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Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte

Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte

Titel: Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Steen
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Horror.
    Kot spritzte, gurgelte.
    Lehmfarben. Massig. Schaumig.
    Exkremente und Blut überall.
    Dazu Blähungen.
    Überwältigender Gestank.
    Stockender Atem.
    Ekel.
    Panik.
    Was tun? Was tun?
    Und dann sah sie es.
    Da hing René irgendwas aus dem Hintern, irgendein … Ding.
    „René, was ist das?“
    Er stöhnte nur und presste.
    „René, was ist das?“ Ihre Stimme kippte und überschlug sich fast.
    Das Ding arbeitete sich langsam vor und fing an, sich zu krümmen.
    „René, um Gottes willen …!?“ Sie wollte schreien, konnte es aber nicht. Stattdessen sah sie zu, wie sich dieses Etwas weiter aus seinem Darm hervorschlängelte, sich davon löste und im Becken landete.
    Ein letzter Schwall Durchfall noch, dünn und gelb wie Spülwasser und von Blutschlieren durchsetzt, dann war schlagartig Ruhe. René hörte auf zu stöhnen und ließ sich kraftlos gegen ihre Oberschenkel fallen. Sie stand da, hielt seinem Druck stand und starrte das Ding in der Kloschüssel an, als wäre es ein Sendbote aus der Unterwelt.
    Sie war immer noch zu entsetzt, um zu schreien.
    Schließlich kam wieder Leben in ihre Glieder und ihren Verstand. Sie half René beim Aufstehen, begleitete ihn zur Dusche und setzte ihn dort in die Bodenwanne. Dann drehte sie den Wasserhahn auf, nahm den Brausekopf zur Hand und säuberte ihn so gut es ging. Währenddessen sackte er immer weiter in sich zusammen, und ein haltloses Schluchzen schüttelte seinen Leib: „Geh weg. Ich will das nicht.“
    Sie ging aber nicht weg. Im Gegenteil, nachdem sie den Ekel und das Entsetzen erst mal hinter sich gelassen hatte, funktionierte sie wie ein Automat.
    Zehn Minuten später lag René geduscht und mit frischer Unterwäsche bekleidet in seinem Bett. Sie legte sich neben ihn und streichelte seine Haare, bis er sich beruhigt hatte und in einen tiefen Erschöpfungsschlaf fiel.
    Dann stand sie auf und machte sich Bad an die Aufräumarbeiten. Zum Glück fand sie im Waschbeckenunterschrank Gummihandschuhe und Putzmittel. Als Erstes fischte sie das komische Ding aus dem Klobecken heraus. Deshalb hatte sie vorhin auch nicht die Spülung betätigt. Sie reinigte es unter fließendem Wasser und sah, dass es ein dünner Kunststoffschlauch war, etwa so lang wie eine Hand und an den Enden wie ein Schweineschwanz geringelt.
    Als sie alle Schäden im Raum beseitigt hatte, nahm sie das Ding und machte sich damit auf den Weg zu Frank. Sie musste jetzt unbedingt mit jemandem reden, sonst würde sie platzen.
    Als sie wenig später an seine Tür klopfte, tat sich zunächst nichts. Dann flog sie plötzlich auf, und Frank lehnte halb nackt und mit zerrauften Haaren im Rahmen. Seine Hüften wurden notdürftig von einem Handtuch verhüllt. Claudia sah ihn an. Dann sah sie sein Bett an, in dem sich die gar nicht mehr so schüchterne und zugeknöpfte Ina splitterfasernackt hin und her rekelte. Das hieß … Völlig hüllenlos war sie nicht. Sie trug ihren Slip auf dem Kopf.
    „Was ist?“, fragte Frank ungnädig.
    „Nichts“, sagte Claudia rasch, stotterte noch eine Entschuldigung und flüchtete dann in ihr Zimmer zurück. Dort setzte sie sich wieder neben René und sah ihm eine Zeit lang beim Schlafen zu. Schließlich hielt sie es nicht mehr aus, weckte ihn auf und hielt ihm den Schlauch unter die Nase.
    „Warum war das Ding hier in deinem Darm?“, fragte sie und fügte hinzu: „Ich warne dich! Komm mir bloß nicht mehr mit irgendwelchen faulen Ausreden.“
    Er rieb sich die Augen. Dann richtete er sich mühsam, aber entschlossen auf und sagte: „Also gut, machen wir Tabula rasa. Ich hab PSC. Das ist eine Autoimmunerkrankung, die meine Leber und die Gallengänge zerstört. Ich hab’s dir nur noch nicht gesagt, weil … Na ja, ich bin halt kein Typ, der gern mit seinen Gebrechen hausieren geht. Ich wünschte, es wäre anders.“
    „Ich dachte schon, du hättest Krebs.“
    „Den werd ich früher oder später auch bekommen: Gallengangskrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Darmkrebs ... Such dir was aus. Colitis ulcerosa hab ich auch. Das ist eine Begleiterkrankung von PSC. Daher die Durchfälle.“
    „Und wieso weiß ich davon nichts?“
    „Weil ich dich damit nicht belasten wollte.“
    „Na reizend. Und warum haben sie diesen Schlauch in dich hineinoperiert?“
    „Das ist ein Stent. Er sollte eigentlich die Engstelle im Gallengang aufweiten und ein paar Wochen drinbleiben. Aber meistens halt ich es nur zehn oder zwölf Tage aus. Und diesmal … Ich dachte, ich könnte die

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