Der Tag an dem ich cool wurde
Gitarre) zu dem ramponierten Wohnmobil hinüber. Heraus kam ein Junge in unserem Alter, der ziemlich schlecht gelaunt aussah und träge zum Tor schlenderte. Dabei murmelte er etwas vor sich hin.
Karli und ich verzogen uns schnell um die Ecke.
»Mann«, sagte Karli, »das ist cool!«
»Das ist die einzig wahre Musik«, sagte ich. »Viel besser als Hip-Hop.«
»Wem sagst du das!«, sagte Karli.
Hinter der nächsten Grundstückreihe fanden wir ein Loch im Zaun, durch das man in ein Waldstück gelangte. Dort saßen wir die nächste Stunde und versuchten, Hoch auf dem gelben Wagen und Auf de schwäbsche Eisebahne zu singen.
»Ist das uncool!«, rief Karli.
Ich seufzte.
Murphy taucht auf und klaut meine Brille!!!
Der Tag war bisher ein ziemlich blöder Tag gewesen. Aber mittags wurde es noch schlimmer, denn da kam wieder mein ständiger Begleiter Murphy zu Besuch:
Die wichtigsten Dinge werden am schlimmsten schiefgehen.
Papa schlug vor, mit Karli und mir gemeinsam an den See zu gehen. Zuerst dachte ich, er hätte noch ein schlechtes Gewissen wegen meiner Currywurstmädchenstrumpfarme. Dann aber hörte ich, wie Opa Papa herumkommandierte, und eine Sekunde später erschien Papa und rollte die Augen.
»Wir gehen zum See«, sagte er. »Auf, auf, ihr beiden! Ich brauch eine Opapause. Unbedingt.«
Eigentlich fand ich die Idee erst mal ganz gut. Papa wollte uns Kopfsprung beibringen, und das war eindeutig etwas, das uns cooler machen würde. Und vielleicht sahen wir ja heute Lucas und konnten unsere Aktion in Angriff nehmen. Also quetschte ich mich, ohne zu murren, in meine grauenvolle Badehose. Sie ist kanarienvogelgelb und mein Bauch rollt sich ein bisschen darüber.
»Was ist das denn? «, rief Papa und zog die Augenbrauen hoch, als er mich in diesem Aufzug sah.
»Die hat Mama mir gekauft«, sagte ich.
»So sieht sie auch aus«, sagte Papa. »Das grenzt an Körperverletzung!«
Mama bringt Papa und mir immer irgendwelche Anziehsachen mit (topmoderne natürlich). Seit ich nur noch Schwarz anziehe, kauft sie umso mehr buntes Zeug für Papa. Einmal hat sie ihm ein neongelbes Hemd mitgebracht. Papa hat das Hemd mit spitzen Fingern von sich weggehalten. »Willst du, dass man mich mit einem Kanarienvogel verwechselt, in einen Käfig steckt und einer allein lebenden Oma zur Gesellschaft bringt?«, hat er gesagt. Mama war so eingeschnappt, dass sie eine Woche kein Wort mit ihm geredet hat. Seitdem hat Papa ihr nicht mehr widersprochen.
Es sah ganz so aus, als würde sich das jetzt ändern.
»Das sieht verboten aus«, sagte Papa. »Wir müssen schauen, dass wir für dich was Neues bekommen. Wir fahren in die Stadt!«
In diesem Moment hörten wir den Motor unseres Wagens starten, und als wir aus dem Wohnwagen rannten, sahen wir gerade noch unser Auto um die Ecke biegen. Offensichtlich machte Opa hier dasselbe wie zu Hause, wenn er beleidigt war: Er fuhr mit dem Auto davon. Nur, wohin er wollte, war mir nicht klar. Hier gab es ja niemanden, den er kannte, den er hätte besuchen können. Andererseits ist Opa alles andere als schüchtern, wahrscheinlich ging er in ein Café und las gemütlich Zeitung.
»Der kann was erleben, wenn er zurückkommt!«, brüllte Papa.
Vorerst aber konnte Papa nur den Wohnwagen anbrüllen, denn Opa war weg. Jetzt wollte Papa unbedingt an den See. Er meinte, beim Sport kann man sich schön abreagieren. Ich musste mich noch mit einem ekligen Öl einreiben, damit ich ganz sicher keinen neuen Sonnenbrand bekommen würde, und dann marschierten wir zum See.
Dort begann die Katastrophe.
Im Strandbad, wo es ein Sprungbrett gibt, lagen zwei Mädchen auf ihren Liegematten. Luna und Stella.
Natürlich sahen sie uns sofort.
»Hallo!«, riefen sie und winkten.
Ich wäre vor Peinlichkeit fast gestorben.
Der See war so riesig, warum mussten die zwei weltschönsten Mädchen gerade hier herumliegen?
Hier kamen wir, die uncoolsten Jungs der Welt. Ich mit rosa Armen und neongelber Badehose, Karli mit rosa Nasenspitze, klapperdürr und Riesenohren. Und nebendran Papa.
»Hallo«, murmelte ich. Ich spürte, dass ich feuerrot wurde. Karli sagte gar nichts. Er räusperte sich nur.
»Woher kennt ihr die denn?«, fragte Papa erstaunt.
»Och«, murmelte ich. »Nur so. Vom Bäcker.«
»Aha«, sagte er. »Nette Mädchen.« Er winkte ihnen zu.
Oh nein. Hilfe.
Ich fand das alles äußerst peinlich, aber was danach kam, war der Super-GAU der Peinlichkeit. Papa zeigte mir, wie man Kopfsprung macht.
»So
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