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Der Tag an dem ich erwachte

Der Tag an dem ich erwachte

Titel: Der Tag an dem ich erwachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilia Miller
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alles aufs Spiel setzte, ihn auf die Folter spannen, bevor er schließlich Gnade zeigte. Er wollte ihm eine Lektion erteilen, nicht mehr und nicht weniger. Doch irgendjemand kam ihm zuvor. Ryan, es muss sich eine vierte Person auf der Yacht befunden haben! Jemand, der sich heimtückisch eingeschlichen hatte, ohne bemerkt zu werden.“
    „Ich weiß nicht“, dachte Ryan laut nach, „es passt alles einfach irgendwie nicht zusammen. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass eine weitere Person dabei war. Auch, dass Harrington sein Sohn war. Es sei denn… Er hat es rausgefunden. Und war so wütend, dass sein eigener Vater sein Leben zerstört hat, dass er… Und dann wollte er auch dich, seine einzige Zeugin, beseitigen und schlug dir mit einem harten Gegenstand auf den Kopf. Und als ihm bewusst wurde, was er da getan hat, hat er sich selbst das Leben genommen, indem er ins Wasser gesprungen ist.“ Ich dachte an den jungen Mann mit spitzbübischem Lächeln, sympathischem, offenen Gesicht und großen, blauen Augen und empfand auf einmal eine tiefe Trauer um ihn. Keineswegs um Greg.
    „Er kann es nicht gewesen sein“, wiederholte ich stur, und Ryan sah mich eigenartig an.
    „Ich würde wirklich gern wissen, was sich zwischen dir und diesem Robert Harrington oder David Lewis oder wer auch immer dieser Kerl war, abgespielt hat“, murmelte er missmutig. Den Rest des Tages vermied er es, mich anzusehen und sprach kaum mit mir. Wir durchsuchten weiter das Haus, schweigend und konzentriert wie zwei professionelle Diebe. Schließlich ertrug ich die gespenstische Stille nicht mehr.
    „Ryan, du verhältst dich kindisch!“, fuhr ich ihn an, und er zuckte zusammen. „ Sieh mich endlich an!“, verlangte ich. „Es gibt keinen Grund für dich, sauer auf mich zu sein. Du bist auf einen toten Mann eifersüchtig.“ Er seufzte, setzte sich hin und nahm seinen Kopf zwischen die Hände, als hätte er schlimme Kopfschmerzen.
    „Auf zwei tote Männer“, gab er schließlich zu. „Du hast recht, Gail, es ist kindisch. Komm her.“ Ich setzte mich auf seinen Schoß und küsste ihn. Langsam erwiderte er meinen Kuss. „Verzeih mir, Schatz“, flüsterte er, „anscheinend habe ich mehr von ihm geerbt, als mir lieb ist. Auch mir ist es unerträglich, dich mit anderen Männern teilen zu müssen, egal, ob tot oder lebendig.“
    „Schon verziehen!“, lächelte ich ihn an. „Wie wäre es mit einem Kaffee?“
    „Dazu sage ich nicht nein“, lächelte er zurück. „Geh schon mal in die Küche und koch uns einen schönen starken Kaffee, ich sehe mir solange den Rest des Hauses an. Folge mir bitte nicht“, sagte er mit Nachdruck und erklärte: „Ich werde jetzt in den Keller gehen.“ Mein Herz fing an wie wild zu rasen, mein Mund wurde trocken, mein Magen zog sich schmerzlich zusammen.
    „Geh da nicht hin!“, bat ich ihn.
    „Ich muss“, sagte er bedauernd. „Mir fällt es auch nicht leicht. Ich beeile mich. Danach trinken wir Kaffee, machen uns fertig und verschwinden hier endlich.“ Als er nach einer Weile zurückkam, war der Kaffee bereits kalt. Ryans Gesicht war aschfahl, und ich merkte, dass seine Hände stark zitterten. „Lass uns verschwinden!“, sagte er abgehackt.
    „Was hast du… Hast du es… Den Raum?“
    „Stell bitte keine Fragen, Gail, nicht jetzt! Bitte. Wo sind unsere Sachen?“ Ich holte schweigend unsere Tasche, und wir verwandelten uns wieder in Star und Sky. Draußen war es bereits dunkel, trotzdem vergewisserte sich Ryan mehrmals, dass uns niemand beobachtete, bevor wir uns vorsichtig auf dem Weg zum Auto machten. Während der ganzen Fahrt schwieg er. Als ich Anstalten machte, die Stimmung aufzulockern, indem ich wieder mit unserem Rollenspiel anging, legte er seine Hand auf mein Knie und sagte: „Nicht, Gail.“ Als wir endlich ankamen, war der Anblick des Hexenhäuschens im Mondlicht so ziemlich das Schönste, was ich mir vorstellen konnte. Ich konnte es kaum fassen, wie froh ich war, wieder zu Hause zu sein. Als Erstes ließ ich mir ein heißes Bad ein, um mich von Gregs Haus zu reinigen. Ich blieb mindestens eine Stunde drin liegen und ließ immer wieder heißes Wasser ein. Schließlich zwang ich mich widerwillig dazu, aufzustehen, trocknete mich mit einem sauberen, flauschigen Handtuch ab, cremte mich mit einer Bodylotion ein und kämmte meine nassen Haare. Ich wollte nur noch ins Bett, einfach nur neben Ryan liegen, seine beruhigende Wärme spüren, seinen vertrauten Duft einatmen, seinem

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