Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)
mir bereits angedeutet, daß der König in der Umgebung der Herzogin einen Lauscher unterhalte, so daß ich ihm über meine Beziehung zu ihr nichts mitteilen konnte, was er nicht schon wußte.
»Sehr oft, Sire.«
»Dann mußt du sie wohl sehr lieben«, sagte er lächelnd.
»Ja, Sire«, sagte ich. »Sehr. Doch nicht dergestalt, daß ich meine Pflichten gegen Eure Majestät jemals darüber versäumen würde.«
»Ich wüßte nicht«, sagte der König sprühenden Auges, »daß deine Treue gegen mich und deine Liebe zu meiner Cousine sich nicht vertragen könnten. Im Gegenteil. Was sagt sie denn zu den Verhandlungen zwischen ihrem Sohn und mir?«
»Die Verzögerungen bereiten ihr Ärger und Sorgen, und sie ist so zornig auf Eure Abgesandten, daß ich ihr riet, Euch zu bitten, Ihr möchtet sie durch Monsieur de Rosny ersetzen.«
»Ha, Graubart!« sagte lachend der König, »du hast es hinter den Ohren! Je länger ich dich beschäftige, desto mehr staune ich über deine Gewieftheit. Du bist sogar gerissen, wo du offen bist.«
Und als er meine Verlegenheit sah, setzte er halb ernst, halb spöttelnd hinzu: »Schade, Siorac, daß du ein so lauer Katholik bist, sonst würde ich dich zum Bischof machen.«
»Sire«, sagte ich, »nach Purpur trachte ich nicht. Außerdem bin ich verheiratet.«
»Stimmt«, sagte er. »Obwohl du es oft vergißt.«
Anscheinend fand er aber, daß er mich nun genug gefrotzelt habe.
»Übrigens, was meine teure Cousine angeht«, fuhr er in sachlichem Ton fort, »wüßte ich nicht, daß deine Liebe zu ihr unangebracht wäre noch ihre zu dir.«
»Ha, Sire!« sagte ich mit bebender Stimme, indem ich seine Hand ergriff und küßte, »dieses Wort Eurer Majestät freut mich mehr, als wenn Ihr mir zwanzigtausend Ecus geschenkt hättet!«
»Sankt Grises Bauch, Graubart!« sagte Henri lauthals lachend, »wenn jedes meiner Worte zwanzigtausend Ecus wert wäre, brauchte ich nicht mit zerrissenem Hemd Paume zu spielen.«
Was er am Vortag getan hatte, wie ich hernach hörte, und zwar zur Fassungslosigkeit des Hofes.
»Herr von O«, fuhr der König fort, der auf seinen Schatzmeister nie gut zu sprechen war, »hält nicht nur seinen Urin zurück, sondern auch meine Gelder. Außerdem läßt er meine hugenottische Schwester in Paris fast am Hungertuch nagen. Einige seiner Leute scheuen sich nicht, laut zu sagen, wenn siesich weiterhin weigert, sich katholisch zu vermählen, werde man sie eben auf diese Weise in die Knie zwingen.«
»Ha, Sire!« sagte ich, »was für unerhörte und unziemliche Reden! Aber hier«, setzte ich hinzu, indem ich in die Geheimtasche meines Wamses griff, »habe ich etwas, wovon Ihr Euch wenigstens ein oder zwei Hemden kaufen könnt.«
Womit ich den Rubin hervorzog, und während er ihn bestaunte, erzählte ich, wie und wo Pierre de Lugoli ihn wiedergefunden hatte. Und weil ich meinte, Seine Majestät habe sich bei unserer Begegnung so viel auf meine Kosten lustig gemacht, daß ich ihm nun meinerseits eine kleine Bosheit auftischen könnte, sagte ich unumwunden und mit der unschuldigsten Miene, warum wir den Rubin lieber Monsieur de Thou anvertraut hatten als Cheverny, hätten wir doch »den jesuitischen Soutanen den kostbaren Stein nicht entrissen, damit er dann einen schönen Busen ziere«.
Der König nahm es nicht krumm.
»Ha, Graubart«, sagte er lachend, »ich sehe, deine Erklärung ist zweischneidig! Aber keine Bange! Dieser Rubin soll Junge hecken, und zwar blanke Ecus, und die blanken Ecus sollen meinen Soldaten Sold bringen und Munition für Mund und Waffen und mir ein paar Hemden! Graubart«, fuhr er fort, indem er ein Gähnen unterdrückte, »war das alles?«
»Nein, Sire«, versetzte ich und konnte vor Erregung kaum weitersprechen. »Das Wichtigste bleibt noch zu sagen. Wer immer im Reich die Augen offenhält, ist der Ansicht, daß, wenn der Jesuitenprozeß unentschieden bleibt, Euer Leben, Sire, nicht sicher ist. Und es läuft, wie die Dinge jetzt gehen, auf Vertagung hinaus, wenn Eure Majestät nicht Eure Zurückhaltung aufgebt und die notwendigen Worte spricht.«
»Die ich nicht sprechen werde«, sagte der König, indem er mir fest in die Augen blickte, »denn das hieße mich mit dem Papst verzanken, damit verlöre ich jede Hoffnung, daß er meine Exkommunikation aufhebt und meine Bekehrung anerkennt: Diese Anerkennung, Siorac, ist das Hauptziel meiner Politik. Nur wenn ich die erreiche, kann ich die Franzosen dauerhaft miteinander aussöhnen.«
»Aber, Sire«,
Weitere Kostenlose Bücher