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Der Tag an dem ich erwachte

Der Tag an dem ich erwachte

Titel: Der Tag an dem ich erwachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilia Miller
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Kuss geben, frisch rasiert, elegant angezogen und fröhlich lächelnd… Oder würde er maskiert sein und mich mit der Spitze seines Stiefels in die Rippen treten, bis ich um Gnade winseln würde? Oder würde er mir Morphium spritzen, um weiter an mir herum zu schnippeln? Es hatte mehrere Monate gedauert, bis ich mich schließlich an meine neue Identität nicht nur vollständig gewöhnte, sondern auch felsenfest an sie glaubte. Die grausamen Bilder verblassten nun restlos, selbst ihre Schatten hatte Greg aus meinem Bewusstsein gelöscht. Ich liebte es, eine Frau zu sein, seine Frau zu sein. Und sehnte mich danach, meine Weiblichkeit voll und ganz auszuleben, also fing ich an, Greg um ein Baby zu betteln. Er schaffte es immer wieder, mich gekonnt von diesem unangenehmen Thema abzulenken. Wann hatte die Langeweile angefangen, sich in meinen Alltag einzuschleichen? Rückblickend kann ich den Zeitpunkt nicht genau benennen. Heimtückisch und bedrohlich nahm sie nach und nach Besitz von mir und meinem federleichten Dasein. Legte ihre kalten, dunklen Klauen auf meinen Kopf und machte ihn schwer und leer. Raubte mir jegliche Lebensfreude. Greg merkte nichts davon. Vielleicht war ich bereits eine viel zu gute Schauspielerin, vielleicht lag es auch daran, dass Greg einfach zu alt geworden war. Natürlich hätte er es nie eingesehen, geschweige denn zugegeben, doch die Signale, die sein immer müder werdender Körper sendete, waren unübersehbar. Und dann kam der attraktive junge Fremde namens Robert Harrington in mein Leben.
    Es vergingen drei Monate nach unserer ersten Begegnung, als ich ihn endlich anrief. Greg hatte mich widerwillig für drei Tage allein gelassen: Er musste verreisen. Man hatte ein großes Fest zu seinen Ehren veranstaltet, er erhielt tatsächlich einen Preis für sein Lebenswerk.
    „Ich will nicht hin!“, jammerte er wie ein kleines Kind.
    „Du musst hin, Liebling“, redete ich geduldig auf ihn ein, „es ist eine große Ehre. Du würdest sehr viele Menschen enttäuschen, wenn du nicht persönlich erscheinst!“
    „Ich pfeife sowohl auf die große Ehre als auch auf die vielen Menschen“, wehrte er sich kapriziös, „ du bist mein Lebenswerk, Gail! Ich will dich nicht so lange allein lassen!“
    „Das sind doch nur drei Tage, Greg“, sagte ich zärtlich und legte meine ganze Überzeugungskraft in meine Stimme. „Das werden wir beide schon überleben. Ich verzichte auch nur ungern auf dich, aber was sind schon drei Tage?“
    Nachdem sein Flug startete, ging ich schnurstracks zum Telefon. Noch bevor Greg mich anrief, um mir zu berichten, dass er gut angekommen war, klingelte Robert Harrington an meiner Tür. Wir fielen sofort übereinander her wie zwei ausgehungerte Tiere. Wir liebten uns in dem Ehebett. Ich weiß nicht, was ich mehr genoss: den frischen, männlichen Duft seines vitalen, muskulösen Körpers, seine feurige, jugendliche Leidenschaft oder den Vertrauensbruch, den ich durch diesen törichten Akt der Rebellion Greg gegenüber beging. Jedenfalls war die Langeweile wie weggepustet.
    „Eine Frage brennt mir auf der Zunge“, sagte Rob ert, bevor er mich mit derselben so gekonnt liebkoste, dass ich zu einem weiteren heftigen Höhepunkt kam. „Wieso hält er dich hier vor der ganzen Welt versteckt, schöne Rapunzel?“, schmunzelte er und spielte mit meinen langen, seidigen Haaren, während ich immer noch nach Luft rang. „Aber, was mich viel mehr beschäftigt“, fuhr er fort, „wieso lässt du es dir gefallen?“
    „Hm … Das ist eine gute Frage“, gab ich nachdenklich zu. „Ich fürchte, sie ist nicht so leicht zu beantworten.“
    „Versuch es!“, verlangte Robert.
    „Greg hält nicht viel von Publicity, wenn es um sein Privatleben geht“, versuchte ich, es ihm und mir selbst zu erklären.
    „Und was hältst du davon, in einem goldenen Käfig eingesperrt zu sein?“, hackte er nach.
    Ich zuckte hilflos mit den Schultern: „Ich liebe Greg. Er ist alles, was ich habe. Was ihn glücklich macht, macht auch mich glücklich.“
    „Soso, du liebst ihn“, wiederholte Robert kalt. „Dann verrat mir doch bitte, was ich in eurem Ehebett mache?“ Darauf fiel mir keine plausible Antwort ein, stattdessen brach ich in Tränen aus.
    „Entschuldige, Gail“, flüsterte er voller Bedauern und küsste mir die Tränen von den Augen ab. „Ich wollte dich nicht beleidigen, das war wirklich unsensibel von mir, einfach nur uncool. Kannst du mir verzeihen oder soll ich mich verpissen?“ Ich

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