Brille kaufen«, sagte er und kratzte sich am Kopf, »aber ich glaube, zuerst müssen wir zu einem Hautarzt. Du hast dich doch gestern eingecremt! Ich verstehe das nicht. Na, wenigstens ist Mama nicht da. Sie würde mich vermutlich umbringen.«
Da wurde ich plötzlich wütend.
»Wenn Mama da wäre, wäre das gar nicht passiert!«, brüllte ich.
»Du vermisst sie doch gar nicht!«
Ich merkte erst jetzt, dass Mama mir tatsächlich fehlte. Sie ist manchmal ziemlich anstrengend, aber ohne Mama sind wir nur eine halbe Familie. Und es machte mich ganz schön sauer, dass Papa so ein Hasenfuß war und zu feige, das Rosi-Tattoo wegmachen zu lassen, aber mich und Karli herumkommandierte und schuften ließ, bis uns die Zunge auf den Boden hing.
»Doch«, sagte Papa. »Ich vermisse Susanne. Sogar sehr. Aber was ist sie denn auch so stur? Sie hat mich schließlich mit dem Rosi-Tattoo geheiratet und jetzt haut sie deswegen ab? Das verstehe ich nicht.«
»Vielleicht musst du das auch gar nicht verstehen!«, rief ich. »Mach es doch einfach, wenn ihr so viel daran liegt!«
Da war Papa eine Weile still. Er kaute an seiner Unterlippe. »Vielleicht hast du recht«, sagte er schließlich. »Lass uns in die Stadt fahren.«
Das wurde dann allerdings eine größere Sache.
»Opa kann unter keinen Umständen allein hierbleiben«, sagte Papa. »Sonst finden wir nachher unsere gepackten Sachen am Ausgang und bekommen lebenslang Platzverbot.«
Also blieb Papa nichts anderes übrig, als Opa mitzunehmen. Opa war äußerst unternehmungslustig und kostete Papa eine Menge Nerven. Wir waren gerade ausgestiegen, und Papa fragte einen Taxifahrer, wo es ein Ärztehaus gab, als Opa ein paar Leute sah, die auf einem Platz gegenüber mit silbernen Kugeln warfen.
»Boule!«, rief Opa. »Die spielen Boule!«
Seine Stimme überschlug sich fast vor Begeisterung.
Bevor ich irgendwas sagen konnte, war Opa schon unterwegs. Natürlich schaute er vorher nicht nach rechts oder links, sondern er rannte einfach so über die Straße und fuchtelte dabei wild mit seinem Stock. Bremsen quietschten.
»Herrje, Vater«, brüllte Papa. »Du kannst doch nicht einfach loslaufen, wenn da Autos kommen!«
»Unverschämter Flegel!«, rief Opa und schüttelte die Faust in Richtung Autofahrer. »Ich habe doch meinen Stock geschwenkt!«
»Das ist ein Gehstock«, brüllte Papa, »keine Verkehrsampel!«
Der Autofahrer fuhr kopfschüttelnd weiter. Papa, Karli und ich folgten Opa über die Straße zu den Boulespielern.
Ein alter Mann, der eigentlich aussah, als wäre er zu schwach zum Laufen, schob gerade mit erstaunlichem Schwung eine silberne Kugel über den Boden. Irgendwo blieb sie liegen und alle riefen irgendwas auf Französisch.
»Nicht schlecht«, sagte Opa. Das Ziel des Spiels sei es, erklärte er uns, mit der eigenen silbernen Kugel näher als alle anderen an eine kleine Kugel heranzukommen, die in der Mitte lag.
Aha. Klang wahnsinnig interessant.
Zum Glück blieb uns ein längerer Vortrag über die Regeln erspart, denn Papa verlor die Geduld.
»Vater«, sagte Papa. »Wir haben noch einiges zu erledigen!«
»Geht nur«, sagte Opa. »Ich gucke hier ein bisschen zu, bis ihr fertig seid.«
Papa zögerte.
»Hier kann Opa weniger anstellen als unterwegs«, sagte ich. »Stimmt«, sagte Papa. »Wenn die ihn mitspielen lassen, können sie sich auch mit ihm herumschlagen. Gute Idee.«
Karli blieb bei Opa, um auf ihn aufzupassen. Das war ein leichter Job. Opa
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