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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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auf das Leben versteht!«
    Worauf ich keine Antwort gab, sondern meinen Kopf schweigend zwischen ihre Brüste bettete wie in ein Nest.
     
    Zwei, drei Tage nach meiner Aussöhnung mit Catherine – die mich wenig über die Frauen, aber viel über die Jesuiten gelehrt hatte – hörte ich, daß besagten Jesuiten dank der Fürsprache des Herrn von O, Gouverneurs von Paris, vom Hohen Gericht zugestanden worden war, daß sie ihren Streitfall gegen die Universität und die Pariser Pfarrer in geschlossener Verhandlung verfechten dürften, was mir natürlich einen Strich durch die Rechnung machte, denn ich hatte den Verhandlungen doch unbedingt beiwohnen wollen, um Seiner Majestät darüber Bericht zu erstatten. Ich konnte aber Herrn von O nicht offen sagen, daß ich vom König mit diesem Auftrag betraut worden war, weil ich wußte, daß er sehr anders zu den Jesuiten stand als ich.
    So besuchte ich denn Herrn von O, welcher mich im Bett liegend empfing, weil er an Harnverhaltung litt, was ihm große Qual bereitete und seiner Laune nicht eben aufhalf, die schon von Natur aus schwierig und hadersüchtig war. Und er zeigte sich tatsächlich unzugänglich, indem er mir klipp und klar sagte, geschlossene Verhandlung heiße eben geschlossene Verhandlung, das Hohe Gericht könne da keine Ausnahme machen, nicht einmal für einen Prinzen von Geblüt. Und als ich dies und jenes dagegen einwandte, wies er mir ein Schreiben vor, welches der König aus Laon an Kanzler von Cheverny gerichtet hatte und worin Seine Majestät die Hoffnung äußerte, daß die Plädoyers in dieser Affäre »ohne großes Aufsehen« verliefen, um nicht »die Geister aufzubringen und in der Öffentlichkeit Zwietracht zu schüren«. Aufgrund dieses Satzes hatte Cheverny, ein weiterer energischer Verteidiger der Jesuiten, deren Verlangen nach geschlossener Verhandlung unterstützt, was Herr von O beim Gerichtshof nur zu bereitwillig vertreten hatte.
    Es war zu spät, beim König gegen diesen Entscheid zu intervenieren, der Prozeß sollte am 12. Juli eröffnet werden, und wie ich sah, war jeder weitere Versuch meinerseits vergeblich, Herrn von O von seiner Weigerung mir gegenüber abzubringen. Lächelnden Gesichts, doch im stillen kochend, verabschiedeteich mich und überließ ihn seiner Grätzigkeit und seiner geschwollenen Blase.
    Als ich sehr ärgerlich nach Hause kam, traf ich im Eckturm auf Pierre de l’Etoile, der von Lisettens Kammer herunterstieg, mit bitterem Munde, wie stets, jedoch mit glänzenden Augen. Und nachdem ich ihn in mein Zimmer gebeten hatte, das sich, wie gesagt, im Oberstock befand, ließ ich meinem Groll auf Herrn von O freien Lauf.
    »Ha!« sagte Monsieur de l’Etoile, »den liebe ich auch nicht. Es heißt ja, wenn von O am Blasenverschluß stirbt, will der König sich selbst zum Gouverneur von Paris machen. Und das ist gut. Nichts ist der königlichen Macht so abträglich wie diese Leute, die die Hauptstadt regieren, ob nun ein Vogt der Kaufmannschaft wie Etienne Marcel, ob während der Belagerung ein Gouverneur wie Nemours oder einer ohne jeglichen Titel wie Heinrich von Guise nach den Barrikaden. Paris ist eine so wichtige, so schöne und so zentrale Stadt, daß jeder, der hier besondere Autorität genießt,
ipse facto
eine Art kleiner König wird, der dem König von Frankreich seine Hauptstadt und sogar sein Reich streitig machen kann. Außerdem ist es ein Amt, das seinen Besitzer enorm bereichert, vor allem, wenn ihm zugleich die Staatsfinanzen unterstehen wie von O, der sich erlaubte, den König in Laon um Lebensmittel und Munition zu beschneiden, während er hier Gelage mit gewissen Damen abhielt, von denen er«, fuhr L’Etoile kopfschüttelnd fort, »eine stattliche Anzahl konsumierte. Der ehrwürdige Doktor Fogacer sagte mir gestern, daß man ihn von seiner Harnverhaltung nicht mehr heilen kann. Wenn das stimmt und der arme von O an seinem Schwengel sterben muß, wird man leider sagen können, er sei an dem gestorben, womit er gesündigt hat.«
    »Sowenig ich ihn liebe«, sagte ich, »das wünsche ich ihm nun doch nicht. Es muß ein grausames Leiden sein. Trotzdem ärgert es mich gewaltig, daß ich an dem Prozeß nicht teilnehmen kann.«
    »Wieso denn nicht?« sagte lächelnd L’Etoile. »Wißt Ihr nicht, mein lieber Pierre, daß man sich in manchen Angelegenheiten besser an die Heiligen wendet als an Gott? Mag der Kriminalleutnant diese Bezeichnung auch weniger verdienen, wird er Euch doch helfen können.«
    »Was,

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