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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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mit Sicherheit nicht entdecken konnte.
    Die Schöne liebte die Männer, wie gesagt, und obwohl ihr Besuch bei mir nur ein Mittel war, dessen Ziel ich kannte, wurde ihr das Mittel, für eine ganze Zeit wenigstens, denn doch zum Zweck, so lustvoll und ungestüm gab sie sich ihm hin. Gleichwohl merkte ich, wann sie satt war und nur noch so tat, als sei sie es nicht, sowohl um ihr eigenes Vergnügen zu verlängern, als um meine Kräfte zu erschöpfen, damit ich entschlummerte. Mich reizte dieses Spiel, und ich setzte meine Ehre darein, nicht eher aufzugeben, bis ich mir einbilden konnte, in diesem hinterhältigen Kampf die Palme errungen zu haben. Als ich mich nun schlafend stellte, sah ich unterm Wimpernrand hervor, daß sie tatsächlich schlief, sehr reizend anzusehenmit ihren gelösten langen Haaren. Doch diese scheinbar schwache Frau hatte einen so starken Willen, daß es ihr gelang, aus ihrer glücklichen Erschlaffung just in dem Moment aufzutauchen, da ich der meinen erlag. Und so schlief ich wahrhaftig, als ein, wenn auch leichtes, Schüttern der Bettstatt, das ihr Aufstehen bewirkte, vielleicht aber mehr noch der jähe Entzug ihrer Körperwärme mich weckte, und durch meine halb geöffneten Lider sah ich, wie sie, das Nachtlicht in der Hand, vor meiner Lade kniete und ihren Inhalt sorglich durchforschte.
    Sie schien mir unendlich erleichtert, den gefürchteten Brief Rosnys an den König nicht zu finden, der Seiner Majestät die Diamantengeschichte vermelden könnte. Offenbar schloß sie hieraus, daß Rosny sein Wort gehalten hatte, mit dem er Fayet Schweigen versprach, und daß auch ich nicht log, als ich sagte, ich hätte keinen Brief von ihm mit. Ihr schönes Gesicht, kurz zuvor noch sorgenzerfurcht, glättete und erheiterte sich. Leise schloß sie die Lade, und bevor sie in ihr Zimmer entschwand, kam sie auf Sammetpfoten und drückte mir einen zarten Kuß auf die Wange, wobei ihr ein kleiner Seufzer entschlüpfte, der mich wohlig bewegte. Und um es in aller Ehrlichkeit zu sagen, auch wenn wir uns nie mehr so nahe kamen wie in jener Nacht, bewahrte Madame de Sourdis mir hinfort ihre Zuneigung so wie ich ihr die meine. Und nachdem ich lange mit mir gerungen, beschloß ich, daß es sehr häßlich von mir wäre, wenn ich eine so charmante Dame beim König anschwärzen würde, indem ich ihm die Diamantengeschichte erzählte. Zumal Seine Majestät damit nichts Neues über Cheverny erführe, dem er ohnehin reichlich mißtraute und den er zum Siegelbewahrer nur gemacht hatte, um sich mit dem Vatikan auszusöhnen.
    Als ich Monsieur de La Surie meinen Entschluß am nächsten Tag, als wir Seit an Seite ritten, mitteilte, nahm er ihn übel auf.
    »Das ist doch wieder mal einer Eurer Bocksprünge! Müßt Ihr denn in jeden Apfel beißen, den eine Eva Euch reicht? Laßt Euch doch von einem Unterrock nicht zum Narren machen!«
    »Den Eva nicht trug«, sagte ich lachend.
    Doch La Surie ließ sich nicht bewegen, die Sache spaßig zu nehmen, die Kälte in seinem blauen Auge zeigte es.
    »Vergeßt Ihr, daß sie Euch hintergangen und Euer Gepäck durchwühlt hat?« sagte er.
    »Und ich habe sie zweimal belogen, wir sind quitt. Unddafür, daß sie mir mein Nachtlager verzaubert hat, schulde ich ihr eine kleine Belohnung.«
    »Lust für Lust: Ihr schuldet ihr gar nichts.«
    »Doch: für den kleinen Kuß, bevor sie ging, als sie mich schlafend glaubte.«
    »Bah! Auch eine Katze schnurrt, wenn man sie streichelt.«
    »Aber eine Katze schnurrt nicht, wenn sie sich an das Streicheln erinnert. Ich meine, das kam der Dame von Herzen.«
    »Von einem Herzenszipfelchen«, konterte La Surie verdrossen.
    »Egal, es war rührend.«
    »Ja, beim Ochsenhorn! Vergeßt Ihr denn, daß die Sourdis zum Raubtier-Clan dieses Cheverny und der Gabrielle gehört, die dem König Gelder, Ehren und Stellen abpressen, wo es nur geht?«
    »Sicher nicht«, sagte ich seufzend, »aber der König gibt mir nun wahrlich ein schlechtes Beispiel: Er läßt sich erpressen.«
    Leser, ich dachte gar nicht, wie sehr das stimmte. Denn als Rosny und ich im Juli eine neue Ladung Gold brachten, ließ der König sich überreden, einen Teil davon, und nicht den geringsten, für Gabrielle abzuzweigen! Und wie und warum, das will ich gleich erzählen.
     
    Es war an einem Tag im Juli vor Amiens, als die Marquise de Montceaux mich durch einen Pagen in ihr Zelt bitten ließ. Verwundert über diese Bitte, welche die Galanterie mir zum Befehl machte, legte ich mein glänzendstes Wams

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