Der Tag an dem ich erwachte
schönste Freude“, fügte er verschmitzt lächelnd hinzu und ging. Bevor er die Schlafzimmertür hinter sich schloss, drehte er sich noch mal um und fragte so routiniert, als wären wir ein altes Ehepaar, das seit vielen Jahren zusammenlebte: „Soll ich dir etwas mitbringen, Holly?“
„Nein, danke“, flüsterte ich, „nur dich selbst. So schnell wie möglich… Bitte!“
„Ich beeile mich, Schatz!“, versicherte er mir. Ich lauschte seinen Schritten, die sich immer weiter entfernten, dem Geräusch seines Autos, das losfuhr. Um mir Wasser zu holen. Oder um das Weite zu suchen? Ich sah auf die Uhr und merkte mir die Uhrzeit ganz genau. Wenn er in drei Stunden nicht da war, dann hat er mich verlassen. Dann würde ich mich hinsetzen, eine Kleinigkeit essen, eine Flasche Champagner trinken und mir überlegen, auf welche Weise ich mir das Leben nehmen würde. Doch wenn er wieder zurückkommen sollte, dann würden ein perfekt sauberes Haus und ein vorzügliches Drei-Gänge-Menü auf ihn warten, beschloss ich in diesem Augenblick. Und eine betörend schöne Frau, der wahr gewordene Traum seiner geheimsten Fantasien… Es tat gut, einen Plan zu haben, auch wenn er lediglich die nächsten drei Stunden umfasste. Voller Elan untersuchte ich den Kühlschrank und die Gefriertruhe nach den vorhandenen Zutaten und entdeckte mit einem Freudeschrei einen tief gefrorenen Truthahn. „Komm zu Mama, Vögelchen!“, sagte ich zu dem Truthahn und legte ihn in warmes Wasser, damit er schneller auftaute, bevor ich mich dem Aufräumen und dem Saubermachen widmete. Ich putzte sogar die Fenster, obwohl sie nicht wirklich schmutzig waren, doch, nachdem ich sie ausgiebig polierte, glänzten sie um die Wette mit der Sonne, die sich langsam und unwillig daran machte, den Himmel zu verlassen. Wie ein Verliebter, der die Frau seines Herzens verlassen musste, dachte ich und spürte schon wieder Panik in mir aufsteigen. „Aber nur, um bald zu ihr zurück zu kommen!“, stellte ich laut fest und lächelte. „Er kommt wieder“, sagte ich zu meinem Spiegelbild im Fenster. „Mach einfach weiter!“ Ich wechselte die Bettwäsche, legte sie zusammen mit unseren getragenen Klamotten in die Waschmaschine, die ich in dem Abstellraum entdeckt hatte, und ließ sie laufen. Bezog das Bett neu und widmete mich endlich dem Truthahn. Im Vorratsschrank fand ich sogar eine Dose mit eingelegten Kastanien und seufzte entzückt. Als ich auch noch mehrere Dosen mit eingelegten Kürbisstückchen fand, klatschte ich begeistert in die Hände und tänzelte durch die ganze Küche. „Ryan, du bist einfach nur der Beste!“, sagte ich liebevoll, „daraus kann ich ein perfektes Herbstmenü zaubern!“ Ich wusste nicht, woher ich die ganzen Rezepte hatte, doch ich beherrschte sie meisterhaft. War ich etwa Köchin? Wer weiß, dachte ich, während ich blitzschnell die Füllung zubereitete, den Truthahn damit stopfte und seine Haut mit einer Mischung aus Butter, Ölen und Gewürzen bestrich, um sie besonders schmackhaft und knusprig zu machen. Danach durfte sich der gute Vogel eine Weile im Backofen ausruhen, der Duft, der sich dabei in der ganzen Küche verbreitete, war einfach nur himmlisch, sodass mir das Wasser im Mund zusammenlief. Derweil bereitete ich die Gemüsebeilage und eine reichhaltige Sahnesauce zu, die ich mit einem erstklassigen Cognac aus Ryans Spirituosensammlung veredelte, bevor ich mich dem Nachtisch widmete. Ich entschied mich für eine Schokoladentorte mit Birnenfüllung und einer warmen Vanillehaube. Die Birnen stammten zwar auch aus der Dose, dennoch tat es dem Geschmack nicht das Geringste ab. Der Tortenboden war schnell fertig, während der Truthahn noch ein Weilchen brauchte, damit er genauso wurde, wie ich ihn Ryan servieren wollte: innen weich und außen kross. Genau wie Ryan, dachte ich schmunzelnd. Aus den Kürbisstückchen zauberte ich schnell eine leckere, scharf gewürzte Kürbiscremesuppe, die ich mit einem Schuss Sahne verfeinerte. Als das Vögelchen endlich soweit war, stellte ich den Backofen auf die niedrigste Stufe ein, um es warm zu halten, bis Ryan endlich da war. Ich schlug die Sahne mit Ryans teurer Küchenmaschine steif und wunderte mich, wie schnell es dank der modernen Technik ging. Vermischte sie mit einer selbst gekochten süßen Butter-Vanillecreme und zerkleinerten Birnen, bevor ich sie mit Schokoladenraspeln kunstvoll verzierte. Danach ging ich einen Schritt zurück und bewunderte mein Meisterwerk. „Das hast du
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