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Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte

Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte

Titel: Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Steen
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umbringen, stimmt’s? Und dabei wollten sie dich mitnehmen. Daher hast du die Narben. Deshalb bist du vorhin abgehauen.“
    Jetzt fing es ernsthaft an, in Claudia zu brodeln. Sie wurde von einem wilden Zorn ergriffen und von einem anderen Gefühl, das sie nicht verstand.
    „Was redest du da? Ich hab meinen Eltern eine glückliche Kindheit zu verdanken, und ich werde es nicht dulden, wenn du sie in den Dreck ziehst. U nd im Übrigen werde ich ab sofort aufhören, nett zu dir sein, denn nett ist die kleine Schwester von scheiße, und von der hab ich die Nase voll. Du kannst dir eine andere Bekloppte suchen, die sich das bieten lässt. Und jetzt raus hier!“
    „Das meinst du nicht so“, sagte er mit einem ungläubigen Ausdruck im Gesicht.
    „Worauf du einen lassen kannst“, sagte sie. „Das ist mein Wagen, und ich bestimme, wer drin sitzen darf und wer nicht. Wird’s bald?“ Sie beugte sich vor, packte ihn bei den Schulterblättern und drückte ihn auf den Grünstreifen hinaus. Da er nur noch 65 Kilo wog, hatte sie leichtes Spiel mit ihm. Er landete neben einem Begrenzungspfahl, rappelte sich wieder hoch und schrie, wild vor Zorn: „Hod’s di? Muaßt du allwei so a Tamtam macha, du damische Henna?“
    „Ja, muss ich. Und du verschwindest jetzt mal für ’ne Weile aus meinem Leben.“
    „Hoit doch endlich amoi dei Babbm!“, schrie er, wobei seine Gesichtszüge endgültig entgleisten. Es folgte eine Reihe von bayerischen Flüchen, die Claudia nicht verstand.
    „Überreiz es nicht, Sommerfeldt!“, sagte sie schließlich, ihn unterbrechend. „Und jetzt hau ab, du! Ich will dich nicht mehr sehen.“
    „Du kannst mich doch nicht hier stehen lassen!“, schrie er, vorsichtshalber wieder auf Hochdeutsch. „Ich … Ich mach gerade eine schwierige Zeit durch.“
    „Aber nicht mehr lange“, sagte sie, und ihre Stimme klang so wütend und dreckig, dass sie es selbst kaum glauben konnte. „Du bist ja sowieso bald tot. Ich such schon mal die Nummer eines Bestatters raus. Du kannst ja so lange über dein Testament nachdenken.“
    Dann brachte sie die Sache zu Ende. Während René am Straßenrand zurückblieb und ihr fassungslos nachsah, brauste sie davon, als wäre der Teufel hinter ihr her.
    Sie wusste nicht, wie sie wieder nach Hause fand. Irgendwann stand sie plötzlich in der Wohnung und sah sich um. Kein René, nirgendwo. Gähnende Leere überall. Da musste sie losheulen. Was war bloß in sie gefahren? Noch nie hatte sie zu Gewaltausbrüchen geneigt, und jetzt das .
    Aber dann nahm sie sich wieder zusammen. Man konnte nicht sein ganzes Leben lang leiden, trauern, Angst haben oder mutlos sein. Hin und wieder gab es auch andere Dinge zu tun. Der Quartalsabschluss wartete auf sie, die Fußböden mussten gesaugt und gewischt werden … Ja, das war eine gute Idee. Sie würde sich jetzt nicht an den Schreibtisch setzen, sondern staubsaugen. Wenn ihr eine Sache zu viel wurde, fing sie immer damit an. Und je energischer sie dabei die Möbel hin und her rückte und je lauter es im Rohr rasselte, desto besser ging es ihr.
    Diese Therapie verfehlte auch heute nicht ihre Wirkung. Gegen Abend fühlte sie sich allmählich besser.
    Um halb zehn klingelte das Telefon. Es war René.
    „Ich bin wieder da“, sagte er. „Es tut mir leid, dass ich vorhin Henna zu dir gesagt hab. Obwohl du manchmal wirklich etwas von einer Kampfhenne an dir hast. Ich hätte es trotzdem nicht sagen dürfen. Verzeihst du mir?“
    „Schon vergessen. Hattest du eine angenehme Reise?“
    „Es ging so. Erst musste ich zehn Minuten lang durchs Niemandsland stapfen, dann bin ich in diesem Dorf gelandet, und von da aus hab ich den Überlandbus Richtung Stadt genommen. Ich steh übrigens unten vor der Haustür und hab einen riesigen Rosenstrauß dabei. Ich schätze, er wiegt zwei Kilo.“
    „Wozu bringst du mir Grünzeug mit? Damit ich ihm zwei Wochen lang beim Verfall zusehen darf?“
    „Nein, damit du es zwei Wochen lang hegen und pflegen kannst.“
    „Bis es verfällt.“
    „Ja, schon. Aber so lange kannst du dich an seinem Anblick erfreuen.“
    „Das sind ja ganz neue Töne, René Sommerfeldt. Aber gut … Welche Farbe haben die Dinger?“
    „Rot. Blutrot.“
    „Das ist Bestechung. Ich liebe rote Rosen, auch wenn sie mich an Beerdigungen erinnern.“
    Schweigen in der Leitung. Dann: „Ich weiß, dass es nicht mehr zum Aushalten mit mir ist, Claudi. Und du hast so viel Geduld und Verständnis für mich … Ich fühl mich so schäbig. Aber

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