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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Abrakadabra« murmelte.
    »Und der dritte?« fragte ich, Tränen lachend.
    »Ha, der!« sagte sie, »der spielt den Wilden. Die Lefzen gerefft, das Fell gesträubt, knurrt er bald aus tiefster Kehle, bald bellt er wie eine Deutsche Dogge. ›Vergeßt nicht‹, fuhr er Rochetteund Péricard einmal an, ›vergeßt nicht, daß Ihr samt Eurem Herzog Rebellen und Ränkeschmiede seid! Schlechte Franzosen! Spanier! Nicht einmal reden sollte man mit Euch, wuff! wuff! Nichts müssen wir Euch zugestehen, keinen Sou! Kein Amt! Kein Gouvernement! Ihr dürft Euch glücklich schätzen, daß der König Euch überhaupt anhört, wuff, wuff, ja daß er Euch am Leben läßt!‹«
    Und so bekümmert sie über das langwierige Gehadere auch war, von dem das Schicksal ihres Hauses abhing, lachte sie, wieder in meinen Armen, genauso wie ich, soviel Spaß hatte sie selber an ihren Satiren.
    »Mein Engel«, sagte ich, »wenn man es ›näher besieht‹, wie der erste Eurer drei ›Schafsköpfe‹ sich ausdrücken würde, scheint die Schwierigkeit darin zu liegen, daß die königlichen Beauftragten entweder die Forderungen Eures Sohnes als zu hoch ansehen oder daß sie ihm nicht wohlgesonnen sind.«
    »Was ich weit eher glaube«, meinte sie.
    »Mein Engel, dann hört meinen Rat: Sobald der König wieder in Paris ist, werft Euch ihm zu Füßen, netzt seine Hände mit Tränen, spielt ihm die kleine Komödie von den drei ›Schafsköp fen ‹ vor, und bittet ihn, seinerseits andere Verhandlungsführer einzusetzen.«
    »Ha!« rief sie und klatschte in die Hände, »dich, zum Beispiel! Dich, mein Pierre!«
    »Oh, nein, nein!« sagte ich höchst verlegen. »Daran ist nicht zu denken. Mit solchen Dingen bin ich nicht vertraut. Ich meine vielmehr, daß Monsieur de Rosny der Richtige für Euch wäre. Er ist mit Euch verwandt und liebt Euch. Und der König weiß von vornherein, daß er Eurem Hause nichts abschlagen wird, als was«, setzte ich vorsichtig hinzu, »ganz ausgeschlossen und dem Staate schädlich ist.«
    »Ha, mein Pierre!« sagte sie, »Ihr gebt mir doch wieder Hoffnung und Leben, anders als dieser boshafte Pater Guignard, der mir bei jeder Gelegenheit wiederholt, wir hätten von Henri Quatre nichts zu erwarten, höchstens …«
    »Höchstens die Verbannung für ihn und seinesgleichen«, sagte ich zähneknirschend.
    »Oh, nein, nein! Das glaubt er nun nicht«, sagte Catherine.
    »Was sagt Ihr, Liebste? Er glaubt es nicht? Nach diesem Prozeß?«
    »Im Gegenteil!« sagte sie. »Er ist fest überzeugt, wie er mir erst heute morgen sagte, daß der gegenwärtige Prozeß mit dem von 1565 zusammengefaßt und ohne Entscheidung auf unbestimmte Zeit vertagt werden wird.«
    »Was?« sagte ich, »der Hohe Gerichtshof sollte ihn unentschieden vertagen?«
    »Das hält er für so gut wie sicher. Der König, sagt er, hat sich nicht eingeschaltet, um auf das Gericht Druck auszuüben, und aus eigenen Stücken wird dieses niemals wagen, die wahren Glaubensstreiter des Landes zu verweisen.«
    »Beim Ochsenhorn! Welch eine Arroganz! Und wie erklärt er, da er ja alles so genau weiß, daß der Rubin der Krone sich in Händen seiner Gesellschaft wiederfand?«
    »Den soll Monsieur de Nemours ihnen während der Belagerung zum Pfand für große Mengen Wein, Weizen und Hafer gegeben haben, die sie ans Volk verteilten.«
    »Meine Liebste«, sagte ich, »es ist wohl wahr, daß sie während der Belagerung einige ihrer Vorräte ans Volk verteilt haben, aber gezwungen von Monsieur de Nemours, denn als der ihr Collège vom Stadtvogt durchsuchen ließ, wurden Lebensmittel für ein ganzes Jahr entdeckt.«
    »Für ein ganzes Jahr! Ist das die Möglichkeit? Und ich mußte hungern und wäre sicherlich Hungers gestorben ohne deine Hilfe, mein Pierre!«
    Und von dieser Erinnerung bewegt, schmiegte sich meine kleine Herzogin an mich und küßte mir Brust und Hals wohl tausendmal. Doch die Stunde war vorgerückt, und Babette, ihre Zofe, meldete durch die verschlossene Tür, daß Madame de Nemours zum Besuch eingetroffen sei, so daß also die köstliche Schleckerei beendet werden mußte und ich durch die kleine grüne Tür verschwand. Tief beunruhigt indessen durch alles, was Catherine mir von der überheblichen Gewißheit des Paters Guignard hinsichtlich des Jesuitenprozesses gesagt hatte, machte ich einen Abstecher zur Rue Tirecharpe, um Pierre de Lugoli zu besuchen, den ich zum Glück auch antraf.
    »Ja, leider, Siorac, leider«, sagte er, »hat Guignard einigen Grund zu denken,

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