Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte
fragte Frank, der ihr halb spöttisch, halb bewundernd dabei zusah.
„Nur das Nötigste. Ich muss halt schönheitstechnisch alles aus mir herausholen, und mein wichtigstes Utensil ist noch nicht mal dabei.“
„Und das wäre?“
„Ein Nasenhaartrimmer.“
„Sag bloß.“
„Ja, mir wachsen Haare aus der Nase, und die krieg ich anders nicht gebändigt.“
„So süß“, sagte Frank und sah sie hingerissen an.
Im Laufe des Abends preschte er immer weiter vor, ließ tausend Anmachsprüche vom Stapel und rückte Ina zunehmend auf die Pelle. Für Claudia hatte er keine Augen mehr. Es sei denn, er wollte sie zum Trinken überreden. Dann sagte er Sachen wie: „Come on, Claudi, deine Leber ist zu trocken.“ Oder: „Hast du etwa Schiss vor einem Kater? Das musst du nicht. Die Leber wächst doch mit ihren Aufgaben.“
Er ging ihr maßlos auf die Nerven, genauso wie Maike und Harald. Die waren auch nicht sehr erfreut über Franks und Inas Show, denn wenn sie die beiden anblickten, sahen sie aus, als hätten sie Zahnschmerzen. Aber selbst in dieser Situation unterhielten sie sich noch über geschäftliche Dinge: Auftragsbearbeitung und -abwicklung, Koordinierung und Realisierung aller damit zusammenhängenden Abläufe, Erstellung entsprechender Belege, Bearbeitung von Kundenanfragen, Bestandskundenbetreuung und Akquirierung von Neukunden, Rabattlügen und echte Rabatte, Mischkalkulationen, Messebesuche …
Als Claudia gegen zwei Uhr nachts ins Hotel zurückkam, musste sie erst mal die alkoholgeschwängerte Ina ins Bett bringen. Die wollte sich aber nicht beruhigen lassen und sprang immer wieder hoch, um Claudia mit irgendwelchen Forderungen oder Albernheiten zu nerven.
„Dann eben nicht“, sagte Letztere schließlich und ließ die Frau allein.
Als sie kurz danach ihr eigenes Hotelzimmer betrat, bekam sie einen Mordsschrecken. René lag nicht in seinem Bett. Dafür war der Fußboden mit aufgerissenen Chipstüten, Schokoladenverpackungen und Snackhüllen übersät. Offensichtlich hatte er auf seiner rasenden Suche nach Nahrung die Minibar bis auf den Grund ausgeplündert und alles bis auf den letzten Krümel verschlungen.
Dann hörte sie ein Geräusch aus dem Badezimmer und sah zur halb geöffneten Tür.
René saß vornübergebeugt auf der Toilette und stöhnte vor sich hin. Offensichtlich hatte er wieder einen seiner Durchfälle. Aber diesmal schien es ihn besonders schlimm erwischt zu haben. Der Gestank, der ins Zimmer herüberwallte, war so überwältigend, dass sich Claudias Magen umdrehte und zu kontrahieren begann. Aber sie riss sich energisch zusammen und atmete durch den Mund ein und aus, bis er sich halbwegs beruhigt hatte.
Dann ging sie ins Bad, hockte sich vor René hin und sah in sein Gesicht, das gespenstisch verzerrt war. Ein Speichelfaden rann aus seinem Mundwinkel und tropfte auf die Fliesen. Er hob den Kopf und sah sie an. Seine olivfarbenen Augen brannten in dem schweißnassen, verhärmten Gesicht.
„Geh weg“, sagte er nur. Dann sackte sein Haupt wieder nach unten.
„Was ist los, René?“
„Lass mich in Ruhe. Ich brauch keine Krankenschwester.“
Sie richtete sich auf, sah ihn bestürzt an und sagte dann: „Ich ruf jetzt einen Arzt.“
„Bist du taub? Ich will keinen Arzt, und eine Krankenschwester will ich auch nicht. Ich will nicht in dieser Scheißwüste bleiben.“
„René, sei doch vernünftig. Du bist völlig alle, und du … du machst mir Angst.“
„Verschwinde! Hau ab! Lass mich in Ruhe!“, rief er und wollte noch etwas Unflätiges hinzufügen, aber der Rest des Satzes ging in Stöhnen unter. Dann fing er an zu pressen, und zwar auf eine Art und Weise, die Claudia erschaudern ließ. So etwas hatte sie noch nie gehört und erlebt.
Sie rannte in hilfloser Bestürzung aus dem Bad, öffnete die Tür zum Flur, um Army und Air Force zusammenzutrommeln, warf sie wieder zu, wühlte panisch in den Tiefen ihrer Handtasche nach dem Telefon, warf das Ding weg, lief drei Extrarunden durchs Zimmer und landete schließlich wieder bei René im Bad.
Er hing mit elend gekrümmtem Rücken auf der Kloschüssel und presste und entleerte und presste und entleerte sich ohne Ende … Sein Darm schien völlig durchzudrehen.
Einen Moment lang war Claudia vor Angst wie gelähmt, doch dann löste sich ihre Erstarrung wieder. Sie trat an René heran und beugte sich vor, um seinen Oberkörper mit ihren Armen und Oberschenkeln zu stützen.
Die nächsten Minuten waren ein einziger
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