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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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keinem Kinn zuviel und milchweißer Haut trotz ihres sehr brünetten Typs. Außerdem wußte sie wunderbaren Gebrauch von ihren großen schwarzen Augen zu machen, doch nicht künstlich, würde ich sagen, vielmehr entsprang ihr Augenspiel wohl ihrer heißblütigen Natur und verriet diese in einem fort, ganz ungeachtet ihrer Worte. Immerzu umkosten einen ihre glühenden Augäpfel so schmeichelnd und verheißungsvoll, daß man sich nach zehn Minuten Plauderei wunderte, noch nicht in ihrem Bett zu sein. Und ich bemerkte an ihrem Busen – der meine Aufmerksamkeit auch ohnedies gebannt hätte – einen herrlichen Diamanten, der in eine Art goldenes Netz gefaßt war, und gab Miroul durch einen Blick zu verstehen, daß dies wohl der von Robin gespendete Stein war, den nach erfolgter Ablehnungzurückzugeben man sich offenbar gehütet hatte. Allerdings wird der Maître sich mit Kanzler Cheverny schon geeinigt haben, waren sie doch beide Männer vom selben Schlag.
    Die Kanzlerin, wie Madame de Sourdis in Paris bei boshaften Zungen hieß, verlangte, kaum daß sie Platz genommen hatte, daß man mehr Kerzen bringe, damit sie, wie sie sagte, »die schönen Edelherren am Tisch besser sähe«. Natürlich verstand ich, daß dieses »Sehen« nur ein Zwilling vom »Gesehen werden « war, und ich beeilte mich, meine Komplimente nach gewohnter Art mit der Suppenkelle auszuteilen.
    »Ha, Madame!« sagte ich, »was mich angeht, so wären mir alle Kerzen der Welt nicht genug, um meine Augen nach Herzenslust und, wenn ich so sagen darf, geradezu unersättlich an Eurer unvergleichlichen Schönheit zu weiden.«
    Und als La Surie noch ein, zwei Steine zum Bau der Lobpreisung beigesteuert hatte und Madame de Sourdis sich von dieser Seite her voll bedient fühlte, begann sie sich auf der anderen Seite selbst zu bedienen und eine Menge an Fleisch und Wein zu verschlingen, die einem Halbdutzend Männern genügt hätte.
    »Monsieur, mein Freund und Retter«, sagte sie, als sie ein wenig gesättigt war, »ich kann mir vorstellen, daß Ihr nicht ohne Zittern und Bangen eine so kostbare Last nach Amiens führt.«
    »Sicher, Madame«, sagte ich, die Lider halb gesenkt. »Aber anders geht es leider nicht, solange Arkebusen nicht ohne Kugeln schießen und Soldaten nicht marschieren ohne Brot.«
    »Noch ohne Sold«, ergänzte sie, indem sie mir einen lebhaften Blick sandte.
    »Nun, was den Sold betrifft!« sagte ich und sah sie mit der unschuldigsten Miene an, »damit habe ich nichts zu tun. Monsieur de Rosny sorgt selbst für den Transport des Goldes, das er mit allen Mitteln zusammenrafft.«
    Womit ich schamlos log, und meine schöne Leserin wird verstehen, warum.
    »Nein, Monsieur, entschuldigen Sie, ich verstehe es nicht.«
    »Aber, Madame! Dann lesen Sie nicht genau! Sicher weiß ich, daß diese Memoiren von Geschehnissen und Personen überquellen, und obendrein noch von endlosen Details, aber daß Sie dieses Detail vergessen haben, Sie, eine Frau! Bitte, lassen Sie mich trotzdem in meiner Erzählung fortfahren, ich glaube sicher, es fällt Ihnen wieder ein.«
    Ich weiß nicht, wie wir nach dem kleinen Verhör über das Gold wie ganz natürlich auf die Schönheit von Madame de Sourdis zurückkamen, doch wir kamen drauf zurück, glaube ich mich zu erinnern, weil in dem Moment die Kerzen gebracht wurden und die Schöne wissen wollte, ob wir sie jetzt besser sähen.
    »Besser, Madame! Wie könnte das sein?« rief ich. »So schön, wie Ihr seid, vermöchte selbst die Sonne Euch nicht mehr zu verschönen!«
    Doch ich kürze ab, das folgende kann man sich denken. Jedenfalls, als Madame de Sourdis abermals diese ganze Milch geschlappt hatte, streckte die Reizende ein Pfötchen vor.
    »Marquis«, sagte sie, »ist es Euch wirklich angenehm, so oft mit Monsieur de Rosny zu tun zu haben?«
    »Es geht.«
    »Er soll ziemlich schroff sein.«
    »Dem widerspreche ich nicht.«
    »Trotzdem geltet Ihr am Hof als sein enger Freund.«
    Ich lachte.
    »Warum lacht Ihr?« fragte sie, die Brauen gewölbt.
    »Weil niemand der Freund von Monsieur de Rosny ist, wenn nicht er selbst. Monsieur de Rosny erkennt keinen als seinesgleichen an.«
    »Haha!« lachte sie, »das ist gut gesagt!«
    »Aber ich schätze ihn sehr.«
    »Wer würde ihn nicht schätzen?« sagte sie, ihre Pfote einziehend. »Trotzdem, er ist so harsch!«
    »Das ist er, aber dafür ist sein Wort Gold. Wie versprochen, so gehalten.«
    Und worauf ich gerechnet hatte, gab dies unserer hübschen Füchsin sichtlich zu

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