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Der Tag an dem ich erwachte

Der Tag an dem ich erwachte

Titel: Der Tag an dem ich erwachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilia Miller
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Zimmerservice gebracht hatte.
    „Auf dass wir der Wahrheit näher kommen!“, lallte Ryan leicht besoffen, als er mit dem Rest des Champagners mit mir anstieß.
    „Auf dass wir die ganze Wahrheit endlich rausfinden!“, sagte ich ernst und trank mein Glas in einem Zug aus.
    „Freust du dich auf Bedford?“, fragte er mich, als wir eng umschlungen im Bett lagen.
    „Ich weiß nicht, Ryan“, antwortete ich nachdenklich, „ich habe Angst.“
    „Wovor?“
    „Vermutlich vor der Wahrheit. Aber noch mehr davor, dass schon wieder alles umsonst war. Davor, dass mein Gedächtnis mir einen Streich spielt. Es ist eigenartig, Ryan…“, dachte ich laut nach und schmiegte mich noch enger in seine Umarmung, als hätte sie mich vor meinen inneren Dämonen schützen können. „Ich erinnere mich an die letzten Jahre an Gregs Seite ganz genau. Klar und deutlich. Dennoch an die Zeit davor kann ich mich nicht richtig erinnern.“
    „Aber du hast mir doch so viel darüber erzählt, Gail“, wunderte er sich, „über deine Kindheit und Jugend, über deine Mutter und deine Freundin Ava.“
    „Ja, ich weiß“, gab ich kleinlaut zu. „Ich kann es nicht erklären. Kann es nicht richtig in Worte fassen.“
    „Versuch es, Liebling“, forderte er mich geduldig auf.
    „Ich weiß zwar, was sich abgespielt hatte… Dennoch ist es so, als würde ich das alles aus einem Buch vorlesen. Aus einem Buch, das jemand anders geschrieben hatte. Ja, das bringt es wohl ziemlich genau auf den Punkt“, stellte ich fest, selbst über diese Erkenntnis überrascht. „Mein Gedächtnis liefert mir einfach keine Bilder zu meiner Zeit vor Greg.“
    „Er hat dein Gedächtnis manipuliert!“, knurrte Ryan wütend und schloss seine Arme noch fester um mich, so fest, dass es fast schon wehtat, doch es war ein ganz wunderbarer Schmerz, der mir Sicherheit vermittelte. Würde ich mich jemals sicher fühlen können, ohne Schmerz en dabei zu empfinden, fragte ich mich im Stillen. „Zum Glück ist der Mistkerl bereits tot“, sagte Ryan, bevor er einschlief. Immer, wenn er erschöpft war, schnarchte er leise im Schlaf, und plötzlich erinnerte ich mich daran, dass auch Greg schnarchte. Sein Vater . Wie der Vater, so der Sohn, dachte ich verstört. Das war wirklich krank! Genau genommen war ich so etwas wie Ryans Stiefmutter. Obwohl ich anscheinend nicht rechtmäßig mit seinem Vater verheiratet war. Was hast du nur mit mir gemacht, Greg? Wieso kennt mich keiner dort, wo wir jahrelang zusammen gelebt hatten?

10. Einige Jahre zuvor

    Ich mache meine Augen auf und frage mich erneut, wo ich bin. Ich sehe nichts, nur die Dunkelheit. Bin ich etwa blind? Hat Er Seine Drohung wahr gemacht und mir die Augen ausgestochen? Ich taste sie ab und stelle erleichtert fest, dass es sich um keine leeren Höhlen handelt. Gott sei Dank! Aber nimm dich in Acht, ermahne ich mich. Dieses Mal darfst du nicht versagen! Du musst dich wirklich konzentrieren und alle Fragen, die Er dir stellt, richtig beantworten. Dass Er zu allem fähig ist, hast du ja bereits festgestellt. Du darfst Ihm keine Angriffsfläche mehr bieten! Meine Kehle ist schon wieder trocken und schmerzt so entsetzlich, als hätte ich einen Igel verschluckt. Ich taste im Dunklen nach der Wasserflasche, die, wie nicht anders erwartet, leer ist. Natürlich, du Dummerchen! Wie sollte sie auch voll sein, hattest du Ihn doch gestern mit deinen falschen Antworten enttäuscht! Falsche Antworten, kein Wasser. So einfach ist es. Ich krieche auf dem Boden und komme mir vor wie ein ekliges Insekt, das mehrere Arme und Beine hat. Rieche den widerwärtigen Geruch nach Urin und Exkrementen. Er hatte den Eimer seit mehreren Tagen nicht mehr geleert. Ich trinke von der ekelhaften Brühe und übergebe mich. Mein Magen steht in Flammen.
    „Galatea!“, höre ich plötzlich Seine Stimme und sehe einen Lichtstreifen hinter der Tür, die Er aufmacht. Schließe meine Augen, die von diesem Licht schmerzlich geblendet werden. Zum Glück sind sie noch da. Ich kann mich wirklich glücklich schätzen. „Galatea, mein Liebling“, sagt er mit einer Zärtlichkeit, die mein Herz hochschlagen lässt. Er scheint gut gelaunt zu sein. Ich danke dir, lieber Gott! Vater unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name, dein Reich komme, Dein Wille geschehe…
    „Galatea, zu wem betest du?“, fragt Er mich verärgert. „Wer ist dein Gott?“ Verdammt, ich kann es nicht mehr auseinander halten, ob ich nur denke oder meine Gedanken laut ausspreche. Aber es

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