Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)
meinem Umgang mit Euch zu wissen.«
»Was?« fragte ich aufs Geratewohl, »habt Ihr es ihm nicht gebeichtet?«
So gewagt die Finte war, sie traf. Meine Catherine kam aus der Deckung.
»Ach, Pierre!« rief sie, »haltet Ihr mich für so dumm? Für ihn seid Ihr ›ein wohlgeborener Edelmann‹, und fertig.«
Sieh einer an! dachte ich, die Lider senkend, finde den Rosentopf, und du hast den Dorn. Pater Guignard also! Der ehrwürdige Pater Guignard! Der Beichtiger mit den
wahr scheinenden Meinungen
, so geschmeidig, so angenehm! Aber was den Marquis de Siorac anging, plötzlich der hocherhabene Sittenrichter, der mich, wie mein Engel sagte, ganz unschuldig, lediglich als ein Beispiel, angeführt hatte. Ein Jesuit und unschuldig! Du lieber Gott!
»Mein Pierre«, sagte sie, »Ihr seid auf einmal so schweigsam.«
»Mein Engel, ich muß Euch eine wichtige Frage stellen. Hat Pater Guignard einmal mit einer Eurer Kammerfrauen gesprochen?«
»Oh, ja«, sagte sie und krauste die hübschen Brauen, »ich habe ihn des öfteren mit Corinne reden sehen, aber ganz beiläufig. Soll ich sie entlassen?«
»Keinesfalls«, sagte ich. »Schickt sie auf Euer Landgut. Und laßt unter Euren Leuten verbreiten, sie habe zuviel geschwatzt. Das wird die anderen lehren, sich gegenüber Euren Besuchern zurückzuhalten. Und noch eine Frage, mein Engel: Was meint Pater Guignard zu den Verhandlungen Eures Herrn Sohnes mit dem König, hinsichtlich der Übergabe von Reims?«
»Daß mein Sohn felsenfest bei seinen Forderungen bleiben soll und daß der König sie ihm zugestehen muß.«
»Liebste, wißt Ihr denn auch, was der Prinz von Joinville fordert?«
»Nein.«
»Dann will ich es Euch sagen: Er fordert, was sein Vater und sein Onkel besaßen, bevor sie zu Blois ermordet wurden, nämlich erstens das Amt eines Großmeisters des Königlichen Hauses. Zweitens das Gouvernement der Champagne. Drittens die Benefizien des Erzbistums Reims.«
»Kann ja sein, daß ich dumm bin«, sagte die Herzogin mit einem Anflug von Trotz, »aber mir scheint, daß das legitime Forderungen sind.«
»Mein Engel, sie sind völlig legitim und völlig unerfüllbar.«
»Warum?«
»Das will ich Euch sagen: Nachdem Heinrich von Guise und der Kardinal von Guise zu Blois ermordet waren, wurde Graf von Soissons Großmeister des Königlichen Hauses, das Gouvernement der Champagne wurde dem Herzog von Nevers verliehen und die Benefizien des Erzbistums Reims (die dem Kardinal gehört hatten) dem Herrn von Bec. Der Herr Graf von Soissons ist, wie Ihr wißt, ein Vetter des Königs. Der Herzog von Nevers die verläßlichste Stütze des Throns. Und Herr von Bec ein Verwandter der schönen Gabrielle. Wenn also Seine Majestät die Forderungen Eures Sohnes erfüllen wollte, schüfe er sich drei Todfeinde, deren nicht geringster seine Geliebte wäre. Und wenn Pater Guignard durch Euch Eurem Sohn empfiehlt, in seinen Forderungen fest zu bleiben, arbeitet er in Wahrheit daran, die Verhandlungen platzen zu lassen. Und weil er fürchtet, daß ich Euch im gegenteiligen Sinn beeinflussen könnte, schwärzt er mich gleichzeitig bei Euch an, um uns, Euch und mich, zu entzweien.«
Nicht nur, daß Catherine meinen Worten mit offenen Ohren lauschte: Sie schlürfte sie. Und ich war selbst überrascht, mit welcher Geschwindigkeit sie die Position ihres Jesuiten aufgab und die meine übernahm.
»Ha, das Ungeheuer!« rief sie, rot vor Erbitterung und Zorn, diesmal jedoch gegen Guignard. »Daß er mich mit seinen Lügen in dem Maße zur Verzweiflung getrieben hat! Den verbanne ich aus meinen Augen!«
»Ha, meine Liebste!« sagte ich, indem ich ihre Hände ergriff und mit Küssen bedeckte. »Hütet Euch! Die Beichte ist eine geladene Pistole, die der Penitent seinem Beichtiger gegen sich selbst in die Hände gibt. Guignard hat zu viele Pfänder von Euch in der Hand, als daß Ihr es mit ihm verderben dürftet. Empfangt ihn wie immer, aber vertraut ihm nichts Wichtiges mehr an, und mißtraut allem, was er Euch sagt. Zeigt ihm aber trotzdem gute Miene!«
»Gute Miene, ich!« rief sie. »Ihr wißt doch, daß ich nicht heucheln kann!«
»Madame, liebt Ihr Euren Sohn?«
»Was für eine Frage!«
»Und mich auch ein wenig?«
»Ein wenig«, sagte sie schalkhaft.
»Nun, meine Liebe, dann lernt täuschen, um die zu schützen, die Ihr liebt.«
»Ha!« sagte sie lachend, »Euch schützen! Meinen Sohn, ja, der immer noch so ein Kindskopf ist. Aber Euch, mein Pierre, der Ihr Euch so geschickt und klug
Weitere Kostenlose Bücher