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Der Tag an dem ich erwachte

Der Tag an dem ich erwachte

Titel: Der Tag an dem ich erwachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilia Miller
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auf, Schatz!“, forderte er mich auf. Ich tat wie mir geheißen. Täuschte eine aufrichtige Freude vor, als ich Schmuck, Abendkleider und teure Dessous auspackte. Nichts Neues, nur in einer anderen Ausführung als letztes Jahr. Und vorletztes. Nur, dass dieses Mal alles anders war. Denn dieses Mal erwartete Greg eine Gegenleistung von mir. Als ich gerade dabei war, das letzte Päckchen aufzumachen, ermahnte mich Greg: „Stopp! Das ist das Gastgebergeschenk, Gail. Für unseren Freund Robert. Möchten Sie es selbst aufmachen, Robert, oder soll Gail es für Sie übernehmen?“
    „Sie darf es aufmachen“, sagte Robert, wobei er Gregs gönnerhaften Ton imitierte. Ich starrte ihn fassungslos an. Konnte immer noch nicht glauben, wie schnell Greg ihn besiegt hatte. Und machte es schließlich auf, wobei ich ganz genau wusste, was für ein Geschenk Greg für Robert bereithielt: Eine geladene Pistole. Als ich sie aus den vielen Papierschichten befreite, schrie Robert laut auf. Danach sank er zu Boden und hielt seinen Kopf zwischen seinen zitternden Händen.
    „Sieh ihn dir ganz genau an, Gail!“, verlangte Greg. „Das ist der Mann, mit dem du mich betrogen hast. Ein äußerst attraktiver, männlicher Anblick, nicht wahr?“, fragte er sarkastisch und setzte noch einen drauf: „Kann dich dieser so genannte Mann beschützen? Was meinst du, Gail, kann er das? Was kann er dir geben, was ich dir nicht gegeben habe? Sag mir das, Liebling!“ Derweil wimmerte Robert kläglich, und die Laute, die er vor sich hin gab, erinnerten mich tatsächlich an ein hilfloses Baby. Oder an einen jaulenden Hund, der gerade von seinem Herrchen geschlagen wurde. „Ist es das , was du dir von deiner Zukunft erhofft hast, Gail?“, fragte Greg leise und drückte mir die Pistole in die Hand. „Nun, mach schon, Liebling, beende dieses Elend!“
    Mein Blick huschte gehetzt zwischen Greg und Robert, meine Hand zitterte heftig, während sie die Pistole fest umklammerte. Mein Herz raste wie ein gefangenes wildes Tier in seinem Käfig. Bis Robert seine Stimme wieder fand.
    „Gail, tu es nicht!“, flehte er mich an, „tu es bitte nicht! Verzeih mir, ich hätte ihm nicht glauben dürfen! Ich hätte dir glauben sollen, von Anfang an, jetzt weiß ich ja, dass du recht hattest! Ich wollte dir doch nur helfen, Gail, sonst wäre ich gar nicht hier!“
    Die geladene Pistole in meiner Hand fühlte sich so schwer an wie die Last meiner Sünden. Gregs Sünden, korrigierte ich mich und zielte endlich auf den richtigen. Auf denjenigen, der den Schuss wahrhaftig verdient hatte.
    „Gail“, ertönte seine vertraute Stimme, die immer noch ruhig und zuversichtlich klang. „Sieh mich an!“ Ich sah ihn an und erblickte einen müden, alten Mann, der vom Größenwahn erfüllt war. Durch und durch krank. Ich sah einen perversen Soziopathen, der mich dazu zwingen wollte, einen Menschen zu töten, der den fatalen Fehler beging, mir sein Vertrauen zu schenken. „Was ist mit dir los, Gail?“, schrie er mich an, „Schieß endlich!“ Dieses kranke Monster…
    „Gail, bitte nicht!“, hörte ich Roberts schwache Stimme wie im Traum. Und fand schließlich die Kraft, die Oberhand zu nehmen.
    „Robert, steh auf!“, herrschte ich ihn an, und er gehorchte mir sofort. „Greg, du bleibst wo du bist!“
    „Gail.“ Seine Stimme klang eisig und bedrohlich. „Du enttäuschst mich.“ Diese drei Worte, langsam und leise ausgesprochen, verwandelten mich plötzlich in ein wimmerndes Häufchen Elend. Mein Mut schwand sofort dahin wie der letzte Sonnenschein vor einem heftigen Gewitter. Wie konnte ich so töricht sein und mir einbilden, Gregs Einfluss entkommen zu sein? Er hatte immer noch Macht über mich und würde sie immer haben. Für immer und ewig… Ich konnte ihm nicht entkommen, niemals. „Wer ist dein Gebieter?“, fragte er leise.
    „Gail, erschieß ihn!“, schrie Robert.
    „Erschieß ihn, Gail“, flüsterte Greg, und ich zielte mit der Pistole auf Robert. „Drück ab!“, sagte er mit der eigenartigen, monotonen Stimme, die er immer bei unseren Hypnosesitzungen einsetzte. Meine Hand zitterte und schwitzte stark, sodass es mir große Mühe bereitete, die Pistole darin zu behalten. Ich schloss die Augen. „Braves Mädchen“, flüsterte Greg weiter. Obwohl ich ihn nicht sehen konnte, spürte ich seinen Kobrablick auf mir ruhen. „Nun, mach schon, Galatea. Tu es für mich, zeig mir, dass du mich liebst.“
    Ich konnte es nicht. Verharrte in derselben Position

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