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Der Tag an dem ich erwachte

Der Tag an dem ich erwachte

Titel: Der Tag an dem ich erwachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilia Miller
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regelmäßigen Atem lauschen und schlafen, schlafen, schlafen… Doch Ryan saß aufrecht im Bett und starrte ins nichts.
    „Was hast du, Ryan?“, fragte ich besorgt. Er blieb mir die Antwort schuldig, suchte stattdessen nach etwas in seiner Nachttischschublade, und, als er es endlich fand, atmete er erleichtert auf: „Gott sei Dank, habe ich noch welche da!“ Danach griff er nach meiner Wasserflasche, schluckte eine kleine Tablette und trank fast genauso gierig wie ich. Ich sah ihn überrascht an, es war das erste Mal, dass ich Ryan eine Tablette nehmen sah. Ich wusste, dass er eine Abneigung gegen Medikamente hatte.
    „Was ist es?“, fragte ich.
    „Valium“, sagte er. Seine Stimme klang gequält. „Ich hoffe, es wirkt schnell!“ Ich legte mich neben ihn ins Bett und deckte uns beide zu, bevor ich ihn von hinten umarmte und ihn sanft streichelte. Mich langsam nach unten vorarbeitete, so wie es ihm gefiel, und auf seine Reaktion wartete. Doch zum ersten Mal, seitdem wir uns kannten, zeigte sein Körper keinerlei Reaktion auf meine Liebkosung.
    „Es ist der Raum , der es dir zu schaffen macht, nicht wahr?“, wagte ich schließlich, die Frage zu stellen, die mir schon seit Stunden auf der Zunge brannte.
    „Ich habe ihn gesehen“, sagte Ryan monoton, drehte sich zu mir um, umschloss meinen Körper mit seinen Armen und Beinen, hielt ihn fest und schluchzte. „Ich habe ihn gesehen“, wiederholte er. Oh, Gail! Ich werde nie wieder ruhig schlafen können, nie wieder!“
    „Doch, das wirst du“, versprach ich ihm, „glaub mir. Du schläfst bereits, Liebling“, stellte ich beruhigt fest, als ich sein leises Schnarchen hörte. Der Ausflug in meine Vergangenheit hatte Ryan stark mitgenommen, was ich ihm kaum verdenken konnte. All die schlimmen, unaussprechlichen Dinge, die er bisher nur aus meinen Erzählungen kannte, waren zum Leben erwacht, als er das Verlies sah, in dem Greg mich einst gefangen hielt. In dem er mich verdursten und verhungern ließ, mich folterte und demütigte, bis ich schließlich zu der Frau wurde, die er haben wollte. Seine schöne Galatea, Gail, sein süßes, braves Mädchen, das ihm aufs Wort gehorchte, ihn ehrte und liebte wie einen Gott. So wie es ihm seiner Meinung nach zustand. Bis sein Sohn ins Spiel kam und ihm sein natürliches Recht auf mich, ein Wesen, das er eigenhändig erschaffen hatte, streitig machte. Sein eigener Sohn! Bevor er ihn getötet hatte. (Das hatte er nicht! Oder etwa doch?) Bevor ich mich in seinen anderen Sohn verliebte. Ich befand mich mitten in einer griechischen Tragödie, die mein Leben war, pervers, düster und überaus dramatisch. Mein altes ich, mein neues ich, Greg, seine Söhne, die Liebe, der Hass, die Gewalt… Alles drehte sich in einem nicht enden wollenden Kreis, der uns alle in sich einschloss. Unsere Schicksale auf eine makabre Art und Weise miteinander verwebte, ohne Rücksicht auf Leben und Tod zu nehmen. Der arme Ryan! Er hatte es am Wenigsten von uns allen verdient, dachte ich, bevor ich neben ihm einschlief.

14. Die Suche nach der Wahrheit Nr. 5

    Als ich aufwachte, war es bereits später Nachmittag. Meine Kehle war trocken und schmerzte, ein vertrautes Gefühl. Als ich nach meiner Wasserflasche griff, stellte ich fest, dass sie leer war. Ich torkelte benommen ist Bad und trank gierig aus dem Wasserhahn. Ließ das kalte Wasser genüsslich in meinen Mund fließen, durch meinen Rachen, bis ich die angenehme Kühle in meinem Magen spürte. Herrlich! Danach entleerte ich meine Blase und stellte mich unter die Dusche. Genoss die warmen Strahlen und trank immer wieder. Du wirst nie wieder ohne Wasser bleiben, sagte ich zu mir im Stillen. Greg ist tot, du bist in Sicherheit! Also, ist es an der Zeit, diese lästige Gewohnheit abzulegen. Doch es war leichter gesagt als getan. Ach, was soll’ s, dachte ich, es gibt weitaus Schlimmeres, als süchtig nach Wasser zu sein. Wie ging es Ryan, fragte ich mich voller Sorge, als ich mich an die Ereignisse des gestrigen Tages erinnerte. Ich trocknete mich eilig ab, putzte mir die Zähne, warf mir den Morgenmantel über und rief nach ihm. Er antwortete nicht, und mein Herz schlug mir bis zum Hals.
    „Ryan, wo bist du?“
    Ich atmete erleichtert auf, als ich ihn in seinem Arbeitszimmer fand. Er saß an seinem Schreibtisch und war voll und ganz auf seinen Computer konzentriert. Seine Haare waren zerzaust, sein Gesicht blass, seine Augen matt. Wie beschlagen. Als er mich sah, leuchteten sie auf. „Gail,

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