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Der Tag an dem ich erwachte

Der Tag an dem ich erwachte

Titel: Der Tag an dem ich erwachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilia Miller
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wunderte mich selbst, wie zickig meine Stimme klingen konnte, wenn ich es darauf anlegte. Und stellte erfreut fest, was für eine Macht ich bereits über Ryan hatte, denn er wirkte aufrichtig zerknirscht und nervös, als er sich den Schweiß von der Stirn abwischte. „Ryan? Ich bin ganz Ohr!“, sagte ich streng.
    „Das willst du nicht wissen, Holly“, stammelte er verlegen.
    „Doch, ich will es sogar unbedingt wissen!“, widersprach ich ihm und fühlte mich immer mächtiger.
    „Ich habe dir doch erzählt, dass eine Menge Leute mir einen Gefallen schulden“, sagte er schließlich und sah mich eindringlich an. Dazu gehört auch Alice, eine Frau, die ich vor einigen Jahren kennen gelernt habe. Ich habe ihr einst aus der Patsche geholfen, nun ist sie mir treu ergeben. Du brauchst nicht eifersüchtig zu sein!“, betonte er mit Nachdruck, als er meinen verärgerten Blick sah. „Unsere Beziehung ist rein freundschaftlicher Natur, sie basiert auf Geben und Nehmen.
    „Unsere Beziehung ist rein freundschaftlicher Natur“, äffte ich ihn nach, „und wieso bezeichnest du sie dann als Beziehung und nicht als Freundschaft?“
    „Um Gottes Willen, Holly, krieg dich wieder ein! Alice ist eine alte Freundin, mehr nicht.“
    „Eine alte Freundin, der du aus der Patsche geholfen hast…“ Ich merkte, wie er vor Ärger rot wurde und trieb es mit einer masochistischen Freude auf die Spitze: „Was hast du für sie getan, damit sie ein falsches Alibi für dich besorgt?“
    „Holly. Wird es etwa unser erster Streit?“, fragte er müde.
    „Nein, noch nicht“, erwiderte ich angepisst. „Aber es wird einer werden, wenn du mir nicht sofort alles über diese Alice erzählst!“
    „Na gut“, seufzte er schicksalergeben. „Alice ist eine Frau, die… ähm, dem ältesten Gewerbe der Welt nachgeht.“
    „Sie ist eine Hure?“, kreischte ich ungläubig, „deine gute alte Freundin, die tief in deiner Schuld steht, ist eine Hure? Hast du ihre Dienste etwa in Anspruch genommen?“
    „Natürlich nicht, beruhige dich bitte. Aber genau das hatte sie ausgesagt, beziehungsweise eine Kollegin von ihr, die wiederum Alice einen Gefallen schuldet. Dass ich bei ihr war, um ihre Dienste in Anspruch zu nehmen, also konnte ich unmöglich bei dir gewesen sein, um dir zu deiner Flucht zu verhelfen. Und, bevor du weitere Fragen stellst, ja, Alice und ich hatten mal was am Laufen. Das war vor vielen Jahren und nicht von großer Bedeutung, eine kurze Affäre, die irgendwann zu einer Freundschaft mutierte. Damals war sie noch nicht in dem besagten Gewerbe tätig“, beeilte er sich, klarzustellen. „Sie entschied sich erst später dafür.“
    „Aus welchem Grund entscheidet sich eine Frau freiwillig für so etwas?“, fragte ich fassungslos.
    „Na ja, das weiß ich auch nicht so genau, ich schätze, Alice ist die Einzige, die dir diese Frage beantworten kann. Aber ich glaube, sie hatte sich dafür entschieden, weil man mit dieser… ähm… Tätigkeit sehr viel Geld in sehr kurzer Zeit und mit relativ wenig Aufwand verdienen kann. Alice ist eine Frau, die den Luxus über alles liebt, sie ist sehr materiell eingestellt, deswegen hätte unsere Beziehung nie eine richtige Chance gehabt, schätze ich. Nichtsdestotrotz hat sie das Herz am rechten Fleck, und für die wenigen Menschen, an denen ihr etwas liegt, würde sie durchs Feuer gehen. Sie ist ein guter Kumpel, im wahrsten Sinne des Wortes, von den Liebesbeziehungen hat sie mittlerweile die Schnauze voll. Sie wurde mehrmals ausgenutzt und bitter enttäuscht, sodass sie irgendwann den Glauben an die Liebe verlor und sich dazu entschloss, mit ihrer Schönheit Geld zu verdienen, solange sie es noch kann.“
    „Das hört sich ja äußerst verlockend an“, spottete ich, „vielleicht sollte ich es auch in Erwägung ziehen.“
    „Das möchte ich kein zweites Mal von der zukünftigen Mrs. Boyle hören!“, schalt Ryan mich streng, und ich kicherte unwillkürlich, als ich merkte, wie wütend er tatsächlich wurde.
    „Da gibt es gar nichts zum Lachen!“, funkelte er mich an. „Du gehörst mir! Mir allein!“
    Mein Lächeln erstarb, als sich etwas Schweres, Übelerregendes in meinem Magen unangenehm umdrehte, etwas, was ich mittlerweile als den Hauch einer schlimmen Erinnerung identifizierte. Ryan hatte sich derweil wieder beruhigt und fuhr seinen Bericht fort: „Wie auch immer, ist Alice das, was man als eine Edelprostituierte bezeichnet, sehr edel und sehr teuer. Eine Stunde in ihrer

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