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Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte

Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte

Titel: Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Steen
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zunehmend zu schaffen, und seine juckende Haut brachte ihn fast um. Er war schon völlig verkratzt, vom Kopf über die Hüften und Schenkel bis hinunter zu den Füßen.
    Außerdem nervte er Claudia weiter mit seinem Kinderwunsch. Er fing immer wieder davon an. Er sei jetzt 41, und sein Leben solle nicht nur aus Arbeit und Krankheit bestehen, sagte er. Er wolle endlich eine Familie gründen, bevor es zu spät sei.
    Aber das wollte sie nicht.
    „Ich will gar nicht wissen, wofür du mich bestrafen willst“, sagte er irgendwann. „Ich will nur wissen, wofür du dich bestrafen willst.“
    Claudia war jetzt oft wütend auf ihn. Gleichzeitig tat er ihr unendlich leid. Er wusste einfach nicht mehr, wie es mit ihm weitergehen sollte. Er wusste nicht mehr, wer er war und was er wollte. Alles war so anders in letzter Zeit, und es ging ihm wirklich nicht gut.
    Andererseits … Wenn er sich nicht in seinem Leid suhlte, war er war ständig auf 180. Zuerst tolerierte sie das noch und fragte ihn höchstens, was ihm wieder für eine Laus über die Leber gelaufen sei. Aber es fiel ihr zunehmend schwerer, sich zu beherrschen. Zumal auch seine Umsatzzahlen immer mehr einbrachen, denn er kümmerte sich kaum noch um die Belange der Firma.
    Einmal erwischte sie ihn dabei, wie er den unzufriedenen Einkäufer eines Großkunden am Telefon anfauchte: „ Das ist Ihre Meinung!? Das ist Ihre wahre Meinung über unsere Spritzenvorsatzfilter!? Wissen Sie was, guter Mann? Dann nehmen Sie doch die Kaffeefilter Ihrer Oma selig und benutzen die. Ich wünsche Ihnen viel Spaß dabei.“
    Da nahm sie ihm rasch den Apparat aus der Hand, unterbrach die Verbindung und sagte: „Jetzt reißen Sie sich aber mal zusammen, Herr Kollege!“
    Irgendwann ging es ihm körperlich und mental so schlecht, dass er krankgeschrieben werden musste. Aber auch danach blieb die Situation angespannt.
    Claudia hatte noch nie so viel und so gern gearbeitet. Sie dehnte ihre Geschäftsreisen bis in die hintersten Winkel ihres Vertriebsgebietes aus und besuchte jede noch so kleine Firmenklitsche, nur damit sie möglichst wenig mit René zusammen sein musste. Im Vergleich zu ihm waren selbst ihre schwierigsten Kunden zarte Lämmchen, die ihr aus der Hand fraßen. Aber es nützte nichts: Sobald sie wieder zu Hause war, gab es Stunk zwischen ihnen.
    Manchmal war sie kurz vorm Durchdrehen.
    Obwohl … So leicht drehte der Mensch nicht durch, und sie schon gar nicht. Dafür sorgte schon das Helfersyndrom, das tief in ihren Genen verankert war und sie oft zwang, gegen ihre Überzeugung zu handeln.
    „Und du willst dich für mich aufreißen lassen!?“, sagte René eines Morgens am Frühstückstisch und verzog den Mund zu einem hämischen Grinsen. „Du kannst ja nicht mal Blut sehen.“
    „Ja, und das ist mir auch peinlich“, sagte sie und blickte von ihrer Tageszeitung hoch. „In der Hinsicht bin ich überhaupt nicht tapfer. Aber ich arbeite daran. Und wo wir gerade dabei sind: Die veranstalten hier eine Blutspendeaktion, morgen Nachmittag, in der Herbert Fahrenholtz-Grundschule. Da geh ich vielleicht hin.“
    René fiel vor Überraschung fast die Frühstücksemmel aus dem Gesicht. Doch dann fasste er sich wieder und sagte: „Das will ich sehen.“
    Am nächsten Tag wollte er Claudia mit ihrem Wagen bis vor die Schultür fahren. Das Gebäude war zwar nur ein paar hundert Meter entfernt, aber ihr war bereits im Vorfeld flau zumute. Kaum waren sie unterwegs, forderte sie René auch schon auf: „Fahr rechts ran. Mir wird schlecht.“
    Leider konnte sie sich dann doch nicht erbrechen, so sehr sie es auch wollte. Trotzdem ging sie den Rest des Weges zu Fuß weiter, und er fuhr ihr im Schritttempo neben ihr her.
    Als sie die Einganghalle der Grundschule betraten, wurde Claudia beim Anblick der aufgereihten Feldbetten und der hin und her schwappenden Blutbeutel schwindelig. Aber sie stand die Anmeldeprozedur und den anschließenden Pieks in den Finger tapfer durch. Erst als sie sich später selbst hinlegen sollte, knickten ihr plötzlich die Beine weg, und sie rempelte mit den Knien unsanft gegen das Metallgestell der Liege. Eine Schwester fing sie auf, nötigte sie zum Hinsetzen und maß ihren Blutdruck. Der war vollkommen in Ordnung. Also versuchte sie es erneut und schaffte es tatsächlich, sich der Länge nach auf dem Ding auszustrecken.
    „Immer ruhig Blut“, sagte René, stellte sich ans Kopfende und legte ihr mit gehässiger Vorfreude die Hand auf den Scheitel.
    Leider wurde

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